Tod vor der Morgenmesse
zu werden, muß er in direkter Linie vom Hauptzweig unserer Familie abstammen. Und Eoganáns Linie ist, wie ich ja sagte, praktisch ausgelöscht.«
|139| »Wie konnte dann aber dieser Donennach als euer Fürst akzeptiert werden?« wollte Eadulf wissen.
»Weil die Genealogen seine Herkunft über neun Generationen auf Bríon zurückverfolgen konnten. Eoganán stammt von einem anderen Sohn Bríons ab.«
»Demnach könnte es solch einen Anführer geben, wenn irgendwer von diesem Bríon abstammt? Und Mac Faosma könnte im Hintergrund die Fäden ziehen und versuchen, Haß zu säen?«
»Beides ist möglich«, bestätigte Conrí. »Aber ich sehe niemanden, der populär genug wäre, den Versuch zu wagen, Donennach zu stürzen.«
»Vor ein paar Monaten wäre vielleicht Uaman der Mann dafür gewesen«, merkte Eadulf bitter an.
Conrí winkte ab.
»Uaman, den Aussätzigen, selbst wenn er noch am Leben wäre, hätte man nach unserem Gesetz nicht akzeptiert Ein Fürst muß ohne Fehl und Tadel sein, darf körperlich und geistig keinen Makel haben.«
»Ich fürchte, wir begeben uns in unseren Erwägungen auf eine falsche Spur«, warf Fidelma ein. »Vielleicht hat der Streit zwischen Mac Faosma und Cináed über die Uí Fidgente gar nichts mit Cináeds Ermordung zu tun. Worauf ich aufmerksam machen wollte, war nur, daß es zwischen den beiden zu heftigen Animositäten kam, und das sollten wir im Hinterkopf behalten.«
Eadulf seufzte. »Also, wie gehen wir nun weiter vor? Dem Abt hast du gesagt, daß wir Ard Fhearta morgen verlassen. Aber wohin? Wo fangen wir mit unserer Suche nach den vermißten frommen Schwestern an?«
»An der Stelle, wo sie verschwunden sind, im Gebiet der Corco Duíbhne«, erwiderte Fidelma. »Ich schlage vor, wir |140| bitten Mugrón, uns dorthin mitzunehmen, wenn er die Segel setzt. Ich weiß von ihm, daß er an einem der nächsten Tage dorthin aufbrechen wollte.«
»Und Cináed? Gibst du es auf, die Umstände, die zu seiner Ermordung führten, weiter zu ergründen?«
Fidelma strafte ihn mit einem ärgerlichen Blick. Abt Erc hatte eine ähnliche Bemerkung gemacht, und sie hatte sich gefragt, ob der Wunsch der Vater des Gedankens sei.
»Ich belasse es nie bei halb erledigten Dingen, das weißt du, Eadulf. Sobald es das Wetter erlaubt und Mugrón bereit ist, unter Segel zu gehen, verlassen wir Ard Fhearta. Bis dahin kann ich noch Schwester Sinnchéne und Schwester Buan befragen.«
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KAPITEL 7
Fidelma bat Conrí, den Händler Mugrón aufzusuchen und mit ihm die Absprache für ihre Überfahrt zum Stammesgebiet der Corco Duíbhne zu treffen. Sie wollten die kurze Schiffsreise über die Bucht unternehmen, sobald er unter Segel gehen konnte. Kaum war er losgezogen, um den Auftrag auszuführen, machten die Anwältin und Eadulf sich zu Schwester Buan auf. Sie fanden sie in den Räumlichkeiten vor, in denen der Ehrwürdige Cináed gelebt und gearbeitet hatte. Daß hier auch Schwester Buan wohnte, war unverkennbar.
Die Nonne erwies sich als eine unscheinbar aussehende Frau schwer zu bestimmenden Alters; Eadulf schätzte sie auf etwa vierzig Jahre. Sie war schmächtig, hatte leicht rundliche Schultern, korngelbes Haar und helle blaue Augen. Ihre scharf geschnittenen Gesichtszüge hätten sogar etwas Angenehmes gehabt, hätte sie sich und anderen zuweilen ein Lächeln gegönnt. |141| Gegenwärtig waren sie gramzerfurcht, die Augen rotgerändert. Aus jeder Falte des Gesichts, aus jeder Bewegung des Körpers sprach Kummer.
Sie öffnete die Tür, zeigte sich von dem Besuch keineswegs überrascht und ließ Fidelma und Eadulf herein.
»Ich habe euch schon erwartet«, erklärte sie unumwunden, während sie zur Seite trat und den Eingang zum Wohnraum freigab. »Du bist die
dálaigh
von Cashel und du ihr angelsächsischer Begleiter. Man hat mir gestern abend im Refektorium bedeutet, wer ihr seid. Ich werde eure Fragen beantworten, so gut ich kann.«
»Danke, Schwester Buan«, erwiderte Fidelma, als sie sich in dem kalten Zimmer setzten. Das Feuer war ausgegangen, von der Torfglut nur ein schwarzes Häufchen geblieben. »Man hat uns erzählt, du wärst die Haushälterin des Ehrwürdigen Cináed gewesen.«
»Seine
cétmuintir
«, stellte sie richtig.
Fidelma warf Eadulf einen Blick zu.
»Du warst seine rechtmäßige Ehefrau?« fragte er verblüfft.
Herausfordernd reckte sie das Kinn. »Erstaunt dich das? Ich hätte nicht gedacht, daß du einer von denen bist, die sich die aus Rom kommenden Vorstellungen
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