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Tod vor der Morgenmesse

Tod vor der Morgenmesse

Titel: Tod vor der Morgenmesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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hatten sich auch im Ärmel von Schwester Uallanns wollener Kutte verhakt. Fidelma las ein paar davon ab, hielt sie in der Handfläche und betrachtete sie eingehender.
    »Ich kann nur hoffen, daß derjenige, für den die Arznei bereitet wurde, sie nicht schlucken muß. Die Körnchen sind spitz und hart wie Stein.«
    »Also, was willst du eigentlich von mir?« lenkte Schwester Uallann ungeduldig ab.
    Fidelma setzte sich ihr genau gegenüber, die Kristallsplitter ließ sie zu Boden gleiten
    »Ich muß dir ein paar Fragen stellen, Schwester Uallann.«
    Die Apothekerin blinzelte und richtete ihre blaßblauen Augen auf Fidelma.
    »Man hat mir gesagt, du hättest die Leiche der Äbtissin Faife untersucht, als sie hier nach Ard Fhearta gebracht wurde.«
    »Dem ist so, ja.«
    »Und dann hast du sie zur Bestattung zurechtgemacht?«
    »Natürlich, was sonst?«
    »Kannst du mir etwas darüber sagen, wie sie zu Tode gekommen ist?«
    Gereizt zog die Heilkundige die Luft ein. »Durch einen Stich von einer Klinge. Ganz glatt. Sehr scharf. Ich behaupte, an so einer Wunde stirbt man sofort. Augenblicklich.«
    »Du meinst, einzig und allein eine Klinge und nichts anderes kann die Todeswunde verursacht haben?«
    »Es war ein Schwert oder ein breiter Dolch. Könnte die Waffe eines Kriegers gewesen sein.«
    Fidelma runzelte leicht die Stirn. »Warum glaubst du, es war ein Krieger?«
    |102| »Weil die Klinge sehr scharf und sauber war. Nur ein Krieger bemüht sich, seine Klinge ganz scharf und sauber zu halten. Und daß sie scharf und sauber war, sah man an der Wunde, die sie verursacht hat.«
    »Das ist eine logische Schlußfolgerung«, stimmte ihr Fidelma zu.
    »Der Leichnam fing schon an zu verwesen, aber wegen der Kälte war die Verwesung noch nicht weit fortgeschritten. Das kam wohl daher, weil er unter Schnee und Eis gelegen hatte. Die Wundränder waren sauber, und der Stoß ist von oben nach unten geführt worden, ja, nach unten.«
    Wieder staunte Fidelma, mit welcher Bestimmtheit die nicht mehr junge Ärztin ihre Feststellungen traf.
    »Wie kommst du zu dieser Ansicht?«
    »Auf Grund der Art der Wunde, auf Grund des Winkels, mit dem die Klinge in die Brust gedrungen ist. In der Schlacht empfangene Wunden behandle ich schon viele Jahre. Mit Schwert- oder Dolchwunden kenne ich mich aus. Meiner Meinung nach hat Äbtissin Faife entweder auf der Erde gekniet, oder der Angreifer saß hoch zu Roß, und sie stand vor ihm.«
    Fidelma durchdachte die Erläuterung. »Das klingt plausibel. Hast du sonst noch etwas bemerkt, das einen Rückschluß auf den Täter zuläßt?«
    Schwester Uallann verneinte kopfschüttelnd.
    »Kommen wir noch zum Tod des Ehrwürdigen Cináed«, fuhr Fidelma fort. »Du hast die Leiche untersucht und zur Bestattung bereitet.«
    »Das war ja erst vor ein paar Tagen«, erwiderte die Ärztin verdrossen.
    »Und die Todesursache war …?«
    Überrascht blickte Schwester Uallann sie an.
    |103| »Ich war der Meinung, das hätte man dir längst erzählt.«
    »Ich muß es aus dem Munde des Arztes erfahren, der den Toten untersucht hat.«
    »Er ist unmittelbar nach einem heftigen Schlag auf den Hinterkopf gestorben. Der Schädel wurde zertrümmert, und Knochensplitter drangen ins Hirn.«
    »Es gab nur eine Wunde?«
    »Es war lediglich ein einziger Schlag. Mehr war auch nicht nötig.«
    »Und nach dem Schlag, kann er sich da noch bewegt haben?«
    Schwester Uallann hatte nichts als einen mitleidigen Blick für sie übrig. »Wenn du glaubst, ein Toter kann sich bewegen, dann hat er es vielleicht noch gemacht«, höhnte sie sarkastisch.
    »Ich versuche nur, mir ein Bild von den Tatsachen zu verschaffen«, erwiderte Fidelma ruhig. »Der Schlag wurde von hinten mit solcher Wucht ausgeführt, daß der Schädel zertrümmert wurde, ist das richtig?«
    »Das habe ich doch gesagt.«
    »Aber als man den Leichnam fand, lag er auf dem Rücken.«
    Schwester Uallann blieb völlig unbeeindruckt.
    »Daraus ergibt sich logischerweise, daß der Mörder ihn auf den Rücken gedreht hat, nachdem er zugeschlagen hatte.«
    »Sicher ergibt sich das ganz logisch«, unterstrich Fidelma und lächelte nachsichtig, »aber ich wäre doch eine armselige
dálaigh,
wenn ich mir nicht von der Ärztin das bestätigen ließe, was medizinisch logisch scheint. Ich vermute, du hast den Ehrwürdigen Cináed gut gekannt.«
    »Ziemlich gut«, hieß es widerborstig.
    »Wäre es zuviel gesagt, daß du eng mit ihm befreundet warst?«
    »Eng nicht gerade. Einige seiner

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