Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod in Wacken (German Edition)

Tod in Wacken (German Edition)

Titel: Tod in Wacken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Denzau
Vom Netzwerk:
diverse Arbeiten im Schiff ausführt. … Das gefällt mir nicht, Wilfried. Da kommen mir doch gleich Assoziationen zum Jacobsen-Fall.« Der Fall des verschwundenen Werftbesitzers Jacobsen hatte die Kripo Itzehoe vor Kurzem bis nach Brasilien geführt.
    »Darum kann Jochen sich kümmern«, nickte Wilfried. »Meifart wird ja einen Auftrag für diesen Job erhalten und vorher wahrscheinlich ein Angebot abgegeben haben. Das kann ein lange geplantes Projekt sein.«
    »Das stimmt«, gab Lyn ihm recht, »aber könnten er und seine Frau nicht gerade dieses Projekt für ihre Zwecke genutzt haben? Nach dem Motto: Dies ist der günstigste Zeitpunkt zum Zuschlagen! Weil Knuth Meifart dann unauffällig verschwinden kann?«
    »Hmm … Jochen kann sich morgen früh als Erstes darum kümmern.«
    »Gut.« Lyn nickte zufrieden. »Bis dahin haben wir auch die Angaben von seiner Frau. Ich maile ihr jetzt die Daten, die wir haben wollen.«
    * * *
    Ti amo , Timo! Sie hatte so eine warme Stimme. Er spürte ihren Kuss. Die weichen Lippen mit dem Labello-Geschmack, ihre Zunge in seinem Mund. Er sah die tiefblauen Augen unter dem gerade geschnittenen blonden Pony, ihr schüchternes Lächeln, die beiden Grübchen auf den schmalen Wangen. Ti amo , Timo!
    Dann war es weg, das Bild. Wurde abgelöst von dem anderen. Dem verhassten.
    Es war die Sekunde zwischen Schlaf und Aufwachen, die Sekunde, die dem Träumenden verrät, dass er träumt. Timo Grümperts Haar klebte schweißnass an Nacken und Stirn, als er versuchte, die Augen zu öffnen, um dem Bild zu entkommen. Aber es wollte noch nicht gelingen. Judiths Aufweinen holte ihn ein, ihre Verzweiflung.
    Endlich öffneten sich seine Augen. Ruckartig richtete er sich auf, griff nach dem Shirt, das neben seinem Bett lag und fuhr damit über sein Gesicht, presste es hinein. Der Wunsch, sie hätte geschwiegen, brach sich wieder einmal übermächtig Bahn.
    Er wimmerte in das Shirt. Die Erinnerung – zum Teil erfolgreich verdrängt in den vergangenen Monaten – hatte ihn erneut in ihren Klauen. Riss die dünne Haut des Vergessens auf und ließ die Schuld wie dickes Blut daraus hervorquellen.
    Es hatte nicht aufgehört. Nein. Es hatte Ausmaße angenommen, die über das Verstehen hinausgingen. Er konnte nicht mehr klar denken.
    Er musste raus hier.
    Leise tappte er die Treppe hinunter. Durch die offene Küchentür sah er seine Mutter. Sie saß mit dem Rücken zu ihm am Tisch und trank ihren Nachmittagskaffee. Und er hatte keinen Bock, sich weitere Ratschläge und Ermahnungen von ihr anzuhören. Der Wunsch, sie möge endlich, endlich den Mund halten und ihn in Ruhe lassen, war übermächtig in ihm. Niemand konnte ihm helfen. Sie nicht und schon gar nicht irgendein dämlicher Seelenklempner.
    Als er das Knarzen hörte, kniff er die Augen zusammen. Fuck! Die dritte Treppenstufe von unten hatte er auslassen wollen.
    »Timo? Schätzchen, wohin willst du?«, erklang auch schon die Stimme seiner Mutter. Mit der Kaffeetasse in der Hand erschien sie in der Küchentür. »Du bist so blass. Lass doch das Festival heute sausen. Du hast dann immer noch zwei Abende. Diese laute Musik ist nicht gut, wenn man Kopfschmerzen hat.«
    »Ich hab doch gar keine Kopfschmerzen«, blaffte er sie an und griff nach seinen Turnschuhen, die neben der Garderobe standen. »Und ganz bestimmt werde ich die ersten Konzerte nicht verpassen.« Im Gegenteil, die wummernden Bässe würden die Gedanken hoffentlich in eine Ecke drängen, aus der sie sich nicht hervortrauten. Wenigstens für ein paar Stunden.
    Er schlüpfte hastig in die Turnschuhe und sprang auf, ohne die Schnürsenkel zu binden.
    Bevor er an der Haustür war, hielt Birthe Grümpert ihn am Arm fest.
    »Warte. Ich hab noch eine schöne Nachricht für dich, Timo.«
    »Ja?« In seiner Stimme lag Misstrauen. Gab es noch schöne Nachrichten?
    »Benedikt kommt schon zwei Wochen früher aus Amerika zurück. Seine Mutter hat angerufen, als du geschlafen hast. Sie hat gefragt, ob du Sonntagmittag mit nach Hamburg fahren möchtest, um ihn am Flughafen abzuholen. Sie meinte, das wäre eine nette Überraschung für ihn.«
    Benedikt! Mit dunklen Augen starrte Timo an seiner Mutter vorbei. Dann drehte er sich abrupt um, riss die Haustür auf und tauchte ein in das krabbelnde schwarze Ameisenheer, das Wacken beherrschte.
    * * *
    »Oh Gott, wollen … wollen die alle noch hierher?« Lyn deutete mit dem Finger auf die ungeheure Menschenmasse, die sich in Riesenschlangen vor den

Weitere Kostenlose Bücher