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Tod und Leidenschaft (German Edition)

Tod und Leidenschaft (German Edition)

Titel: Tod und Leidenschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Norton
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konnte.
    Für Elizabeth stand fest: es gab für sie selbst weder Schutz noch Sicherheit. Also musste sie selbst aktiv werden. Vorangehen. Die Dinge anpacken. So oder so.
    Es war ihre einzige Chance.
     
    X
    Harris drehte den Brief in seinen Händen. Er faltete ihn zusammen und schlug ihn wieder auf, gerade so, als könnte sich der Inhalt ändern, wenn er es nur oft genug tat.
    Wenige Tage zuvor hatte er seinem Bruder geschrieben. Vorgeblich, um dessen Rat einzuholen, tatsächlich aber, um ihn darauf vorzubereiten, dass er die Verlobung lösen würde.
    Sein Bruder war nun beileibe kein Hohlkopf, hatte den Braten gerochen und seine Antwort sogar einem Boten anvertraut, damit sie Harris schneller erreiche.
    Das Wappen der Familie prangte auf dem schweren Papier. Thronte förmlich über jenen, in fliegenden Buchstaben hingeworfenen Zeilen, die sich ihrem Inhalt nach, im Verlauf der Seiten immer mehr in ihrem Zorn zu steigern schienen.
    Drückten die ersten Sätze noch eine gewisse Bestürzung aus, gepaart mit der ausdrücklichen Hoffnung, den Brief des jüngeren Bruders falsch verstanden zu haben, riss das Gefühl den Schreiber der Antwort nach und nach mit sich.
    Wütend gemahnte er den Jüngeren, dass seine Entscheidung, den Beruf eines Polizisten zu ergreifen, die Familie schon ins Gerede gebracht hätte, dass aber eine Auflösung jener mehr denn vorteilhaften Alliance mit Adelaides Familie, dem Ruf seines Namens nicht wieder gut zu machenden Schaden zufügen würde.
    Er appellierte an seinen Bruder, all jene Zweifel hintan zu stellen, die wohl jeden Junggesellen ergriffen, der vor einem solch schwerwiegenden Schritt stünde und sich wieder jener Liebe und Zuneigung zu erinnern, die ihn an Adelaides Seite gebracht hätten.
    Sein Bruder erging sich in der Aufzählung all jener Vorteile, die diese Heirat mit sich bringen würden. Gemahnten Harris an seine Pflichten der Familie und der Gesellschaft gegenüber. Erinnerte ihn an den unsäglichen Schaden, den sein unbedachtes Handeln auch für Adelaides Ruf nach sich ziehen mochte.
    Harris fühlte sich, als sei er zwischen Mahlsteine geraten. Als würde sein Gehirn systematisch zermalmt, musste er doch jedem Argument seines Bruders zustimmen.
    Er hatte mit jedem Punkt Recht. Doch das Ergebnis blieb gleich. Er konnte Adelaide nicht heiraten, auch wenn er verbrannte Erde hinterließ.
    Selbst wenn Elizabeth ihn ablehnen sollte, ihren Zorn gegen ihn (welchen Grund der auch immer haben mochte) nicht würde überwinden können – es war ihm schlicht unmöglich, mit Adelaide vor den Altar zu treten, ohne einen fürchterlichen Meineid zu schwören.
    Sagte er Ja zu ihr, zerstörte er ihrer beider Leben. Früher oder später.
    Und so hatte der Brief seines Bruders die genau gegenteilige Wirkung dessen, was dieser beabsichtigt hatte: er stellte Harris vor Augen, dass er nun endlich reinen Tisch machen müsse.
    Also faltete er die Seiten ein letztes Mal sauber zusammen, legte ihn in die Mitte des leeren Esstischs und erhob sich.
    Der herrschenden Kälte Rechnung tragend, zog er seinen warmen Mantel über und verließ seine Wohnung.
    Seine Prioritäten waren klar: zuerst würde er sich Adelaide erklären und dann den Ripper dingfest machen.
    Als seine Droschke vor dem herrschaftlichen Haus mit einem unsanften Ruck anhielt, fühlte Harris sich wie ein Scharfrichter, der tut, was er tun muss.
    Hoch erhobenen Hauptes trat er vor die massive Eingangstür und zog an dem eisernen Stab, der die Klingel im Innern in Gang setzte.
    Die Dinge nahmen ihren Lauf.
    Allerdings erhielt sein Plan einen gewissen Rückschlag, als der öffnende Butler ihm erklärte, die junge Dame sei leider abwesend. Sie sei ausgefahren, um Freunde zu besuchen.
    Harris erkundigte sich nach der Adresse und gab diese an seinen eigenen Kutscher weiter.
    Die Fahrt war keine weite, doch ließ sie ihm genug Zeit, um zu der Erkenntnis zu kommen, dass er gerade etwas Törichtes tat. Wollte er allen Ernstes bei Adelaide reinen Tisch im Angesicht einer ihrer Freundinnen machen?
    Die Droschke hielt, doch er blieb sitzen.
    Andererseits, so überlegte er, konnte sie sich nach der niederschmetternden Neuigkeit direkt in die Arme der Freundin werfen, auf dass diese sie trösten mochte. Insofern war es vielleicht gar nicht so töricht, was er vorhatte.
    Gewiss würde er sich mit wütenden Vorwürfen, einem Meer aus Tränen und ähnlichen Unannehmlichkeiten konfrontiert sehen, doch da musste er durch.
    Also biss Harris die Zähne

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