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Tod Live

Tod Live

Titel: Tod Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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bereit. Sie schwieg. Die Holzschuhe schmerzten an ihren Füßen.
    »Dieses Problem, das Sie da haben«, sagte er fröhlich, »wie lange meinen Sie damit noch auf den Beinen zu bleiben?«
    »Keine Ahnung.« Ihr allein stand es zu, so direkt zu sein, und dann auch nur in Gedanken. »Lange genug. Länger als Sie mich begleiten werden.«
    Er widersprach nicht, obwohl sie Widerspruch hören wollte. »Wenn Sie nicht im Krankenhaus enden wollen, müssen Sie sich vorsehen. Vielleicht wäre eine Randgruppenkommune das Richtige. Diese Leute verraten niemanden.«
    Sie schüttelte den Kopf. Sie hatte sich das schon überlegt, aber mit negativem Ergebnis. Ihr fiel auf, daß er redete, als sei auch er kein echter Angehöriger der Randgruppen. »Wer sind Sie, Rod?«
    »Sie meinen, was ich bin? Ich bin ein Niemand.« Er lachte. »Ich stehe am Rande der Randgruppen.«
    Sie fragte sich, ob sie wirklich das gemeint hatte. Jedenfalls war ihm die Antwort leichter gefallen, nachdem er die Frage so herumgedreht hatte. Wahrscheinlich wollte er offen mit ihr sein. »Ich glaube nicht, daß eine Kommune das Richtige wäre«, sagte sie. »Ich suche nämlich Frieden.«
    »Wie bitte?«
    Er blieb stehen, drehte sich um und starrte sie an. Sie erwiderte seinen Blick mit geneigtem Kopf und leicht gerunzelter Stirn. »Ich suche Frieden.« Er betrachtete ihre Hände, die an dem geflochtenen Haargürtel herumfummelten. Sie war sicher, daß er sie schon beim erstenmal verstanden hatte. »Wahrscheinlich halten Sie das für naiv.«
    »Eigentlich nicht. Aber Kommunen sind friedlich. Darum geht es ja dabei.«
    »Ich habe gestern eine besucht und mir dort meine Sachen besorgt. Die Leute waren ganz und gar nicht friedlich.«
    »Sie waren ja auch ein Außenseiter.«
    Ich bin noch immer Außenseiter, jedermanns Außenseiter… Aber sie sprach es nicht aus. Wenn sie eines haßte, dann Menschen, die immer nur über ihre Gesundheit redeten und nichts anderes im Kopf hatten. Statt dessen zuckte sie die Achseln, sagte: »Trotzdem…« und ging weiter.
    Sie wanderten durch den Vormittag – manchmal stumm und manchmal redend, doch nicht über große Themen. Trotz des grauen Himmels, trotz der schrecklichen, endlosen Straße fand Katherine den Spaziergang angenehm. Sie war frei. Ihr seltsamer Gefährte forderte nichts von ihr. Seine Gegenwart hatte etwas Beiläufiges; sogar seine Hilfe, indem er ihren Schlafsack trug, stellte keine Ansprüche. Sie konnte das hinnehmen oder ablehnen, ohne ihm etwas zu geben. Nie zuvor war sie derart geschützt gewesen, in der Gegenwart geborgen. Sie war frei.
    Sie suchten ein Café auf und aßen sehr billig. Sie stellte fest, daß sie auch von etwas anderem befreit war – von der Sorge um die Dinge, die sie aß, um die ungesunden Zusätze, um den niedrigen Vitamingehalt.
    Sie gingen weiter. Katherine hatte sich bisher nicht klargemacht, wie groß die Stadt eigentlich war. Unzählige Läden, Wohnbezirke, Garagen, Gewerbegrundstücke, Garagen, Schulen und Freizeitheime, Garagen und wieder Läden. Die Läden waren die einzigen Überbleibsel der früheren Dorfkerne. Nach fünf Stunden Wanderung war das offene Land noch so fern wie am Anfang. Etwa fünfzehn Meilen – in Harrys Wagen waren das zehn Minuten vorbeihuschender Laternenmaste. Boden, den man niemals betrat, war unwirklich, erträglich.
    Sie legten immer öfter Pausen ein. Katherines Erschöpfung ging bis an die Knochen. Egal. Sie pinkelte an den Straßenrand, wo sie saß. Das auspuffgasgeschädigte Gras kitzelte sie. Aber wenigstens konnte sie noch bestimmen, wann sie pinkelte, und machte sich noch nicht in die Hosen. Rod hatte ihr den Rücken zugewandt und beobachtete taktvoll die vorbeihuschenden Wagen.
    Eines der Fahrzeuge kam plötzlich knirschend zum Stehen, fuhr auf dem Seitenstreifen zurück, öffnete ein Fenster und offenbarte einen Menschen.
    »Wollen Sie ein Stück mit?«
    Sie stand auf und zog unter ihrem Umhang das Höschen hoch. Rod ging zur Straße. »Wohin?« fragte er. Sie verstand die Antwort nicht. Rod kam zu ihr. »Zehn Meilen weiter, dann biegt er nach Fairhills ab. Was meinen Sie?«
    Sie nickte. Zehn Meilen waren zehn Meilen. Und es begann wieder zu regnen. »Er lächelt mir zuviel«, sagte Rod, »aber ich werde wohl mit ihm fertig.«
    Sie stiegen hinten ein. Der Mann war klein und gepflegt und hatte zerdrücktes, graues Haar. Eleganter Typ.
    »Vielen Dank«, sagte Katherine.
    »Ist mir ein Vergnügen. Kein Tag, um draußen herumzulaufen.«
    Sie fuhren

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