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Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Titel: Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Hoffnung auf Hilfe aus dem Abendland. Also begann Alexios im Alleingang mit Feldzügen gegen die Seldschuken und Petschenegen, machte ihnen den Garaus, wo er sie fand, schlug sie zurück und schaffte es am Ende, so etwas wie einen wackeligen Frieden auszuhandeln, eine ziemlich kränkelnde Sache, aber immerhin. Zum Wohle der Christenheit, wie er verkünden ließ. Im Grunde ging es ihm natürlich nur ums Land. Was den Papst so sehr erboste, daß nämlich die heiligen Orte der christlichen Kirche, das Land Palästina, das Grab des Herrn, Jerusalem und Antiocha, Petris Stadt, unter seldschukischer Herrschaft standen, war ihm verhältnismäßig gleich. Zumal die Greuelmärchen von den gottlosen Türken, die christliche Pilger zu Tausenden abschlachteten, rösteten und auffraßen, eher der Phantasie überdrehter Säulenheiliger entsprangen. Die Christen in den besetzten Gebieten genossen islamisches Recht, wenn Ihr mich fragt, das toleranteste überhaupt. Sie wurden nicht in der Ausübung ihres Glaubens gehindert und hatten sich demzufolge auch noch nicht groß beschwert oder gar einen formellen Hilferuf ins Abendland entsandt. Soweit die Vorgeschichte. Seid Ihr überfordert, oder verlangt es Euch nach dem Rest?«
    »Doch, ja! Erzählt weiter.«
    Jaspar lächelte. »Ihr seid ja gar nicht so wirr im Kopf, wie Euer roter Schopf vermuten läßt. Also schön. Gehen wir wieder nach Rom. Die Zu
    stände besserten sich, Papst und Gegenpapst starben, und ein neuer Pontifex bestieg den römischen Thron. Er nannte sich Urban II., und wenn ich vorhin gesagt habe, er sei ein Trottel gewesen, so ist das nur die halbe Wahrheit. Blöde war er jedenfalls nicht. Aber dieser Urban neigte zu einer geradezu gotteslästerlichen Bequemlichkeit und hatte schlicht und einfach keine Lust, sich mit irgend jemandem zu streiten. Als erstes befreite er den exkommunizierten Alexios vom Bann, der da im fernen Byzanz mit dem Rücken zur Wand stand, und schloß einen Freundschaftsbund mit ihm. Fortan versicherten sich die beiden Gauner ihrer gegenseitigen Wertschätzung, ha! Alexios sann sofort darüber nach, wie er seinem neuen Freund ein paar fromme Kämpfer entlocken könne, die ihm bei der Rückgewinnung einiger besetzter Gebiete, insbesondere Anatoliens, behilflich sein sollten. Aber so weit schien die Freundschaft denn doch nicht zu gehen, weil Urban halt am Krieg nicht interessiert war. Er bestellte seine Kirche. Aus, fertig. Alexios paßte das nicht, jetzt hatte er plötzlich einen Verbündeten, der nichts unternahm. Also schickte er eine Gesandtschaft von zwölf Botschaftern nach Piacenza, wo Urban eben ein Konzil abhielt. Und diese Gesandten beklagten nun des langen und breiten das Leid der Christen unter dem Joch des Islam, schrien Ach und Weh ob der Belagerung des heiligen Jerusalem und daß die Pilger auf dem Weg nach Palästina an den Füßen aufgehängt und bei lebendigem Leib in Stücke geschnitten würden und was weiß ich nicht alles für Blödsinn. Alles war maßlos übertrieben, überwuchert von orientalischer Rhetorik, die sie da unten gelernt hatten, aber es verfehlte seine Wirkung nicht. Urban versprach Hilfe. Mit dem Maul war er schon immer schnell dabeigewesen.«
    »Und? Schickte er Hilfe?«
    »Urban? Erstmal nicht.« Jaspar kicherte. »Ich sagte ja, er war ein reiner Kleriker, der sich lieber den üblichen Angelegenheiten der Heiligsprechungen und Hexenverbrennungen widmete. Aber versprochen hatte er's zumindest. Alexios rieb sich die Hände und rechnete mit einer gutausgerüsteten Hundertschaft wackerer Ritter, und die hätte Urban sicherlich auch früher oder später zusammengetrommelt, wenn nicht – ja, verdammich, wenn er nicht diesen Traum gehabt hätte!«
    Jacop, der fasziniert zuhörte, wollte nachgießen, aber es gab nichts nachzugießen.
    »Oh«, machte Jaspar. »Ebbe.« Er stand auf und stakste nach hinten.
    »Das stört mich nicht!« rief ihm Jacop nach.
    »Mich aber.«
    »Ihr könnt doch jetzt nicht einfach aufhören!«
    »Warum nicht?« schallte Jaspars Stimme von jenseits der Kammer. »Die Geschichte hat Jahrhunderte und Jahrtausende gebraucht, um Geschichte zu werden, und Ihr kriegt den Hals nicht voll.« »Ich will aber wissen, wie es weiterging. Und Ihr habt mir noch nichts von den verlorenen Kindern erzählt!«
    Jaspar machte sich an der Klappe im Hof zu schaffen.
    »Kommt meinethalben her, wenn Ihr's hören wollt!« schrie er.
    Jacop sprang auf und ging in den dunklen Hof. Jaspar hatte eine Kerze entzündet

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