Tod mit Meerblick: Schleswig-Holstein-Krimi
Bettdecke zwischen die Knie geklemmt. Sie hasste, wenn er das tat, denn dann beanspruchte er die Decke, die sie teilten, für sich alleine. Eigentlich, so sagte sie sich, war es unmöglich, dass sie sich ein Bett teilten wie ein frisch verliebtes Paar.
Bente Harmsen fröstelte, und Ubbo neben ihr schnarchte, als wolle er einen ganzen Birkenwald am Rand der Lüneburger Heide absägen. Im Zwielicht sah sie sein unrasiertes Gesicht, gerötet und aufgequollen. Er furzte im Schlaf und schmatzte wie ein Baby. Sie betrachtete ihn. Nein, Liebe empfand sie schon lange nicht mehr für ihren Mann. Im Gegenteil, manchmal hasste sie sich dafür, nicht konsequent gewesen und längst von ihm geschieden zu sein. Sie fragte sich, was sie noch bei ihm hielt.
Die Liebe von Klaus Georgs hatte sie zum Schluss erdrückt, und sie hatte gefürchtet, dass es ihr an seiner Seite ähnlich ergangen wäre wie bei Ubbo. Nie wieder würde sie sich einem Mann derart unterwerfen. Hinzu kam, dass sie nicht den Mut aufgebracht hatte, all das, was sie mit Ubbo aufgebaut hatte, zurückzulassen. Klaus hatte ihr keine Alternative geboten, hatte niemals mit ihr über seine Träume gesprochen. Sie hätte nie gewusst, woran sie bei ihm gewesen wäre. Es war, als hätte er keine Ziele verfolgt. Es gab keine Perspektive für eine gemeinsame Zukunft, deshalb hatte sie einen Schlussstrich gezogen. Als er ihr nachgestellt hatte, war er ihr unheimlich geworden. Klaus Georgs war ein unberechenbarer Mann geworden, der sie in Gefahr gebracht hatte.
Bente Harmsen war schlau genug, um zu wissen, dass sie unter Mordverdacht stand. Sie hatte den Toten erkannt, sie hatte ihn gefunden. Niemals würde sie seinen Anblick vergessen.
Er hatte verloren.
Klaus war tot, und sie hatte alle Chancen der Welt für einen Neuanfang mit Ubbo. Doch als sie auf ihren schlafenden Mann blickte, bezweifelte sie, dass sie mit ihm überhaupt noch einmal neu beginnen wollte. Denn das setzte voraus, dass er sich änderte. Und wenn Ubbo eines zuwider war, dann war es der Wandel seines Lebens. Für ihn lief alles in geordneten Bahnen. Er trank viel, besonders viel, wenn er Probleme hatte. Und Probleme gab es genügend, jedoch wusste er, dass er sich auf seine Frau verlassen konnte.
Du ziehst mich an den Haaren aus der Scheiße, sagte er immer.
Immer? Plötzlich wusste Bente Harmsen nicht mehr, ob sie ihren Mann immer aus der Not retten wollte. Retten, damit er das schwer verdiente Geld in Alkohol umsetzen konnte. Für seine Gleichgültigkeit und das blinde Vertrauen, das er in seine Frau setzte, hasste sie ihn. Nein, es würde nie mehr so sein wie früher.
Plötzlich stellte sie sich vor, wie es wäre, wenn er tot wäre.
Bente fröstelte und zog an der Bettdecke, die er mit einem widerwilligen Brummen freigab. Ubbo furzte und drehte ihr den Rücken zu. Sie kroch unter den kleinen Teil der Decke, den sie sich erstritten hatte, und fragte sich, ob ihr Leben ohne ihn leichter sein würde. Eine Scheidung kam nicht in Frage. Zwar hatten sie keine Kinder, aber sie hatten sich eine Menge aufgebaut, das es gerecht aufzuteilen gab.
Was bedeutete schon Gerechtigkeit?
Sie arbeitete meist alleine, kümmerte sich um den Hof, um die Vermietung und Instandhaltung der Ferienwohnungen und hielt das Möwennest am Laufen. Mehr schlecht als recht, aber der Tag hatte auch für Bente nur vierundzwanzig Stunden, und an den Wochenenden verkroch sie sich ins Büro, um die Buchhaltung einigermaßen in den Griff zu bekommen. Und Ubbo hatte nichts Besseres zu tun, als sich zu betrinken. Nein, er betrank sich nicht, er soff .
Sie machte keinen Hehl daraus, dass auch sie noch menschliche Bedürfnisse hatte. Wie oft hatte sie sich in den letzten Wochen und Monaten nach Nähe und Zuneigung, nach einem netten Wort oder gar einem Kompliment gesehnt. Doch das war Ubbo schon seit Ewigkeiten nicht mehr über die Lippen gekommen. Bente konnte sich gar nicht daran erinnern, wann sie zuletzt miteinander geschlafen hatten. Sie war für ihn da, und das beruhigte ihn. Früher hatte er sie angehimmelt. Doch den verliebten Glanz in seinen Augen, den gab es schon lange nicht mehr.
Nein, eine Scheidung kam nicht in Betracht.
Sie würde Nägel mit Köpfen machen und für sich die Weichen neu stellen. So, wie sie es bei Klaus Georgs getan hatte. Es war höchste Zeit, nach vorn zu blicken und sich dem Leben zu stellen. Noch war sie nicht zu alt, um neu anzufangen.
In ihr reifte ein Plan.
Als das Telefon anschlug, zuckte sie
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