Tod in Wacken (German Edition)
Wahnsinn. »Denn ich komme jetzt direkt zu Ihnen. Langsam. Damit Sie Zeit haben, zu überlegen, ob Sie wirklich und wahrhaftig einen Menschen töten wollen. Mich.«
»Oh Gott, tun Sie’s!« Andreas Stobling verfiel in Wimmern. »Warum schießen Sie nicht?«
»Herr Beutler«, Lyn setzte einen Schritt zurück, »seien Sie vernünftig und bleiben Sie stehen!«
Jetzt lächelte er sogar. » Mors certa, hora incerta … Der Tod ist gewiss, die Stunde ist ungewiss.«
Er war nur noch drei Schritte entfernt. Seine Hand griff nach der Tür, und er warf sie ins Schloss. Der Raum verdunkelte sich.
»Sie haben es in der Hand, Frau Harms. Ich vertraue auf Gott.«
Noch zwei Schritte.
Schweiß lief von Lyns Stirn und brannte in ihren Augen, während Andreas Stobling vor ihr wie ein Tier brüllte.
Schießen! Sie musste jetzt abdrücken. Gleich würde er nach ihrer Waffe greifen!
In die Beine! In die Beine, hämmerte es in ihrem Kopf. Lyn war klar, dass sie viel zu lange gezögert hatte, als sie die Arme herunterriss, um ihm einen Oberschenkelschuss zu verpassen. Als sie abdrückte, hatte er ihre Hände bereits so weit weggeschlagen, dass die Kugel ihn verfehlte.
Lyn nahm den Schmerz des heftigen Schlages an ihrer linken Hand kaum wahr. Sie hatte die Waffe nicht losgelassen, sondern sich auf die Seite geworfen, sodass Beutler ins Leere griff, als er sie packen wollte.
Dieses Mal zögerte Lyn nicht, bevor ihr Finger den Abzug drückte. In die Schreie von Andreas Stobling fiel der nächste Schuss. Und, vermischt mit dem Klirren von Scheiben, der nächste. Und der nächste, begleitet von dem Bersten einer aus den Angeln getretenen Holztür.
Als Joost Beutler in die Knie sackte, war der erste SEK -Beamte schon im Raum. Mit einem Röcheln kippte Beutler auf die Beine von Andreas Stobling.
Lyn rappelte sich auf, während weitere SEK -Beamte die Hütte stürmten. Einen Moment lang versagte ihre Stimme. Dann krächzte sie: »Einen Notarzt! Schnell, einen Notarzt!« Sie ging neben Andreas Stobling in die Hocke, während die Kollegen vom SEK Joost Beutler von dessen Beinen zogen.
»Wurde bereits vorsorglich alarmiert«, sagte einer der Beamten. Er ging hinaus und kam zwei Minuten später mit Sanitätern zurück. Lyn rutschte ein Stück zur Seite, um bei der Erstversorgung nicht im Wege zu stehen.
»Conny? … Conny?« Andreas Stobling brachte keinen ganzen Satz mehr über seine bleichen Lippen, aber seine Augen ruhten weit aufgerissen auf Lyn. Er wollte eine Antwort.
Lyn wandte ihren Kopf. Rote Locken blitzten kurz durch die Silhouetten der Beamten des SEK , die die Fesseln der jungen Frau lösten. Einer der Männer suchte einen Puls am Handgelenk von Cornelia Stobling.
Lyn schluckte. »Wir … wir kümmern uns um Ihre Schwester.« Sie blieb einfach hocken, starrte auf das Tohuwabohu in dem Raum. SEK -Beamte, Sanitäter, der Notarzt, der stöhnende Andreas, die schlaffen Körper von Joost Beutler und Cornelia Stobling.
»Lyn!«
Lyn fing an zu weinen, als sie Hendriks Arme um sich spürte.
»Komm raus hier, Lyn, komm.« Er zog sie hoch.
Lyn folgte ihm, mit wackligen Knien, während ein weiterer Notarzt und Sanitäter in das Häuschen stürmten.
»Braucht sie einen Arzt?« Die Frage kam von Wilfried Knebel, der draußen telefonierte und ihnen besorgt entgegenblickte.
»Ich brauche keinen«, nahm Lyn Hendrik die Antwort ab, ihren Kopf wie angewachsen an seine Schulter gepresst. »Ich … ich bin okay.«
Hendrik drückte sie auf einen Hauklotz neben einem winzigen Schuppen und ging vor ihr in die Knie.
Sie starrte zur Eingangstür der kleinen Hütte und wieder in Hendriks blasses Gesicht. »Ich habe Joost Beutler erschossen. Ich habe einen Menschen erschossen.«
Hendriks Hand legte sich an ihre Wange. »Beutler ist nicht tot, Lyn. Er hat eben noch geatmet. Hoffen wir, dass die Ärzte ihn durchbringen. Und selbst wenn er es nicht … Das … das werden wir alles klären, Liebling. Es sind mehrere Schüsse gefallen. Auch das SEK hat geschossen. Und was immer du getan hast oder auch nicht: Andreas Stobling lebt, Lyn.«
»Ich … ich musste einfach rein, als er so schrie … Ich wollte ja auf das SEK warten, aber Schack war auch nicht zu sehen, und ich konnte doch nicht zulassen, dass Beutler ihn tötet. Das … das hättest du auch nicht, Hendrik, oder? Das hättest du doch nicht?« Ihre Augen hingen um Zustimmung heischend an seinem Gesicht.
»Nein, das hätte ich nicht«, sagte er mit fester Stimme. »Schack war
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