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Tod in Garmisch

Titel: Tod in Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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Hias besaß entsprechende Munition,
aber dass er auf Maiche geschossen hatte, war undenkbar.
    Schwemmer kritzelte weiter, ohne es überhaupt zu
bemerken. Er griff nach dem Telefon und wählte Drägers Nummer an. Er war
keineswegs überrascht, dass der Kollege noch im Büro war. Dafür war Dräger
unter seinen Mitarbeitern berüchtigt.
    »Wie sicher seid ihr, dass das Schrot in dem Baum das
gleiche ist wie das, mit dem auf das Opfer geschossen wurde?«
    Dräger dachte einen Moment nach. »Fünfundachtzig
Prozent«, sagte er.
    »Die Kugeln könnten also aus unterschiedlichen
Patronen stammen?«
    »Durchaus. Es stehen aber noch metallurgische
Untersuchungen an. Danach sind wir dann bei fünfundneunzig Prozent etwa.«
    »Aber nicht hundert?«
    »Hundert geht nicht, weil einige Patronen unter
verschiedenen Markennamen vertrieben werden.«
    Schwemmer dankte und legte auf. Der angeschossene Vinz
lag also da, mit gebrochenem Bein, wehrlos. Nun kam ein kleiner Mann oder eine
große Frau mit Schuhgröße 42 und warf ihn den Hang hinunter, wo er recht knapp
oberhalb der Klamm liegen blieb. Zumindest das Letztere konnte Schwemmer wegen
der Blutspuren als gesichert annehmen.
    Aber war er da schon tot? Oder hatte man ihn noch
lebend den Hang hinuntergestürzt?
    Schwemmer versuchte in seinem Kopf das Bild der
Situation herzustellen, derweil fuhr der Kuli in seiner Hand immer wieder über
das kleine Blatt vor ihm auf dem Schreibtisch.
    Vinz Schedlbauer hatte also dort gelegen, wie lange,
war unklar, und dann hatte jemand mit Schuhgröße 45 – nach Lage der Dinge war
das der Rossmeisl Hias gewesen – dem mittlerweile wie auch immer verstorbenen
Vinz mindestens zwei Mal ins Gesicht geschossen und ihn dann in die Klamm
geworfen.
    Schwemmer sah sich seinen Notizzettel an. Es war
bedeckt mit Schraffuren und Ornamenten, die fünf Buchstaben umwucherten.
    » WARUM «
stand da.
    Er stand auf und reckte sich. Es knackte in seinem
Rücken, als er die Arme nach hinten schwang.
    Warum?, dachte er.
    Dann kam ihm eine Idee. Er setzte sich wieder an den
Schreibtisch und weckte seinen Computer aus dem Stand-by-Modus. Als das Gerät
wach war, ging er ins Netz, rief Google auf und gab »Wilkinson Politologe
Seattle« ein.
    * * *
    Als Schwemmer die Tür aufschloss, war das Haus dunkel.
Er hängte seinen Mantel auf und trottete in die Küche.
    Wenn gestern Champions League im Pay- TV war, dachte er, dann hätte er heute
das andere Spiel gucken können. Wenn es nicht schon abgepfiffen gewesen wäre.
Er verspürte Hunger, die beiden Cheeseburger hatten das wenige getan, was sie
konnten, und nun war Zeit für etwas Anständiges. Er befürchtete, Zander und
Graupen zum Aufwärmen vorzufinden. Stattdessen stand ein kleiner Suppentopf auf
dem Herd, an dessen schwarzem Kunststoffgriff ein gelber Klebezettel pappte. Er
zog ihn ab und las, was Burgl in ihrer kleinen, blauen Handschrift darauf geschrieben
hatte.
    »Das Beste für einen müden Menschen ist eine gute
Suppe«, stand da. Und: »I.l.d.«
    Er lupfte den Topfdeckel. In der von Fettaugen
bedeckten klaren Brühe schwammen frisches Gemüse und zwei Mettwürste.
    Er drehte die Platte an und öffnete den Kühlschrank
und entdeckte zwei Flaschen Tegernseer. I.l.d.a., dachte er, als er eine
Flasche herausnahm und öffnete.
    Er nahm einen Schluck aus der Flasche und stellte sie
auf den Küchentisch. Dann ging er zur Garderobe und zog den großen Umschlag aus
der Manteltasche. Auf dem Rückweg zum Küchentisch zog er einen Packen
bedruckter Blätter heraus. Er setzte sich neben die Bierflasche und legte den
Packen auf den Tisch.
    Professor Wilkinson hatte anfangs weder höflich noch
kooperativ auf den Anruf eines deutschen Kriminalpolizisten reagiert. Doch als
Schwemmer ihm von dem ungeklärten Tod Vinzenz Schedlbauers berichtete, hatte
sich das schlagartig geändert. Es hatte weniger als zehn Minuten gedauert, bis
Schwemmer eine Datei in seinem Maileingang fand, und dann fast eine halbe
Stunde, bis sein Dienstdrucker damit fertig gewesen war.
    Er las, während die Suppe warm wurde. Er las, während
er sie aß, was weder die Suppe noch Burgl verdient hatten; er las, während er
die zweite Flasche Bier trank und auch während der dritten, die er sich noch
aus dem Keller holte.
    Als die Küchentür aufging und eine vom Schlaf
zerknautschte Burgl hereingeschlichen kam, sah er auf die Uhr. Es war Viertel
vor zwei. Sie schob sich neben ihn auf die Bank und trank aus seiner
Bierflasche. Dann drückte sie ihm

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