Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.
der heißen Wassergüße und Massagen – ich meine, Fußbäder, danken. Kommt also um die Mittagszeit, kurz nach Sext, und bringt das Geld mit. Man kann die Dinge dann ungestört bereden.«
»Eine gute Idee, Bruder«, sagte Jaspar. »Darf ich Euch bis dahin einen freundlichen Rat geben?«
»Wie immer Ihr wünscht.«
»Haltet Euch nicht für schlauer, als Ihr seid.«
Domus civium
Die Glocken im alten Dom schlugen zehn.
Mit aller ihm zu Gebote stehenden Würde und Erhabenheit betrat Bodo den großen Versammlungssaal des domus, in quam cives conveniunt, wie es in den Balken über dem Portal eingeritzt war.
Unterwegs hatte er seine Schuhe säubern müssen, nachdem er in eine mittelgroße Herde von Ferkeln geraten war, die quiekend und schlammaufspritzend über den Kriegmarkt schossen. Dann war ihm aus der Sternengasse ein himmlischer Geruch in die Nase gestiegen, und er hatte den kandierten Kastanien eines fahrenden Händlers aus Lyon einen kurzen Abstecher gewidmet, um schließlich direkt vor dem Domus civium in ein Gespräch über die Situation der Kölner Juden verwickelt zu werden. Das passierte nicht selten, denn das Haus der Bürger lag mitten im jüdischen Viertel, nur wenige Schritte nordöstlich der versteckten Synagoge mit ihren prachtvollen Glasgemälden, die Löwen, Schlangen und allerlei Getier zeigten, das angeblich in den entferntesten Winkeln der Welt Zuhause war wie hierzulande Hunde und Katzen. Bodo begegnete dem mit Skepsis. Welches Wesen trug schon ein Horn auf der Nase, wenn nicht der Teufel, dessen Natur sich nie vollständig tarnen ließ? Und was sollte das für ein Pferd sein, dessen Rücken sich wie eine Doppelzinne bog, und das einen Hals besaß wie ein sarazenisches Krummschwert? Gut bekannt mit dem Synagogendiener, hatte Bodo einen Blick auf die Gemälde werfen dürfen und war beeindruckt gewesen, aber keineswegs überzeugt. Welcher kühne Geist auch immer sie geschaffen hatte im Zuge des Wiederaufbaus nach der Zerstörung durch die ersten Kreuzfahrer, er mußte in den Vorhof der Hölle geschaut haben.
Das jüdische Viertel war das älteste seiner Art im deutschen Reich und eine weitgehend autonome Enklave. Es hatte sein eigenes Hochzeitsund Spillhaus, in dem sich die Gemeinde zu ihren Festen und Beratungen traf, verfügte über ein Hospital für die Alten und Kranken, ein Backhaus und eine Frauenschule. Bodo mochte es. Auch die Mikwe hatte er sehen dürfen, eine besondere Ehre, denn das Bad hatte mit den gängigen Badehäusern nichts gemein. Es diente höchsten jüdischen Weihen und rituellen Waschungen.
Nach außen gab man sich im jüdischen Viertel eher unauffällig und bescheiden, um nicht den Zorn der privilegierten Christen auf sich zu ziehen. Zwar standen die jüdischen Bewohner Kölns unter dem besonderen Schutz des Erzbischofs, wofür sie ihren jährlichen Obulus entrichteten, aber die Pogrome der Vergangenheit hatten unheilbare Wunden geschlagen. Seit Mar Juda bar Abraham, der legendäre Oberste aller Juden und wortgewaltige Prediger, 1096 von den Kreuzfahrern in Altenahr erschlagen worden war, hatten die Juden keine Ruhe mehr gefunden. Jeder Grund war den Christen recht, ihren schwelenden Haß auf die Verräter Jesu zu entladen. Sah man allerdings genauer hin, kaschierte das Martyrium des Heilands eher den Neid auf das jüdische Vermögen. Ihr Sonderstatus erlaubte den Juden den Geldverleih, den anzuprangern der Klerus nicht müde wurde, um sich dann hintenrum in den Genuß größerer Darlehen zu bringen. Auf diese Weise verschuldeten sich auch die Fürsten und Adligen, und da sie im allgemeinen keine Rückzahlungen zu leisten vermochten, bot sich immer mal wieder der heilige Zorn der Gerechten an, die Verfolgung der jüdischen Bevölkerung, die Einverleibung ihrer Häuser und Schätze, alles im Namen Gottes, versteht sich. Wundersamerweise erwies sich Gott im Laufe der Jahre aber als käuflich, denn Geldgeschenke an Erzbischof Arnold hatten beispielsweise Ausschreitungen gegen die Juden verhindert, als der Benediktiner Radolf in Köln gegen sie predigte, damals zur Zeit des zweiten Kreuzzugs. Soviel zur Kraft des Glaubens, der allzuoft seine Entsprechung in der Kraft des Geldes fand.
Im Augenblick herrschte Ruhe. Erzbischof Konrad hatte im Vorjahr die neuen Schöffen sowie Richter, Bruderschaften und Bürger zur Bekräftigung des Schutzvertrages angehalten, und man kam miteinander aus, wenn man einander auch nicht liebte. Bodo hatte dem Pakt freudig zugestimmt, schon
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