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Tod in Wacken (German Edition)

Tod in Wacken (German Edition)

Titel: Tod in Wacken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Denzau
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hockte vor einem kleinen Drahtgehege neben dem Schuppen.
    Lyn ging zu ihm. Eine Griechische Landschildkröte labte sich gerade an dem Wasser in der großen, flachen Schale vor ihr.
    »Hallo, Goliath«, sagte Lyn und ging ebenfalls in die Knie. Mit dem Finger fuhr sie über den rauen Panzer des Tieres. »Du bist ja wirklich ein drolliges Tierchen.«
    »Goliath? Heißt die so? Ich hab der erst mal frisches Wasser gegeben«, sagte der Beamte, »war alles verdreckt. Sah aus, als hätte die da drin gebadet.« Er sah Lyn an. »Baden Schildkröten?«
    Lyn runzelte die Stirn. »Keine Ahnung. Auf jeden Fall sollten wir googeln, was Schildkröten fressen. Die muss doch ausgehungert sein.«
    »Am besten, wir bringen sie ins Tierheim.«
    »Ins Tierheim?« Lyn zog die Augenbrauen zusammen. Judiths Abschiedsbrief kam ihr in den Sinn. Das Mädchen musste sehr an dem Tier gehangen haben. »Vielleicht finden wir noch eine bessere Lösung. Im Tierheim sind sie froh über jedes Tier, das nicht zu ihnen kommt.«
    »Ich kann ja mal den Staatsanwalt fragen, ob wir sie woanders unterbringen können«, schlug der Beamte vor.
    »Das mach ich schon«, beeilte Lyn sich zu sagen. Meier würde ihnen in Bezug auf eine Alternativ-Lösung etwas husten. Er würde auf jeden Fall das – juristisch korrekte – Tierheim favorisieren. Sie schenkte dem Kollegen ihr strahlendstes Lächeln. »Vielleicht können Sie mir einen Karton besorgen?«
    Sie ging in Judiths Zimmer zurück und beeilte sich mit der Durchsicht der restlichen Kleiderschrankecken und des letzten Umzugskartons. Das Tagebuch war nicht da.
    Zwanzig Minuten später ließ Lyn den schweren Ring des Löwentürklopfers noch einmal gegen Joost Beutlers Haustür pochen. Alles blieb ruhig. Enttäuscht blickte sie sich um. Sein Wagen – ein weißer Golf – stand im Carport. Es konnte also nicht schaden, einmal einen Blick hinter das Haus zu werfen. Vielleicht war er im Garten. Sie ging am Haus entlang und schaute durch die beiden Fenster an der Längsseite ins Innere. Nichts.
    Sie bog um die Ecke und blieb einen Moment stehen. Ein phantastischer Anblick bot sich ihr. Der Garten war nicht besonders groß, doch wunderschön angelegt. Bunte Sträucher und Büsche grenzten es von den Nachbargrundstücken hermetisch, aber natürlich ab. Ein bunter Bauerngarten, von Buchsbäumchen gesäumt, fehlte ebenso wenig wie ein von Sommerblumen umgebener Nutzgartenbereich. An einem Mini-Teich stand eine kleine Bank, ebenso unter einem Apfelbaum.
    Lyn löste sich von dem beschaulichen Bild und trat an die Terrassentür an der Hinterseite des Hauses. Sie schirmte mit den Händen an den Schläfen den Lichteinfall an der Scheibe ab und warf einen Blick hinein in ein helles Wohnzimmer. Ein weißer Flügel dominierte inmitten des wenigen Mobiliars.
    Lyn war in den Anblick der Ölbilder an den Wänden vertieft, als ein merkwürdiger Geruch an ihre Nase drang. Ein ekliger Geruch. Ein Gemisch aus Muff und Schweiß. Sie nahm die Hände herunter. Ihr Herz setzte einen Schlag aus, als ihr Blick auf das zweite Gesicht fiel, das sich in der Scheibe spiegelte. Jemand stand direkt hinter ihr, und das Gesicht dieses Jemands jagte ihr einen Schauer über den Rücken.
    Lyn wandte sich blitzschnell um. »Wer –?« Weiter kam sie nicht.
    »Wer bist du?«, spie das verzerrte Antlitz ihr ins Gesicht. »Was machst du hier? Wo ist Joost? Was hast du mit ihm gemacht? … Er ist weg … Ich muss ihn sprechen … Er muss mir helfen …« Er trat einen weiteren Schritt auf Lyn zu. Sein Gesicht war nur Zentimeter von ihrem entfernt. Ein Gesicht, das ihr vage bekannt vorkam, aber ihr Hirn verweigerte in der Stresssituation die Zuordnung.
    »Gehen Sie weg von mir!« Der Geruch aus seinem Mund ließ Lyn den Kopf zur Seite drehen. Sie presste ihren Körper an die Terrassentür und drückte gleichzeitig ihre Hände gegen seine Brust.
    Ein Fehler.
    »Fass mich nicht an!«, schrie er und machte einen Satz zurück, aber nur, um im gleichen Moment wieder vorzuspringen und seine Hände um Lyns Hals zu krallen. »Wo … ist … Joost?«, presste er zwischen seinen Lippen hervor, und mit jedem Wort schlossen sich seine Hände fester um Lyns Hals.
    »Hil…fe!« Es war nur ein Krächzen, das aus Lyns Kehle kam. Sie krallte ihre Finger um seine Handgelenke. In dem gleichen Moment, in dem sie ihr Knie hochriss, um es dem Angreifer in die Genitalien zu rammen, wurde der Mann von ihr weggerissen.
    Joost Beutler schleuderte ihn in das nächste Beet.

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