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Todesacker

Todesacker

Titel: Todesacker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth Thomas Bauer
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Toten verlangten nach Gerechtigkeit.

30

Dienstag
    G arda Lenaghan brachte Fry zunächst zum Garda-Revier in der Oscar Traynor Road in Coolock und stellte sie seinem Inspector vor. Erst als der Garda im Büro seine Jacke auszog, sah sie, dass er bewaffnet war.
    »Ist das normal?«, fragte sie ihn.
    »Die Waffe? Die verleiht mir moralische Autorität.«
    Vor dem Garda-Revier hing ein Geruch in der Luft, bei dem Fry ein vertrautes Verlangen verspürte. Als sie mit Lenaghans Wagen um die Ecke bogen, entdeckte sie auf der anderen Straßenseite eine riesige Cadbury-Süßigkeitenfabrik. Daher kam also der Geruch. Wie hielten die Leute das nur aus? Wenn sie in Coolock gearbeitet hätte, wäre sie binnen weniger Wochen ein Wrack gewesen.
    Nach Frys Erfahrung fühlte Lenaghan sich im Gegensatz zu den meisten Iren wohl mit Schweigen.
    »Sie haben zwei unidentifizierte Leichen, habe ich gehört«, sagte er nach einer Weile.
    »Inzwischen ist es nur noch eine. Die erste konnten wir inzwischen identifizieren. Eine slowakische Gastarbeiterin.«
    »Ah.«
    Lenaghan nickte nachdenklich. »Denken Sie, wir kommen womöglich zusammen?«, fragte er.
    »Wie bitte?«
    »Ich habe mich gefragt, ob wir Ihre Tote vielleicht einer unserer Vermisstenanzeigen zuordnen können. Wir hätten da ein paar zur Auswahl. Zum Beispiel eine Kosovarin, die seit Januar 2004 vermisst wird. Würde Ihnen die passen? Hier ist sie, sehen Sie – dreiunddreißig Jahre alt, einen Meter fünfundsiebzig groß, schlank, langes dunkles Haar, braune Augen. Ihr Name ist Lilijana. Als sie das letzte Mal gesehen wurde, war sie mit dunkler Jacke, schwarzem Pullover, marineblauer Hose und braunen Wildlederstiefeln bekleidet.«
    »Zu alt und zu groß«, erwiderte Fry.
    »Okay. Tja, dann hätten wir noch eine Achtundzwanzigjährige aus der Grafschaft Mayo, die seit Dezember 2000 vermisst wird. Sie ist nur eins zweiundfünfzig groß. Zierlich, kurzes braunes Haar mit roten Strähnen. Schwarze Hose, kastanienbrauner Rollkragenpullover, beigefarbene ärmellose Jacke. Sie waren alle nicht gerade Modeikonen, wissen Sie.«
    »Gehen bei Ihnen viele Vermisstenanzeigen ein?«, erkundigte sich Fry.
    »Oh, ja. Sie reichen bis 1991 zurück. Über die davor machen wir uns keine großen Gedanken mehr. Aber es wäre schön, wenn wir eine unter Dach und Fach bringen könnten. Sind Sie sicher, dass Lilijana Ihnen nicht zusagt?«
    »Tut mir leid, aber ich glaube, da kann ich Ihnen nicht helfen. Aber ich gebe Ihnen Bescheid.«
    Lenaghan seufzte. »Na gut. Wahrscheinlich wurden sie sowieso hier in der Gegend ermordet. Das hier ist die Mordhauptstadt des Landes, Sergeant. Wussten Sie das?«
    »Nein, das wusste ich nicht.«
    »In Dublin wimmelt es heutzutage nur so von Handfeuerwaffen. Man kann für zweihundert Euro eine kaufen, wenn man weiß, in welche Bar man dazu gehen muss.«
    Sie fuhren an einer Gedenkstätte namens Starlight Club Memorial vorbei, das ein weiteres Echo in Fry auslöste. Sie war sich sicher, dass sie es hätte erkennen sollen, doch sie wagte es nicht, danach zu fragen, da sie Angst hatte, abermals ihr Unwissen preiszugeben.
    »Sehen Sie sich diese Fabrik da an«, sagte Lenaghan und deutete auf ein riesiges Gebäude neben der Straße. »Das ist die ehemalige Tayto-Chipsfabrik. Als Kind habe ich immer das Fenster heruntergekurbelt, wenn wir hier vorbeifuhren. Dann wehte der wunderbare Chipsduft ins Auto.«
    Fry lachte, als Lenaghan so tat, als würde er den Geruch gierig inhalieren. Er stimmte fröhlich in ihr Lachen ein.
    »Ah, aber heute wird das nichts mit dem Duft, Sergeant«, sagte er. »Die Tayto-Fabrik wurde vor zwei Jahren geschlossen. Auslagerung der Produktion nennt man das.«
     
    Martin Rourkes Haus befand sich in einer Straße hinter der Bunratty Road, in der Nähe des Northside-Einkaufszentrums. Da die Gardai Rourke bereits in Untersuchungshaft genommen hatten, konnten Fry und Lenaghan sein Haus durchsuchen.
    Fry ging durch die Zimmer, ohne irgendetwas Interessantes zu finden, bis sie zu den Schlafzimmern kam. Bei dem ersten handelte es sich um einen kleinen Raum mit Kinderzimmertapeten. Mr Happy und Little Miss Giggles.
    »Stehen kleine Kinder heutzutage immer noch auf Mr Men?«, fragte Fry.
    »Im Vorschulalter schon, glaube ich.«
    »Dann hat Rourke also ein Kind im Vorschulalter?«
    »Hm, ich glaube nicht, dass seine Tochter noch bei ihm wohnt«, sagte Lenaghan. »Ich nehme an, die Mutter hat sie mitgenommen.«
    An einer Wand stand ein Einzelbett, ordentlich

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