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Tod vor der Morgenmesse

Tod vor der Morgenmesse

Titel: Tod vor der Morgenmesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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sich Reste eines kleinen Lagerfeuers, verstreute Steingutgefäße und etliche Lumpen … Nein, nicht Lumpen, Kleidungsstücke. Eins betrachtete sie näher. Es war eine Lederweste, wie sie Seeleute trugen, und genau von der Art, wie sie sie an den auf der Insel herumliegenden Leichen gesehen hatte. Und gleich daneben entdeckte sie einen Stiefel – einen
coisbert
.
    Sie verließ das
coirceogach
und hielt Conrí die beiden Sachen entgegen.
    »Sind das Stiefel und Weste, die Mugrón dir gezeigt hat?« Conrí nickte.
    »Es muß nicht unbedingt etwas bedeuten«, meinte sie und legte die Gegenstände wieder in die Hütte. »Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, wie die Sachen hierhergelangt sind. Es könnte zum Beispiel sein, jemand hat sie einer der Leichen ausgezogen und hier fallen lassen. Oder einer der Männer, die Faife umgebracht haben, hat sie bei sich gehabt oder hatte das Zeug sogar selbst an. Denkbar wäre vieles.«
    Ungeduldig blickte Conrí zum Himmel.
    »Wir sollten hier nicht unnütz Zeit vergeuden. Wir müssen |267| etwas finden, wo wir übernachten können«, mahnte er. »Es dürfte kalt werden, und ich habe wenig Lust, im Freien unter Bäumen zu schlafen.«
    »Gleich hier weiter oben am Berg liegt ein Dorf. Da gibt es für uns bestimmt ein geschütztes Plätzchen. Die Bewohner von dort sind übrigens genau die, die Uamans Festung zerstört haben, als sie erfuhren, daß seine Schreckensherrschaft zu Ende war.«
    »Können nur hoffen, daß sie Fremden gegenüber jetzt zugänglicher sind«, murmelte der Kriegsherr.
    »Daraus, wie sich Menschen in extremen Situationen verhalten, darf man nicht Schlußfolgerungen auf ihre Umgangsart schlechthin ziehen«, gab Eadulf zu bedenken. »Ich bin ganz sicher, man erweist uns Gastfreundschaft.«
    »Dann geleite uns dorthin«, forderte ihn Fidelma auf. »Wir haben einen langen Tag hinter uns.«
    Sie saßen wieder auf, und Eadulf übernahm die Führung. Sie blieben auf dem ansteigenden Trampelpfad, der, wie er glaubte, sie zu der gesuchten Ansiedlung bringen würde. Sie lag an den noch sanften Abhängen der Berglandschaft; etwas weiter oben war die Baumgrenze, über der die gewaltigen, kahlen Felsmassive des Sliabh Mis emporragten. Eadulf schwenkte zur Seite, und kurz darauf befanden sie sich mitten im Dorf. Am Ende der kleinen Ortschaft war traditionsgemäß die Schmiedewerkstatt, und links und rechts vom Weg standen mehrere Gebäude, teils aus Stein, teils aus Holz. Noch war es nicht völlig dunkel, und Eadulf wunderte sich über die absolute Stille. Der Ort schien verlassen.
    »Bist du sicher, daß wir hier richtig sind, Eadulf?« fragte Fidelma und und ertappte sich dabei, daß sie flüsterte.
    »Ja.« Er beugte sich auf seinem Sattel etwas vor und rief laut: »Hoi! Hoi!«
    |268| Aufgeschreckt flatterten ein paar Vögel in die Höhe, das war aber auch das einzige Lebenszeichen.
    Conrís zwei Krieger hatten die Schwerter gezückt und streiften wachsam durch die Siedlung.
    »Allem Anschein nach sind die Bewohner auf und davon«, kommentierte Conrí das Offensichtliche.
    Eadulf ritt die Häuserreihe ab, warf hier und da einen Blick in halb offen stehende Türen. Es stimmte. Das Dorf war vollkommen verlassen, aber dem Zustand der Gebäude nach zu urteilen erst seit kurzem.
    Fidelma war bereit, sich in ihr Schicksal zu ergeben.
    »Aus der erhofften Gastfreundschaft wird nichts, aber zumindest haben wir zur Nacht ein Dach über dem Kopf«, meinte sie sachlich.
    Eadulf zeigte auf eins der Häuser.
    »Das dort macht einen brauchbaren Eindruck. Hat sogar einen Brunnen.«
    Sie saßen ab. Socht und sein Kumpan übernahmen die Pferde und begaben sich auf die Suche nach einem brauchbaren Unterstand für die Tiere. Conrí entfachte in der Herdstelle ein Feuer, während Eadulf die beiden Räume inspizierte. In einem fand sich ein hölzernes Bettgestell, auch Truhen, die die Bewohner in aller Hast ausgeräumt haben mußten, denn vereinzelte Stücke lagen noch darin.
    »Dem Staub nach zu urteilen sind die Leute nicht länger als ein oder zwei Wochen fort«, schlußfolgerte Fidelma. »Möchte wissen, was sie vertrieben hat.«
    Kurz darauf kam der zweite Krieger zurück. In der einen Hand hatte er einen Bogen und grinste über das ganze Gesicht. Ohne ein Wort zu sagen, hielt er mit der anderen Hand zwei Kaninchen in die Höhe.
    Conrí schmunzelte ihm anerkennend zu.
    |269| »Verhungern werden wir also heute abend nicht. Wasser haben wir auch, und in meiner Satteltasche gibt es

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