Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.
alleine, weil ein Großteil der Patrizier es nicht getan hätte. Aber die waren hübsch still geworden, nachdem Konrad ihre Macht im Rat beschnitten hatte.
Zumindest hatte es den Anschein.
Bodo straffte sich und trat zu einer kleinen Gruppe von Schöffen, die leise miteinander redeten. »Ah, der Herr Schuif«, sagte einer. »Und? Wie ist Eure Meinung?«
»Zu was?« fragte Bodo. »Zu den Morden auf dem Berlich und am Entenpfuhl.«
»Nicht eben die ausgesuchtesten Vertreter der Christenheit«, meinte ein anderer. »Doch immerhin Menschen!«
»Ich bin vorerst nur der Meinung, daß sie tot sind«, sagte Bodo. »Gibt es Beschuldigte?«
»Es gibt immer welche, die von anderen bezichtigt werden«, erwiderte der erste. »Aber man muß fein achtgeben, wen man am Ende der peinlichen Befragung unterzieht. Das alte Kollegium, so erinnere ich mich, hat einen aufs Rad flechten lassen, dem sagte man nach, er sei ein Werwolf. Aber hinterher stellte sich dann raus, daß sein einziges Vergehen in der Wahrung einer robusten Gesundheit bestanden hatte, die ihn nicht sterben und seine Frau nicht erben ließ.«
Ein wissendes Lachen klang auf, wurde unter Blicken weitergereicht und konspirativ verstaut. »Die Dinge sind oft gar nicht, was sie scheinen«, bemerkte der erste Schöffe. »Und scheinen oft nicht, was sie sind!« schob der andere weise hinterher.
»Welch luzider Standpunkt.«
»Aber richtig«, schwang sich Bodo auf. »Nehmen wir den Fall Gerhard Morart, da hatte ich gleich heute morgen ein interessantes Gespräch mit einem alten Freund, der mich nach den Namen der beiden Zeugen fragte. Ihr wißt, die zwei Bettelmönche, die ihn stürzen sahen. Es war ein Unfall, sagen die einen. Er ist – vom Leibhaftigen besessen – in die Tiefe gesprungen, dünkt die anderen wahrscheinlicher.« Er senkte seine Stimme zu einem Flüstern. »Aber mein guter Freund erging sich in Andeutungen, daß es noch eine dritte Möglichkeit gäbe, wenngleich ihn die Schicklichkeit oder meinethalben auch bessere Einsicht daran hinderte, auszusprechen, was er dachte.«
»Und was«, fragte der erste Schöffe gedehnt, »mag das für ein Verdacht gewesen sein?«
»Ich wollte nicht in ihn dringen, muß auch zugeben, daß ich erst später, als mir seine Worte wieder durch den Kopf gingen, stutzig wurde. Mir scheint aber, er wollte andeuten, Gerhard Morart sei zumindest nicht durch eigene Schuld umgekommen.«
»Durch wessen dann? Des Teufels?«
»Auch nicht, also nicht direkt.«
»Macht es nicht so spannend, Braumeister!«
»Nun ja.« Bodo hob wichtig das Kinn. »Wenn ihn denn jemand gestoßen hätte –«
»Ein Mord?« Der Schöffe lachte laut auf und schüttelte den Kopf. »Euer Freund muß ein ganz schöner Wirrkopf sein. Zwei unbescholtene geistliche Brüder bekunden den Unfall, ja, sie haben ihm sogar die Beichte abgenommen –«
»Und wir haben lange mit den beiden gesprochen«, ergänzte der andere. »Hätte jemand Gerhard hinuntergestoßen, dann dürften sie es wohl gesehen und berichtet haben.«
»Ich weiß. Trotzdem.«
»Weit hergeholt, Herr Schuif. Hat Euer Freund wirklich von Mord gesprochen?« Bodo zögerte. »Nicht direkt«, gab er zu. »Aber Ihr vermutet es?« »Ich kenne Jaspar, er beliebt, in Rätseln zu sprechen, und oft begreife ich
ihn nicht. Diesmal allerdings –«
»Diesmal allerdings wollen wir uns wichtigeren Themen widmen und zur Versammlung schreiten«, unterbrach ihn der andere. Er schien das Interesse verloren zu haben.
Bodo zuckte die Achseln. Gemeinsam erstiegen sie die Treppe zum ersten Stock, wo der Versammlungssaal lag. Auf der Hälfte fühlte sich Bodo von einer Hand auf seiner Schulter zurückgehalten. Er verlangsamte seinen Schritt.
Es war der zweite Schöffe.
»Verzeiht, wenn ich Euch so offen mißtraut habe«, sagte er im Flüsterton, während sie langsam weitergingen. »Ihr sprecht ein heikles Thema an. Gewisse – Personen sind ähnlicher Ansicht wie Euer Freund. Behaltet das für Euch! Aus verschiedenen Gründen scheint es nicht opportun, das Thema laut zu erörtern. Wie, sagtet Ihr, heißt euer Freund?«
»Jaspar Rodenkirchen«, antwortete Bodo erregt. »Und Ihr glaubt wirklich –?«
»Was ich glaube, spielt keine Rolle. Sagen wir, man muß der Wahrheit zu gegebener Zeit Vorschub leisten. Ist dieser Jaspar ein besonnener Mann?«
»Das will ich meinen! Er ist Physikus und Dechant zu St. Maria Magdalena, Magister artium, und so weiter und so fort, ich weiß nicht, was er noch alles
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