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Tod sei Dank: Roman (German Edition)

Tod sei Dank: Roman (German Edition)

Titel: Tod sei Dank: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen FitzGerald
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mit dem Fuß einen Stein darunter. Im ersten Stock spazierte ich durch die offene Eingangstür in Reece’ Wohnzimmer, so, wie er es mir über die Gegensprechanlage gesagt hatte.
    Er hatte alles, was ich wollte: etwas von dem Pulver, das wir im Bothy genommen hatten, ehe ich gegen einen Pfeiler gelaufen war – und, irgendwo unter einem abstoßend hässlichen Pyjama, seinen Schwanz.
    Ich pfiff mir zuerst das Pulver ein, aber meine Wut und mein Adrenalinpegel schwächten die Wirkung ab, so wie sie es zuvor schon beim Alkohol getan hatten.
    »Ich brauche mehr«, sagte ich. »Ich spüre überhaupt nichts.«
    Reece legte einen kleinen Klumpen auf die Glasplatte seines Couchtisches und zerschnitt ihn mit seiner Kreditkarte der Bank of Scotland. Er formte eine säuberliche Linie für mich und reichte mir einen abgeschnittenen Strohhalm.
    »Wäre es dir recht, wenn ich mir etwas Bequemeres anzöge?«, fragte er. Ich musste so sehr lachen, dass ich fast das Koks weggepustet hätte. »Was könnte denn noch bequemer sein?«, fragte ich und warf einen vielsagenden Blick auf den blauen Flanellpyjama.
    »Es dauert nur eine Minute.«
    Ich lehnte mich auf dem Sofa zurück – schwarzes Leder natürlich – und schloss die Augen. Wo war Preston? War er schon drinnen? Wo würde er sich verstecken? Ich konzentrierte mich. Meine Ohren sind hypersensibel, und sie werden dich aufspüren!
    Jemand pfiff im Schlafzimmer: Reece.
    Ein tropfender Wasserhahn in der Küche: der Wasserhahn.
    Nichts …
    Nichts …
    Pfeifen …
    Tropfen …
    Ah ja, da. Zwischen allem anderen ein leises Hüsteln. Ich wartete … üff üff, da war es wieder, diesmal gedämpft: Er hielt wahrscheinlich die Hand vor den Mund.
    Ich wartete, dann öffnete ich die Augen und sah in die Richtung, aus der das Hüsteln kam. Haha: Es war der Einbauschrank in der Diele, direkt vor dem Wohnzimmer.
    »Reece? Alles in Ordnung mit dir? Brauchst du noch lange?«
    »Nur noch ein paar Minuten«, schrie er.
    »Ich gehe inzwischen auf die Toilette!« Ich wollte Preston die Möglichkeit geben, ein besseres Versteck zu finden. Was würde er aus dem Dielenschrank schon sehen können?
    Ach leider, mal wieder kein Tropfen. Und wenngleich die Wodka-Colas nichts zur Erhellung meiner Laune beigetragen hatten, hatten sie doch definitiv an meiner Gesundheit genagt. Mach jetzt nicht die Augen zu, G, sagte ich mir. Wenn du die Augen zumachst, klappst du zusammen.
    Ich wischte mich ab, obwohl es dafür keinen Grund gab, und ging ins Wohnzimmer zurück.
    »Reece«, sagte ich, »ich bin zurück im Wohnzimmer!«
    »Eine Minute noch!«, antwortete er. Was um Himmels willen tat er dort?
    Während ich also im Wohnzimmer stand, erwog ich sorgfältig meine Optionen. Hatte sich Preston hinter den dunkelgrauen Vorhängen postiert? (Wer war denn so blöd, dunkelgraue Vorhänge auszusuchen? Gab es in Glasgow nicht schon genug graue Tage?) Ich konnte keine Wölbung erkennen … Vielleicht war er zu dem Schluss gekommen, dass dies ein allzu offensichtliches Versteck sei?
    Ich schlich auf Zehenspitzen hinüber zum Sofa. Vielleicht lag er ja dahinter. Aber da ich es gar nicht so genau wissen wollte, schaute ich nicht nach. Nichtwissen steigerte den Reiz.
    Ach ja, da war ja noch dieser Paravent aus Bambus, der den Esstisch vom Sofa/Fernseh-Bereich trennte. Der wäre eine gute Wahl, dachte ich. Ein bisschen riskant vielleicht, aber es hingen Kleidungsstücke darüber. Die konnte er eventuell zur Tarnung benutzen.
    Reece war wieder da.
    »Ach du Schreck, du siehst umwerfend aus!«, sagte ich. Er hatte sich eine Pflegerkluft angezogen. Freilich nicht die, die er zur Arbeit trug – die bestand bloß aus einer einfachen Hose und einem gebügelten Hemd –, sondern einen PVC – Schwestern-Fummel mit durchgehendem Reißverschluss. Der untere Rand bedeckte knapp seine kostbaren Teile, die vermutlich in einem Frauentanga steckten (oder eben auch nicht steckten). Obenrum trug er einen wattierten BH, den er vermutlich mit Hühnerfilet ausgestopft hatte, um sein Dekolleté gebührend zur Geltung zu bringen. Er hatte gemusterte weiße Strümpfe an (von der Sorte, die einen schwarzen Streifen an der Rückseite hat) und weiße Schuhe mit hohen Absätzen (von der Art, wie sie eine Braut tragen könnte).
    Auf seinem Kopf saß ein kleines Schwesternhütchen. Um seinen Hals baumelte ein Stethoskop.
    »Wie geht es Ihnen heute, Ms Marion?«, fragte Schwester Reece. Er hatte Lippenstift aufgelegt. Ich muss zugeben, dass ihm der

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