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Tod in Garmisch

Titel: Tod in Garmisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schueller
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einen Kuss auf die Wange.
    »Was liest denn da?«
    »Nix für Ratschhaferl«, sagte er.
    »Ha!«, sagte sie und schnappte sich den Stapel
gelesener Blätter, bevor Schwemmer irgendwie reagieren konnte. Sie drehte den
Stapel um.
    »›Zwei Familien. Eine Fehde im geschichtlichen
Kontext. Von Vinzenz Schedlbauer‹«, las sie. »Oha. Wenn’s das ist, was ich
denk, hast allerdings recht …« Sie begann zu lesen.
    »Wolltest mich nicht fragen, wann ich ins Bett komm?«
Schwemmer versuchte, ihr die Blätter aus der Hand zu ziehen, was sie mit einer
raschen Bewegung verhinderte.
    »Geh du nur«, sagte sie. »Ich muss ja nicht früh
raus.«
    Ihr Lächeln und der Kuss, den sie ihm gab,
veranlassten Schwemmer, ihrem Vorschlag tatsächlich zu folgen. Ein bisschen
Müdigkeit spielte auch eine Rolle. Und zweieinhalb Flaschen Tegernseer.
    »Wenn ich was Wichtiges find, mach ich Klebezettel
rein«, rief Burgl ihm noch hinterher, aber da war er schon oben durch die
Schlafzimmertür.
    Du hast dir die Zähne nicht geputzt, war das Letzte,
das er dachte, nachdem sein Kopf das Kissen berührt hatte.
    * * *
    Magdalena saß auf dem Fußboden ihrer Diele, gegenüber
ihrem Schuhschrank, und fror. Als ihr Handy klingelte, reagierte sie nicht
darauf, ließ es durchklingeln, wie sie es noch nie gemacht hatte, jedenfalls
konnte sie sich nicht erinnern.
    Ihren Schuhschrank für diese Staatsanwältin zu öffnen
hatte am Ende des Tages gerade noch gefehlt. Sie hatte den Blick genau bemerkt,
mit dem sie all die flachen Slipper angesehen hatte. Was wusste die kleine
Schickse schon davon, einsachtundsiebzig groß zu sein? Wie Männer sich
erschraken, schon wenn man flache Schuhe trug. Die war bestimmt acht Zentimeter
kleiner, die konnte leicht mit ihren High Heels auftrumpfen. Aber solange kein
Bernie Ecclestone in Sicht war, würde Magdalena lieber flache Absätze tragen.
Dirk Nowitzki würde auch gehen. Oder dieser russische Boxer.
    Sie lachte ein wenig.
    Gut, dachte sie. Ich lebe also noch.
    Der Großvater wird wieder, hatte der Arzt gesagt. Aber
ein bisschen langsamer wird er machen müssen.
    Der Hias ist bald wieder da, hatte der Schwemmer
gesagt. Aber jetzt hatten sie die Flinten unter seinen Dielen gefunden.
    Er hat einen kennengelernt, der eine Idee hat, was er
machen könnte, hatte der Wastl gesagt.
    Danke, dass Sie nicht in den Schrank geschaut haben,
hatte Herr Kant gesagt.
    Eigentlich mag ich das nicht, wenn du so redest, hatte
Andi gesagt. Sie wunderte sich erst, dass ihr ausgerechnet das nun einfiel,
aber Andi hatte sie so anders angeschaut als sonst.
    Der Schwemmer Hausl wollte, dass sie mit ihm nach
München kam, um ihn sicher zu identifizieren. Er hatte ihr ja nur die Fotos von
der Narbe an der Lende gezeigt. Aber sie würde nicht mitgehen, nicht
freiwillig.
    Sie hätte gar nichts gesagt, wenn sie gewusst hätte,
warum sie den Hias wirklich mitgenommen hatten. Nicht weil er ‘s Mirl bedroht
hatte und den Jungen niedergeschlagen.
    Sie glaubten, dass er den Vinz erschossen hatte.
    Auch wenn’s keiner ausgesprochen hatte, der Schwemmer
nicht und die Staatsanwältin auch nicht. Was mit ihr selbst passiert wäre, wenn
sie die entsprechenden Schuhe im Schrank gehabt hätte, konnte sie nur ahnen.
    Die Narbe, dachte sie. Ich lebe noch. Der Vinz ist
tot.
    Sie hatte sich erst geniert, den Vinz danach zu
fragen, damals. Aber er hatte ihren Blick bemerkt und mit einem Lächeln
erzählt, wie er und Berni gestritten und auf dem Heuboden gerauft hatten,
damals, als die Schedlbauers den Hof noch hatten. Und wie dann irgendwie die
Mistgabel umgefallen war und die beiden raufenden Buben in die Zinken rollten.
    Ihre Frage, ob das Bernis Absicht war, hatte Vinz
einfach ignoriert. Ein paar Zentimeter weiter rechts, hatte er stattdessen
gesagt, und wir hätten heut viel weniger Spaß gehabt.
    Und damit hatte er recht gehabt.
    Wieder läutete das Handy, und diesmal meldete sie
sich.
    Es war Wastl. Er klang atemlos. »Hör zu«, sagte er.
»Es ist etwas passiert. Aber ich weiß nicht, was.«
    Magdalena schwieg in das Handy hinein. Langsam war sie
schlechte Nachrichten gewohnt.
    »Ich weiß nicht, was, aber irgendwas muss passiert sein«, fuhr Wastl fort. Er hätte gar nicht gemerkt, wenn sie das Gerät
einfach irgendwo hingelegt hätte, und sie war drauf und dran, es zu tun.
    »Erst war da dieser Typ. Scheiße, dabei hab ich so
aufgepasst! Den hab ich noch nie gesehen, keine Ahnung, wie der mich gefunden
hat und wieso und was der eigentlich wollte,

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