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Tod in Wacken (German Edition)

Tod in Wacken (German Edition)

Titel: Tod in Wacken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Denzau
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Eingangsschleusen staute und langsam, aber unaufhaltsam auf das »Infield« strömte.
    Sie stand mit Hendrik in der Mitte des Platzes, allerdings in sicherer Entfernung zu den beiden Hauptbühnen, auf denen bis Samstagnacht im Wechsel die Post abgehen würde. Auf der »Black Stage« rockte gerade eine Gruppe, deren Namen Lyn bereits wieder vergessen hatte. Direkt vor der Bühne drängten sich die Fans dicht an dicht, im äußeren Bereich gab es allerdings noch Luft.
    »Wie bitte?« Hendriks Ohr wanderte Richtung Lyns Mund.
    Lyn passte ihre Stimme dem lauten Umfeld an. Ihre Hand hatte sie in Hendriks Shirt gekrallt. »Die können doch unmöglich all diese Menschen hier reinlassen. Die … die quetschen uns tot.« Sie konnte ihren Blick nicht von der schwarzen Masse lösen, die zu den Bühnen strebte.
    Hendrik legte ihr einen Arm um die Schulter. »Keine Panik. Das sieht schlimmer aus, als es ist. Hier auf dem Infield kommen die locker unter. Das verteilt sich, glaub mir. Und nach vorn an die Bühne müssen wir ja nicht gehen. Da ist es in der Tat etwas kuscheliger.«
    Lyn starrte von Hendrik zurück zu den Tausenden Metal-Fans, die unaufhaltsam näher rückten. »Kuschelig« war ein Attribut, das sie hier mit nichts und niemandem in Verbindung bringen konnte. Ganz im Gegenteil. Lyn fragte sich, wie sie den Abend bei der dröhnenden Musik, die aus den gigantischen Lautsprechern schallte, überstehen sollte.
    »Ich will auf jeden Fall einen Erschwerniszuschlag auf meiner nächsten Gehaltsabrechnung«, grölte sie Hendrik ins Ohr und zog ihn zu einem Stehtisch am Rand des Platzes.
    »Die Chance, ihn zu finden, ist echt gering«, sagte Hendrik nun mit Blick auf die Menschenmassen.
    »Wenn wir uns unter die Leute mischen, sollten wir uns trennen. Es bringt nichts, wenn wir zu zweit in dieselben Gesichter blicken.« Lyns Augen wanderten über die Männer und Frauen, Mädchen und Jungen, die an ihr vorbeigingen oder in kleinen Grüppchen zusammenstanden.
    Dies war eine völlig neue Welt. Eine laute Welt, in der – und das ließ Lyns feststehende Meinung Minute um Minute bröckeln – das Verhalten keineswegs so schwarz war wie die Kleidung und Haarfarbe der Bewohner. Im Gegenteil. Eine fröhliche Ausgelassenheit lag wie ein bunter Schleier über den Feiernden, webte sich durch sie hindurch mit Lachen, Albernheiten und einem unglaublichen Sinn für Gemeinschaft und Rücksichtnahme.
    Gerade eben wurde in null Komma nichts eine Schneise für eine Gruppe Rollstuhlfahrer Richtung Bühne geschaffen. Das »Holy Wacken Land« verdiente seinen Namen vielleicht zu Recht.
    »Eben hattest du noch Angst zerquetscht zu werden«, lachte Hendrik, »und jetzt willst du dich allein in die Menge wagen?«
    »Wenn’s mir zu eng wird, verkrümle ich mich. Ich …«
    Das Wort blieb ihr im Hals stecken, weil sie von hinten um die Taille gepackt und in die Luft gehoben wurde. Lyn kreischte vor Schreck los und wurde umgehend wieder abgesetzt.
    Hendrik klatschte die sich ihm entgegenstreckende Hand ab, während Lyn sich abrupt umdrehte.
    »Thilo!«
    »Kollegin Lynni, du bis die Bessde.« Thilo Steenbuck packte sie noch einmal um die Taille und hob sie hoch. »Siehssu die geile Band da vonne?«, lallte er. »Dassis › U.D.O. ‹ Die sinn geil.«
    Lyn hämmerte ihre Faust gegen seine nackte Schulter. »Und du bist hackevoll, Kollege. Lass mich runter.«
    »Ssollich?« Er sah Hendrik an, und setzte Lyn erst ab, als der gnädig nickte.
    Lyn starrte ihren volltrunkenen Kollegen an. Thilo trug nur eine zerschlissene Jeans und dreckige Stiefel. Sein Oberkörper war nackt.
    »Ich wusste ja gar nicht, dass du tätowiert bist«, stieß sie aus. »Ist das ein Hummer?« Sie packte ihn am Arm und drehte ihn ein kleines Stück, um das Tattoo, das sich vom linken Schulterblatt bis zum Oberarm zog, besser sehen zu können.
    »Humma?« Thilo zog seine Stirn kraus. »Dassis ’n Skorpion, Mann. Habbich mir ma stechen lassen, weil Tessa doch Skorpion is …« Er grinste. »War froh, dassie keine Waage war, hättich scheiße gefunnen, so ’ne Waage auffer Schulter.«
    »Und, tolle Stimmung hier, was?«, versuchte Hendrik Konversation mit seinem lattenstrammen Kollegen zu betreiben.
    »Geil!« Thilo nickte begeistert Richtung Bühne. »Hassu vorhin Sepultru … Sepultura geseh’n? Un wie die annern Typen dabei die Fässer bearbeidet hamm? Die Brassiljaner sinn so geil!« Grienend legte er Lyn einen Arm um die Schulter und strahlte sie an. »Kommp ihr ohne mich hier

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