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Tod vor der Morgenmesse

Tod vor der Morgenmesse

Titel: Tod vor der Morgenmesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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sind wir wieder bei ihm.«
    Eadulf war das Herz schwer; sanft drückte er ihr die Hand.
    »Nur lassen sich Erinnerungen schwer verdrängen, besonders an einem Ort wie diesem. Es ist erst so kurze Zeit vergangen, seit ich das letzte Mal hier war. Die Erinnerungen an das Geschehene sind hartnäckig und gönnen mir keine Ruhe.«
    Fidelma verzog schmerzlich das Gesicht, und Eadulf fiel plötzlich auf, daß sie merkwürdig helle Augen hatte.
    »Verzeih«, sagte er liebevoll.
    Mit einer raschen Bewegung bedeckte sie die Augen mit einer Hand, als wollte sie verbergen, daß sie ihr feucht wurden.
    »Ich bin in meinen Gefühlen zu selbstbezogen«, gab er zu. »Das ist ein großer Fehler von mir.« Zärtlich nahm er sie in die Arme.
    |275| Sie zwang sich zu einem Lächeln.
    »Brehon Morann sagte immer, die wahrhaft guten Menschen haben keine Fehler. Ich bin mir meiner eigenen Fehler sehr wohl bewußt. Und was deine Unruhe angeht, die teile ich mit dir. Es ist verdammt schwer, Schwester des Königs und gleichzeitig eine
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zu sein. Oft genug lassen die Pflichten keinen Spielraum für die Frau, geschweige denn für die Mutter. Und doch sind Frau und Mutter ein entscheidender Teil meiner Person. Du müßtest das am ehesten wissen.«
    Eadulf senkte beschämt den Kopf. Dann räusperte er sich und wechselte das Thema. »Versuchen wir, ein wenig zu schlafen; morgen früh müssen wir zeitig aufbrechen.«
     
    Am nächsten Morgen war Fidelma die erste, die aufwachte. Iobcar, Sohn von Starn, dem Schmied, war mit samt seinem Pfeil und Bogen schon auf und davon. Sie ging zum Brunnen, schöpfte Wasser und wusch sich rasch. Als sie fertig war, wurden auch Eadulf und die anderen munter. Obwohl sie nichts Eßbares im Haus hatten, kein Obst, keinerlei Beeren, wollten sie nicht unnütz viel Zeit mit der Jagd nach Niederwild zum Frühstück vertun. Sie waren es gewohnt, sich an Mittwintertagen mit wenigem zu begnügen. Man beschloß, unverzüglich aufzubrechen und erst mittags eine Essenspause zu machen. Eadulf versicherte ihnen, daß sie bis dahin eine kleine Ansiedlung erreicht haben würden, wo man sie gastfreundlich aufnehmen würde. Sie stillten ihren ersten Durst mit frischem Wasser aus dem Brunnen, sattelten die Pferde und folgten einem Pfad quer über den Bergsattel, von dem Eadulf überzeugt war, daß es der richtige war.
    Geduldig kletterten die Pferde bergan, und als sie die Baumgrenze erreichten, öffnete sich ihnen ein herrlicher Blick auf die schmale Bucht unten.
    |276| »Seht bloß!« rief Conrí, und alle blieben stehen. Er zeigte auf die Insel unter ihnen.
    Ein großes Schiff hatte sich in die Bucht gewagt und lag unweit der Insel vor Anker. Einige Männer refften die Segel, während andere seitlich am Schiff ein Ruderboot ins Wasser setzten. Das Gefährt kam Fidelma und Eadulf irgendwie bekannt vor, aber erst, als ein Windstoß die Flagge am Hauptmast wehen ließ, wußten sie, warum. Überrascht wandte sich Fidelma an Conrí.
    »Das ist das Kriegsschiff, das uns vor den Machaire-Inseln angegriffen hat.«
    Conrí war das auch bereits aufgegangen.
    »Es muß neue Segel aufgezogen und das Ende der Halbinsel umrundet haben und dann in die Bucht hier gesegelt sein. Aber aus welchem Grund sollten sie uns verfolgen wollen?«
    »Die sind nicht hinter uns her.« Fidelma schüttelte den Kopf. »Wie sollten die wissen, daß wir die Halbinsel überqueren wollten?«
    »Aber was führen sie dann im Schilde?« fragte Conrí.
    »Am besten, wir sitzen ab, damit sie nicht merken, daß sie beobachtet werden«, riet Eadulf. »Vielleicht können wir sehen, was sie auf der Insel treiben.«
    Socht führte die Pferde hinter eine Felsgruppe, wo sie nicht von neugierigen Blicken entdeckt werden konnten.
    Sie selbst kauerten sich zwischen das Geröll, von wo aus sie Einblick in die Bucht hatten, ohne bemerkt werden zu können. Schon bald wurde offenbar, was die Besatzung des Schiffes vorhatte.
    »Die laden die Fracht von dem Wrack um«, stellte Conrí verblüfft fest.
    »Ob die bei dem Schiffsunglück ihre Hand mit im Spiel hatten?« fragte Eadulf.
    |277| »Vielleicht haben sie das Unglück absichtlich herbeigeführt und das Frachtgut sichergestellt, um es später zu holen«, erwog Fidelma.
    »Dann müßten es dieselben Männer sein, die Faife umgebracht und ihre Gefährtinnen entführt haben. Sie sind nordwärts gezogen und an der Nordseite der Insel auf ihr Schiff gegangen«, schlußfolgerte Conrí. »Demnach müßten die Gefangenen an Bord

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