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Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition)

Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition)

Titel: Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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wirklich wieder im Gefängnis landen wollte. So blöd konnte er nicht sein. Also würde er begreifen, dass es besser war, auf Tauchstation zu gehen. Emilio beschloss, sich über Marco keine weiteren Sorgen zu machen. Er hatte nicht wirklich vor, bei irgendeinem Anwalt etwas zu hinterlegen. Er massierte sein schmerzendes Handgelenk. Ein weiteres Mal würde ihm ein Schlag wie gestern nicht gelingen. Außerdem hatte er sich dabei offenbar das Knie verdreht. Er war körperlich ein ziemliches Wrack. Die Kunst bestand darin, diese bedauernswerte Tatsache zu ignorieren.
    ***
    Später stand Emilio vor dem großen Esstisch, auf dem er alles ausgebreitet hatte, was er in den Müllsäcken aus Marcos Zimmer mitgenommen hatte. Die Unterlagen zu Steixners Erpressung hatte er schnell aussortiert und zur Seite gelegt, die kannte er schon. Es gab einige Tonbandkassetten, die er sich mangels Abspielgerät nicht anhören konnte. Ähnliches galt für technisch längst überholte Speicherdisketten. Es gab Schriftstücke und Dokumente, deren Bedeutung sich ihm nicht unmittelbar erschloss. In einem Fall schien es um einen Geldtransfer in die Schweiz zu gehen. Welswacker? Den Namen hatte er schon mal gehört.
    Emilio fand eine Quittung, auf der Phinas Vater die Annahme einer nicht so kleinen Zahlung bestätigte, und zwar von Niki Steirowitz. Was erstens schwarz auf weiß bestätigte, was er schon wusste, und zweitens die Frage aufwarf, wie die Quittung in Marcos Besitz gekommen war. Emilio hatte schon seit einiger Zeit eine vage Vermutung. Diese würde auch erklären, warum alle Unterlagen schon älter waren, zumindest älter als zehn Jahre.
    Darüber hinaus lagen auf dem Tisch Unmengen von Fotos. Viele unscharf, sodass man nicht wirklich etwas erkennen konnte. Manche schienen aus dem Rotlichtmilieu zu stammen. Auf einigen sah man einen Mann in inniger Umarmung mit einer schwarzhaarigen Frau, die hohe Stiefel trug und sonst nicht viel. War das Puttmenger? Er war sich nicht sicher. Die Aufnahmen waren ganz schön schlecht für eine Erpressung. Aber in Kombination mit den richtigen Informationen sollte es reichen, einen bekannten Klinikchef und Familienvater massiv unter Druck zu setzen.
    Dann gab es einige Fotos von einer großen blonden Frau, grell geschminkt, mit künstlichen Wimpern und bizarren Klamotten. Im Hintergrund war mal unscharf eine Bar zu sehen, dann ein angeleuchteter Brunnen. Wer von seinen Amici del Vino wohl mit dieser Königin der Nacht ein Verhältnis hatte? Jedenfalls traute der sich was. Aber es war kein Begleiter zu sehen.
    Auf weiteren Bildern entdeckte er, wie jemand einige Geldbündel entgegennahm, den Mann kannte er, es war Niki.
    Emilio fuhr sich durch die Haare. Viel klüger war er nicht. Aber das war unerheblich. Es interessierte ihn nicht, auf welche Weise sich die Menschen vergnügten. Sollte jeder nach seiner Façon selig werden. Das hatte schon der alte Fritz gesagt. Und wenn jemand erpresst wurde, dann war das sein Pech. Ausnahmen bestätigten die Regel, nämlich dann, wenn ihm die potenziellen Opfer ein Honorar zahlten. Aber auch in diesen Fällen war ihm egal, was sie ausgefressen hatten.
    Seine Gedanken kreisten wieder einmal um Niki. Wäre nicht Marco im Besitz des Materials gewesen, hätte man glauben können, es stammte von Niki. Womit er wieder bei seiner Vermutung war. Es sollte nicht schwer sein, sich in diesem Punkt Gewissheit zu verschaffen. Ansonsten würde er keine weiteren Anstrengungen unternehmen. Es gab noch einige Weingüter, die er in Südtirol besuchen wollte. Ein guter Cabernet hatte ihn schon immer mehr gereizt als die Suche nach der Wahrheit. In vino veritas! Dann würde er seinen Landy auftanken und die Rückreise antreten. So einfach war das.

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    Weil Marco vor lauter Aufregung den Knopf zum Ausstellen des Lautsprechers nicht finden konnte, hatte Laura das ganze Gespräch mitgehört. Marcos fahrige Handzeichen, sie solle verschwinden, hatte sie ignoriert. Zwar konnte sie nichts mit den Namen Puttmenger und Steixner anfangen, auch wusste sie nicht, was ihr Bruder wieder angestellt hatte. Von seinen Verwünschungen und Morddrohungen, die er seit gestern Abend fortwährend ausstieß, hatte sie aber längst genug. Offenbar waren die Aggressionen im Weinberg von ihm ausgegangen, nicht von seinem Kontrahenten. «Versuchter Totschlag, zur Polizei gehen, nur in Ruhe lassen …» Laura fand, dass der Anrufer vernünftig geredet hatte. Außerdem kannte sie Marco und

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