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Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition)

Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition)

Titel: Tod oder Reben: Ein Wein-Krimi aus Südtirol (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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die Zunge, man vertraute einander, erzählte Dinge, die man besser für sich behalten hätte, prahlte mit Liebschaften und verriet Geheimnisse. Niki hatte ein gutes Gedächtnis. Und mit Marco einen Kumpel, der sich laut Theresa für Niki prügelte und der ihm blind vertraute. Was lag also näher, als einige Recherchen durchzuführen, für die Marco zweifellos qualifiziert war. Anschließend setzte Niki seinen «Blutsbruder» auf seine reichen Freunde an, um von ihnen Geld zu erpressen. Dafür war Marco mindestens genauso qualifiziert.
    Die ersten Zahlungen schienen reibungslos geklappt zu haben, von wem auch immer sie geleistet wurden. Niki kaufte sich einen Porsche und machte eine Anzahlung bei Phinas Vater. Und Marco? Wahrscheinlich verpulverte er die Kohle. Oder er kam nicht mehr dazu, weil er verhaftet wurde. Von seiner Cappuccino-Freundin in der Bozner Quästur wusste Emilio, dass Marco jemanden vor einer Disco totgeschlagen hatte, und zwar noch zu Nikis Lebzeiten. Das hatte die unterbeschäftigte Mitarbeiterin heute Vormittag binnen weniger Minuten und ohne lange nach dem Warum zu fragen dem Zentralcomputer der Polizia Criminale entlockt.
    Emilio stellte die beiden Korken auf die Balustrade, lehnte sich zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Marco ein verurteilter Totschläger. Hätte er das gewusst, wäre er der Konfrontation im Weinberg vielleicht aus dem Weg gegangen. Emilio lächelte. Oder auch nicht. Er neigte gelegentlich zum Hasardieren.
    Der eine Korken im Gefängnis, der andere bekommt es mit Phina zu tun, die ihm auf den Berg nachsteigt, wo es zu einer folgenschweren Auseinandersetzung kommt. Emilio beugte sich nach vorne und schnippte den linken Korken ins Tal. Das war Niki. Seine Freunde hatten Glück. Keiner mehr da, der sie erpressen konnte. Ruhe im Karton. Aber dann kam Marco frei, er stieg in Nikis altes Zimmer ein und räumte das Versteck aus, das ihm aus Kindertagen bekannt war. So könnte es gewesen sein. Oder anders. Egal. Jedenfalls hatte jetzt Marco all die schönen Bilder und Dokumente, die sie sich vor über zehn Jahren besorgt hatten. Und das Spiel ging von vorne los.
    Emilio zielte mit dem gekrümmten Mittelfinger auf den zweiten Korken. Aber dann hat Marco einen Fehler gemacht. Und schwupps. Auch dieser Korken flog von der Balustrade in Richtung Etsch. Arrivederci, ragazzo!
    Erledigt und vorbei. Puttmenger und Steixner konnten erleichtert aufatmen, und wahrscheinlich noch einige andere Amici del Vino . Von beiden hatte er sein Honorar. Um Theresa nicht misstrauisch zu stimmen, würde er auch ihre Abschlusszahlung annehmen. Warum, verdammt noch mal, saß er also auf dieser Terrasse und nicht schon längst im Auto auf dem Weg nach Hause? Das wäre außerdem viel sicherer, falls es Marco doch noch ein Anliegen war, ihn umzubringen.
    Einen objektiven Grund gab es, noch etwas in Südtirol zu verweilen: Er hatte nicht annähernd all jene Weingüter besucht, die er sich vorgenommen hatte. Entsprechend war er bei der Verkostung der Weine ins Hintertreffen geraten. Morgen zum Beispiel hatte er einen Termin beim Landesweingut Laimburg in Auer verabredet. Dort gab es nicht nur einen berühmten Felsenkeller, sondern auch vortreffliche Weine. Er hatte sich insbesondere den Oyèll Sauvignon vorgemerkt und den Barbagol Lagrein Riserva. Und hinterher könnte er in Neumarkt bei Johnson & Dipoli einkehren.
    Emilio wusste, dass er sich etwas vormachte. Natürlich gab es einen anderen Grund, der ihn nicht abreisen ließ, noch nicht. Der Grund hatte lange blonde Haare, blaue Augen und einen schönen Vornamen: Phina, von Josephina. Er hatte keine Ahnung, wie er sich verhalten sollte. Einfach abzuhauen, war keine Lösung. Wie verhielt man sich, wenn man zu wissen glaubte, dass jemand an zwei Todesfällen beteiligt war, diese wahrscheinlich vorsätzlich herbeigeführt hatte? Das Problem war: Er mochte Phina, das hatte er ihr gesagt und das entsprach der Wahrheit. Er konnte sich die Seelenqualen vorstellen, die sie nach Nikis Tod und vor allem nach dem ihres Vaters erlitten hatte. Was auch immer sie konkret getan hatte, sie hatte dafür gebüßt. Warum sollte er Phina hinhängen, was brachte das? Er hatte das Leben kennengelernt. Was hatte Justitia davon, wenn er Phina die Polizei auf ihren schönen Hals hetzte? Würde sich Theresa besser fühlen, wenn sie erfuhr, dass ihre gute Freundin Phina für den Tod ihres Sohnes verantwortlich war? Na bitte. Keinem war damit gedient. Also würde er

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