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Tod vor der Morgenmesse

Tod vor der Morgenmesse

Titel: Tod vor der Morgenmesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Bug zu kreuzen oder …«
    Er stockte.
    »Was ist?« rief Fidelma.
    »Siehst du das
méirge
– sein Kriegsbanner?«
    Fidelma schaute hoch zum Toppmast, von dem ein langes Banner wehte. Es sah wie ein weißer Streifen Seide aus, und weil der Wind das Schiff von hinten traf, flatterte es fast waagerecht vor dem Mast.
    |221| »Ich kann das Wappen darauf nicht richtig erkennen«, rief sie. »Sieht aus wie ein Baum …«
    Ihr Blick fiel auf das Deck des Schiffes. An der Reling standen aufgereiht Männer, die runde Schilde vor sich hielten. Glänzende Metallflächen blitzten.
    »Es ist ein Baum«, bestätigte Conrí. Fast wollte ihm die Stimme versagen. »Eine Eiche, die von einem Helden beschützt wird.«
    »Weißt du, wer so ein Wappen führt?«
    Conrí lachte rauh auf. »O ja. Das ist Eoganáns Schlachtenbanner von den Uí Fidgente.«
    Fidelma konnte es kaum glauben und starrte auf den glänzenden Satinstreifen.
    Allen war klar, daß das Kriegsschiff auf sie zuhielt, um sie abzufangen. Ebenso klar war, daß die Mannschaft keine guten Absichten hegte. Der Abstand zwischen den Schiffen wurde erschreckend schnell geringer. Jetzt wurde auch das Ziel des feindlichen Kapitäns deutlich. Südwärts näherten sie sich der Einfahrt in eine mäßig große Bucht.
    »Müßten wir nicht Deckung suchen und da hineinfahren?« warnte Fidelma.
    Niemand antwortete ihr, denn ein paar probehalber abgeschossene Pfeile stiegen von dem herankommenden Schiff auf und fielen kurz vor Mugróns Boot harmlos aufklatschend ins Meer.
    »Dauert nicht lange, und sie haben sich auf uns eingeschossen«, murmelte Conrí. »Spannt eure Bogen!« rief er seinen beiden Kriegern zu. »Zeigt ihnen, daß wir kämpfen werden!«
    Davon hielt Mugrón überhaupt nichts. »Du glaubst doch nicht im Ernst, mit deinen beiden Kriegern die dreißig oder vierzig Mann von dem Schiff aufhalten zu können! Sollen wir |222| alle umgebracht werden, weil du dich nicht kampflos unterwerfen willst?«
    »Lieber im Kampf fallen, als sich ergeben und abgestochen werden«, knurrte Conrí.
    »Sich ergeben, wem?« fragte Eadulf ganz verwirrt. »Ich denke, Eoganán ist tot?«
    »Das ist er«, erwiderte Conrí, und seine Stimme zitterte vor Wut. »Die da seine Fahne aufgezogen haben, das sind Rebellen, Geächtete, ehrlose Kerle, die den Friedensschluß zwischen den Uí Fidgente und Cashel ablehnen. Die lassen uns nicht lebendig entkommen.«
    Mugrón hatte noch keinen Entschluß gefaßt. »So was ist hier noch nie passiert. Nicht einen Überfall hat es hier mehr gegeben seit …«
    Sie hörten einen dumpfen Aufprall. Ein Pfeil hatte sich in die Bugreling des Schiffs gebohrt.
    »Jetzt haben sie uns in Schußweite«, schrie Conrí unnötigerweise.
    Gleich darauf wurden drei oder vier Pfeile auf sie abgeschossen und ließen einen dünnen Rauchstreifen hinter sich.
    »Brandpfeile!« brüllte Mugrón.
    Die Pfeile gingen kurz vor dem Handelsschiff nieder und verlöschten in der See.
    »Können wir nicht Schutz in der Bucht dort suchen?« forderte Fidelma noch einmal und wies nach Süden in die Bucht.
    »Da haben sie uns«, blaffte Mugrón. »Sind wir erst einmal in der Bucht, kommen wir nicht wieder heraus. Wir wären gefangen wie Ratten in der Falle.«
    »Aber wir können doch nicht tatenlos zusehen«, wütete Conrí.
    Vom Kriegsschiff flogen ein halbes Dutzend weiterer Brandpfeile herüber. Zwei trafen das Vorderdeck, und sofort |223| rannten zwei von Mugróns Mannschaft hin, rissen sie heraus und warfen sie über Bord. Schon waren sich die Schiffe reichlich nahe. Man hörte, wie die Krieger in freudiger Erregung ihre Schwerter gegen die Schilde schlugen. Jetzt war auch das Seidenbanner deutlich zu erkennen. Conrí hatte recht. Eine Eiche war darauf abgebildet und davor ein Krieger mit Schwert und Schild. Eadulf wußte, daß die Eiche zu den Bäumen gehörte, die den Bewohnern der fünf Königreiche heilig waren.
    Mugrón wies seine Mannschaft lauthals an, sich hinter den Ballen mit den Handelsgütern zu ducken.
    »Wir fahren auf eine Insel zu«, warnte Fidelma, doch auch der Kapitän hatte sie längst gesehen und schien geradewegs darauf zuzusteuern. Unerschütterlich stand sie neben dem Kaufmann, der sich über die Ruderpinne beugte. »Mugrón, die Insel!« wiederholte sie.
    »Seh ich auch«, grummelte der.
    Dann schwirrten wieder Pfeile um sie herum.
    »Geh in Deckung, Fidelma!« stöhnte Eadulf, der neben der Schiffswand kauerte. Er fühlte sich bei dem Seegang so schwach auf den Beinen,

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