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Tod und Leidenschaft (German Edition)

Tod und Leidenschaft (German Edition)

Titel: Tod und Leidenschaft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Norton
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abnahm, stand er im hinteren Bereich des Ateliers und dämpfte gerade einen neuen Hut. Die heiß- feuchten Dämpfe hüllten ihn ein und ließen ihn ein wenig wie eine Figur aus einem Märchen erscheinen.
    „Ah, guten Morgen, mein liebes Kind! Nun? Haben sie ihren Ehrentag schön gefeiert?“
    Elizabeth eilte zu ihm und legte im Gehen ihre Schürze an.
    „Sie können sich nicht vorstellen, was ich erlebt habe, Mister Lewinsky!“, platzte sie heraus und berichtete sodann von ihrer Begegnung in der Teestube.
    Lewinsky ließ die Hände von dem Hut- Corpus sinken und sah sie mit großen Augen an. Irgendetwas spielte sich in seinem Kopf ab, doch sie vermochte es nicht einzuordnen.
    „Ja, denken sie denn, die Frau Stride weiß wirklich, wer der Ripper ist?“
    „Sie schien auf jeden Fall überzeugt. So überzeugt, dass sie mir sagte, dieses Wissen werde ihr wieder zu einem neuen Leben verhelfen. “
    Lewinsky ging langsam und nachdenklich zu seinem Arbeitstisch zurück. Als wäre es sein sicherer Hafen, ließ er sich dort nieder und dachte eine Zeitlang nach.
    „Wieso sollte sie sich aber mit solch gefährlichem Wissen ihnen offenbaren, Miss Montgomery?“
    „Ich denke …“, Elizabeth setzte sich auf den kleinen Schemel. „… dass es zwei Gründe gibt. Einmal wollte sie wohl ein wenig renommieren. Weil sie jetzt in so liederlichen Verhältnissen lebt und schon bessere Zeiten gesehen hat. Und zum anderen, war sie mir wohl dankbar für die Einladung.“
    Er nickte und die Spitze seines weißen Barts strich dabei über den Tisch. 
    „Gut. Gesetzten Fall, es wäre alles wahr. Dann befindet sich die Frau in großer Gefahr. Oder denken sie, sie hat nur ihnen gegenüber diese Andeutung gemacht?“
    „Ich bin mir nicht sicher, Mr. Lewinsky. Sie scheint einem guten Glas nicht abhold zu sein … Insofern könnte es durchaus sein, dass sie alle Vorsicht vergisst und im Trunk auch anderen davon erzählt.“
    Abermals nickte er, als höre er gerade nur, was er sowieso schon wusste. Seine Finger strichen dabei kleine, nicht vorhandene Krümelchen auf dem Tisch zusammen.
    „Sie werden dem Inspector von dieser Stride erzählen müssen, nicht wahr?“
    Es war die merkwürdige Art, in der er seine Worte betonte, die Elizabeth aufhorchen ließ.
    „Ich denke doch. Ja.“
    „Ja. Gewiss müssen sie das. Die Polizei sucht ja nach jedem Strohhalm. Noch heute, denke ich.“
    Elizabeth schwieg. Lag es doch auf der Hand, dass sie nicht säumen würde, Harris aufzusuchen.
    Plötzlich sah Lewinsky sie direkt an und lächelte breit.
    „Ein guter Grund, den netten Inspector zu treffen, wie?“
    Sie musste ebenfalls lächeln, denn er hatte ihre Gefühle für den Polizisten ja längst erkannt.
    „So. Dann gehe ich jetzt mal an die Arbeit!“, erklärte sie entschlossen und erhob sich.
    „Es wird heute wohl wieder eine äußerst überschaubare Anzahl Kundinnen zu uns finden, Miss Montgomery.“ Dabei wanderten seine Blicke an ihr vorbei bis ans Schaufenster, wo der Regen in dichten Schleiern fiel.
    „Irgendwann muss dieses scheußlich Wetter doch mal aufhören …“, sagte Elizabeth so streng, als könne sie damit Petrus beeinflussen.
    „Ja. Gewiss. Irgendwann sicher“, erwiderte Lewinsky und sie war sich nicht sicher, ob er wirklich das Wetter meinte.
     
    X
    Harris saß an seinem Schreibtisch und blickte hinaus in den Regen. Das gleichmäßige Prasseln lullte ihn ein und er kämpfte gegen die Müdigkeit an, die ihn in solch ruhigen Momenten immer wieder überkam. Er musste mehr auf seinen Schlaf achten. Doch wie sollte er das, wenn ihm der Kopf eng wurde vor lauter Gedanken, sobald er sich zu Bett begab.
    Unablässig hoffte er auf einen Durchbruch bei den Ermittlungen. Wieder und wieder las er in den Akten, geleitet von der Hoffnung, irgendein Detail zu entdecken, das ihm zuvor entgangen war und das ihn auf die entscheidende Spur brächte.
    Sein Kopf schwirrte von Uhrzeiten zu denen jemand etwas gesehen haben wollte. Jeder schien mittlerweile jeden in Whitechapel zu verdächtigen. Jeder seinem Nachbarn die grausamen Morde zuzutrauen. Aber sobald sie nachhakten, kam nur noch Schweigen. Dazu noch die zahllosen Bekennerbriefe. Einer wirrer als der andere. Quoll die Welt denn über vor Irrsinnigen, die Feder und Papier zur Hand nahmen?
    Und vor allem: wie sollten sie erkennen, wer wirklich der Ripper war, wie er jetzt allgemein so griffig genannt wurde, und wer nur Wichtigtuer? Jetzt mussten sie auch noch die anonymen Briefeschreiber

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