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Tod mit Meerblick: Schleswig-Holstein-Krimi

Tod mit Meerblick: Schleswig-Holstein-Krimi

Titel: Tod mit Meerblick: Schleswig-Holstein-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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tot aufgefunden hatte. Machte sie das zu einer Verdächtigen? In welchem Zusammenhang stand die Explosion des Gastanks auf Nordstrand? Wiebke erinnerte sich daran, dass Bente Harmsen keinen Hehl daraus gemacht hatte, permanent klamm zu sein. Hatte sie die ruhigen Stunden der Nacht genutzt, um das Bistro zu entsorgen, die Last, die sie sich eigentlich nie hätte zumuten dürfen?
    Versicherungsbetrug?
    Wiebke beschloss, diese Spur zu verfolgen. Ubbo Harmsen traute sie eine derartige Tat einerseits nicht zu, er war permanent betrunken und wohl nicht in der Lage, einen Gastank so in die Luft zu jagen, dass er selber keinen Schaden erlitt. Das setzte einen gewissen Sachverstand voraus. Andererseits, so setzte Wiebke ihre Überlegungen fort, waren die meisten Alkoholiker »funktionierende« Alkoholiker, das schien auch auf Ubbo Harmsen zuzutreffen. Obwohl er nicht arbeiten wollte und es in den meisten Fällen auch nicht tat, bedeutete das nicht, dass er es nicht könnte. Bente Harmsens Aussage, ihr Mann sei »ständig betrunken«, bedeutete für einen Alkoholiker nicht viel – jeder hatte seinen Pegel, bei dem er sich normal fühlte und für seine Mitmenschen auch relativ normal agierte.
    Bente Harmsen war ein Arbeitstier, das sich selber zu viel zumutete. Sie war enttäuscht von ihrem Mann. Aber war sie auch in der Lage, einen Schlussstrich zu ziehen?
    Um ein Haar hätte Wiebke den Abzweig nach Nordstrand verpasst. Sie setzte den Blinker, schaltete einen Gang herunter und lenkte nach rechts. Die Reifen schlidderten über den nassen Asphalt, und sekundenlang hatte sie panische Angst, dass der Wagen einfach geradeaus fahren und im Straßengraben landen würde. Im letzten Augenblick hatte Wiebke ihren Passat wieder in der Gewalt. Sie zwang sich zu einer vorsichtigeren Fahrweise.
    Die Fahrt über den vier Kilometer langen Autodamm, der Nordstrand mit dem Festland verband, erschien ihr wie eine Fahrt an das Ende der Welt. Schon als sie nach Sankt-Sophien-Koog abbog, sah sie den gleißenden Lichtschein am Horizont. Die Blaulichter der Einsatzfahrzeuge zuckten gespenstisch durch die Nacht und verliehen der Szenerie etwas Surreales. Der Bereich um das Bistro war weiträumig abgesperrt. Die Kollegen hatten zwei Streifenwagen auf der Fahrbahn quer aufgebaut. Im Hintergrund sah Wiebke die Feuerwehrmänner arbeiten. Man hatte leistungsstarke Halogenscheinwerfer aufgestellt, die die Dunkelheit verdrängten.
    Sie parkte den Wagen am Straßenrand und stieg aus. Der Regen peitschte ihr ins Gesicht, und die Tropfen suchten sich einen Weg über ihre Stirn, hinab zur Nase und zum Kinn. Eilig zog sie den Reißverschluss ihres knallgelben Friesennerzes zu und schlug die Kapuze hoch. Der Regen hatte den Boden aufgeweicht, und sie sackte mit den Stiefeln bis zu den Knöcheln ein. Sie fragte sich, ob Tiedje sie in diesem Aufzug auch noch so sexy gefunden hätte, und musste unwillkürlich lächeln.
    Die Streifenpolizisten, die allzu neugierige Zeitgenossen fernhalten sollten, kannte sie vom Sehen, es waren Kollegen der Polizeiinspektion Husum. Somit brauchte sie bei diesem Mistwetter nicht nach dem Dienstausweis zu suchen, sie durfte anstandslos passieren und stapfte auf den Parkplatz zu. Ein Wohnmobil mit gelbem Nummernschild stand am Rand des unbefestigten Geländes. Im Innern brannte Licht. Bei näherem Hinsehen erkannte Wiebke, dass zwei der Kunststofffenster auf der rechten Seite des Fahrzeuges gesplittert waren. Die Explosion hatte eine mächtige Druckwelle ausgelöst. Der Wind verfing sich in den Gardinen des Campers und blähte sie auf.
    Eine Gestalt in Regenklamotten trat mit schmatzenden Schritten auf sie zu. »Was willst du eigentlich hier – hast du kein warmes Bett?« Strähnig hingen Petersen die Haare ins nasse Gesicht. Seine Nase glühte, als hätte er zu viel Glühwein getrunken. Dennoch grinste er sie in seiner unverwechselbaren Art schief an. Wenigstens rauchte er nicht, aber das dürfte bei diesem Wetter auch unmöglich sein.
    »Hast du mich angerufen oder ich dich?« Wiebke war nicht zum Scherzen zumute. Für einen Moment erinnerte sie sich an das Intermezzo mit ihrem Exfreund. »Schon gut, ich lass dich hier draußen nicht hängen«, lächelte sie. »Nicht um diese Uhrzeit und schon gar nicht bei dem Schietwetter.«
    »Aber was willst du tun? Zeugen befragen können wir nicht – außer dem alten holländischen Ehepaar gibt es keine. Und den Rest regelt die Feuerwehr. Ich warte noch auf die Flensburger Techniker, dann

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