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Tod vor der Morgenmesse

Tod vor der Morgenmesse

Titel: Tod vor der Morgenmesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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sein.«
    Eadulf schüttelte den Kopf. »Warum erst nordwärts marschieren, um dann wieder hierher zu segeln? Außerdem sind Schiffbruch und Gefangennahme der Frauen bereits drei Wochen her.«
    »Die Insel ist ein idealer Ort, um ahnungslose Schiffe auf die Felsen auflaufen zu lassen«, stellte Socht sachlich fest.
    »Wieso?« fragte Eadulf.
    »Die Durchfahrt zum Süden der Insel ist schmal, aber die Farbe des Wassers zeigt deutlich, daß es tief genug ist. Selbst Schiffe aus dem fernen Gallien laufen hier ein, um bei der Abtei von Colmán im Osten gefahrlos vor Anker zu gehen. Hat man erst mal die Insel passiert, sind die Schiffe vor den unberechenbaren Wassern des stürmischen Ozeans geschützt und finden einen sicheren Hafen. Könnt ihr euch aber vorstellen, was einem Schiff droht, daß nördlich der Insel schnurstracks auf Grund läuft oder am äußersten Südende buchstäblich in die Klippen rast?«
    »Von diesem Aussichtspunkt hier oben leuchtet einem das ohne weiteres ein«, stimmte ihm Eadulf zu. »Woher hast du diese Weisheiten, Socht?«
    »Socht ist einer unserer besten Krieger und versteht außerdem etwas von der Seefahrt. Er kennt die Küsten und ihre Beschaffenheit in- und auswendig«, antwortete Conrí für ihn.
    »Schrecklich, was für Verbrechen hier geschehen sind. Ich |278| glaube, wir haben genug gesehen. Soviel steht fest, die da unten wußten, daß es in der Festung etwas zu holen gab, und sind nur deshalb hier«, faßte Fidelma ihre Eindrücke zusammen. »Wir können davon ausgehen, daß die Besatzung dort das Schiffsunglück vorsätzlich herbeigeführt hat. Sie haben auch das Leben der unglücklichen Seeleute, die es an Land schafften, auf dem Gewissen. Zudem fährt das Schiff, das in den Gewässern hier auf der Lauer liegt, unter der Kriegsflagge des Eoganán der Ui Fidgente.«
    »Wenn es wirklich Ui Fidgente sind, dann kann es sich nur um Rebellen und Verräter handeln. Schließlich haben wir miteinander Frieden geschlossen«, erklärte Conrí, der sich bemüßigt fühlte, seinen Stamm wie schon so oft zu verteidigen.
    »Das kann durchaus sein«, erwiderte Fidelma. »Eine Flagge muß nicht unbedingt etwas über die Identität der Person aussagen, die sie benutzt. Unsere Hauptaufgabe aber bleibt es, den Entführern der Nonnen auf die Spur zu kommen. Nur würde ich zunächst ganz gern die kleine Ansiedlung erreichen, von der Eadulf sprach, bevor wir Hungers sterben.«
    »Du glaubst also nicht, daß wir auf dem Schiff dort unten die frommen Frauen finden könnten, die die Äbtissin Faife begleitet haben?« Conrí war sichtlich enttäuscht.
    »Wir haben keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Strandräuber und die Entführer die gleichen Personen sind«, entgegnete Fidelma mit einer Stimme, die keinen Widerspruch zuließ. Sie saßen auf und ritten weiter.
    Obwohl es empfindlich kühl war, empfanden sie den Ritt durch die Berge als angenehm. Der Himmel zeigte ein blasses Blau, und die noch schwache Sonne glitzerte auf dem Schnee und dem kristallklaren Wasser der Gebirgsquellen, so daß man den Eindruck einer strahlenden Helligkeit hatte. Eadulf erkannte |279| Weg und Umgebung. Zuversichtlich zogen sie durch das felsige und terrassenförmige Gelände, das steil emporstrebte. Von fernen Gipfeln stürzten Wassermassen in die Tiefe. Mehrere alte graue Grabsteine gemahnten sie an längst vergangene Zeiten. Dann überschritten sie die Baumgrenze und tauchten wieder in bewaldetes Gebiet ein. Eadulf schlußfolgerte daraus, daß es nicht mehr weit bis zu der Furt sein konnte, an der der kleine Weiler lag. Er wollte eben seinen Gefährten das nahende Ziel in Aussicht stellen, als er ein seltsam zischendes Geräusch vernahm und gleich darauf einen Aufschlag.
    Der Pfeil landete in einem Baum, keine Armlänge von Conrís rechter Schulter entfernt. Sein Pferd scheute nervös, woraufhin auch die anderen Tiere panisch reagierten, an den Zügeln zerrten und die schreckgeweiteten Augen nur noch das Weiße sehen ließen.
    Conrí und seine Leute griffen nach ihren Waffen, doch schon rief eine Stimme: »Keine Bewegung! Das war nur ein Warnschuß. Wenn wir dich hätten treffen wollen, wäre uns das ein leichtes gewesen. Steigt von den Pferden!«
    Conrí zögerte.
    Ein zweiter Pfeil schwirrte heran. Diesmal schien er aus einer anderen Richtung zu kommen und traf einen Baum hinter ihnen.
    »Nicht daß ihr glaubt, es handele sich nur um einen Schützen. Ihr seid umzingelt. Und damit genug der Warnungen. Runter von den

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