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Tod vor der Morgenmesse

Tod vor der Morgenmesse

Titel: Tod vor der Morgenmesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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mochte meinen, der hatte sein Leben mehr an der frischen Luft verbracht als unter den blassen Gestalten, die in den düsteren Gemäuern eines Klosters zusammenhocken. Anwesende ausgenommen, Bruder Angelsachse.«
    »Gehörte er zu den Gefangenen, obwohl er ein Ordensmann war?« erkundigte sich Eadulf.
    »Ja.«
    »Und was geschah, als die Krieger mit ihren Gefangenen in euer Dorf kamen?« drängte Fidelma.
    »Wir boten ihnen unsere Gastfreundschaft an, wie es bei uns Sitte ist. Die Krieger tranken
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und verlangten was zu essen. Sie erregten unseren Unwillen, weil sie die Gefangenen schlecht behandelten, ihnen nur Wasser und Brot gaben.«
    »Hat jemand die frommen Schwestern fragen können, weshalb man sie gefangengenommen hatte und was für eine Art Krieger ihre Entführer waren?« wollte Fidelma wissen.
    Ganiccas Gebärde war unmißverständlich.
    »Sie ließen keinerlei Kontakt mit den Gefangenen zu, und als unser Schmied – das ist der Mann, der euch hergebracht hat – fragte, was geschehen sei, verpaßten sie ihm einen Schlag |286| ins Gesicht. Dann bedrohten sie ihn mit der Schwertspitze, um ihn einzuschüchtern.«
    »Und weiter?«
    Ganicca hob die Arme, als wollte er die ganze Ansiedlung mit ihnen umschließen.
    »Zwei weitere Krieger kamen mit einer dritten Person angeritten, und diese dritte Person befahl den Kriegern, das Dorf niederzubrennen … Sie brannten es nieder und plünderten es. Wir hatten keinerlei Waffen. Sie fielen über die Schmiede her und steckten die Häuser in Brand. Die meisten von uns schafften es, in die Berge zu flüchten, und fanden dort Schutz in den Höhlen. Sieben unserer Leute wurden erschlagen, sie waren zu jung oder zu alt, um dem Abschlachten zu entkommen. Viele andere erlitten Verletzungen. Es ist, wie ihr es ja selbst seht – unsere Gemeinschaft ist vernichtet.«
    »Hast du die Sache eurem Stammesfürsten Slébéne berichtet?« fragte Fidelma ernst.
    Der Alte zuckte mit den Schultern. »Wir haben es ihn wissen lassen. Aber er hat uns ja auch in der Vergangenheit nie Schutz geboten, warum sollte er es also jetzt tun?«
    »Es ist Slébénes Pflicht, seine Leute zu schützen. Er ist in seinem Tun und Lassen meinem Bruder, dem König, verpflichtet.«
    »Slébéne ist sein eigener Herr und nur sich selbst gegenüber verpflichtet. Wir hatten einen der Unseren ausgewählt, nach Daingean zu gehen und mit ihm zu sprechen. Wir haben ihn nie wiedergesehen.«
    Eadulf beugte sich zu Fidelma. »Also hatten wir doch recht mit Slébéne«, flüsterte er.
    Fidelma war aufgebracht. »Ich schwöre, daß wir ihn für alle Vergehen zur Verantwortung ziehen werden, Ganicca. Ein Stammesfürst hat nicht nur Rechte, er hat auch Pflichten.«
    |287| In aller Ruhe ließ Ganicca seinen Blick über sie gleiten. »Du bist eine wahrhaftige Nachkommin des Eoghan Mór. Wie auch immer, ich wußte von vornherein, daß Slébéne uns seine Hilfe versagen würde.«
    »Wieso das?«
    »Den Schurken, der seine Krieger anwies, unser Dorf in Brand zu stecken und zu vernichten, kenne ich nur allzu gut.«
    »Slébéne?« fragte Eadulf. Betrübt ruhte der Blick des alten Mannes auf ihm. »Raus mit der Sprache«, beharrte Eadulf. »Wer war es?«
    »Angelsächsischer Bruder, vor zwei Monaten hast du uns erzählt, du hättest mit eigenen Augen Uaman den Aussätzigen sterben sehen. Du hast dich geirrt. Der Mann, der die ganze Zerstörung hier befohlen hat, war Uaman. Uaman der Aussätzige. Der Herr der Bergpässe.«

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    KAPITEL 13
    Nachdem Ganicca seine erschütternde Erklärung abgegeben hatte, herrschte ein paar Sekunden Stille. »Unmöglich!« platzte Eadulf heraus, doch der alte Mann schüttelte nur traurig den Kopf.
    »Ich wünschte, es wäre so, Bruder Angelsachse. Aber Uaman den Aussätzigen würde ich überall und jederzeit erkennen.«
    »Hast du auch wirklich sein Gesicht gesehen?« forschte Eadulf.
    Ganicca lächelte ihn vorwurfsvoll an. »Wer Uaman dem Aussätzigen ins Gesicht schaut ist des Todes.«
    »Ich hab’s aber getan«, entgegnete Eadulf.
    |288| »Du hattest Glück, mein Freund. Man nennt ihn nicht umsonst Beherrscher der Seelen.«
    »Beherrscher der Seelen?«
    »Wer sein eigenes Leben mißachtet, wird leicht zum Beherrscher des Lebens anderer – hüte dich, denn Menschen wie diese sind oft auch Beherrscher der Seelen«, zitierte Fidelma einen überlieferten Sinnspruch.
    Aufmerksam sah Ganicca sie an. »Du kennst den weisen Lehrsatz aus alten Zeiten?«
    »Mein Lehrer, der Brehon Morann,

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