Todesacker
nur Nada genannt.«
»Und sie wurde bei der Explosion getötet?«
»So ist es. Glücklicherweise war sie die Einzige, die so nahe dran war. Es waren noch andere Leute da, aber die haben sich nur ein paar Schnittverletzungen zugezogen und ein oder zwei von ihnen Säureverbrennungen. Nichts Ernstes.«
»Und was haben Sie dann getan?«
»Ein paar von den Arbeitern sind in Panik geraten, aber Tom Farnham hat sie wieder beruhigt. Er hat gesagt, auf der Farm wäre genug Platz, um eine Leiche so verschwinden zu lassen, dass kein Mensch sie jemals findet. Außerdem, wer würde schon nach ihr suchen? Wie ich schon gesagt habe, sind diese Leute immer schnell wieder verschwunden. Die wollen unauffindbar sein.«
»Also haben Sie sie auf der Farm begraben?«
»Ja.«
»Und die Brüder Sutton hatten nichts dagegen?«
Rourke schnaubte. »Wie hätten die etwas dagegen haben können? Sie hatten doch drei Jahre zuvor selbst genau dasselbe gemacht.«
Cooper hatte sich nach der Befragung eines Zeugen noch nie so schlecht gefühlt. Obwohl sie ihr Ziel erreicht hatten, empfand er kein Gefühl der Genugtuung darüber, dass sie Raymond Sutton dazu gebracht hatten, zu bestätigen, was er ohnehin vermutet hatte. Es hatte sich um ein Wissen gehandelt, das er nicht hatte teilen wollen, aber auch nicht mehr länger für sich behalten konnte.
Cooper vermutete, dass er in gewisser Weise gehofft hatte, Sutton werde es abstreiten, werde irgendwie beweisen können, dass es nie geschehen war. Tja, vielleicht wäre es besser gewesen, wenn er nie gefragt hätte. Doch dann hätte er mit seinen Zweifeln leben müssen. Cooper wusste, dass er dieses Dilemma niemals hätte lösen können.
Und es war zweifellos unmöglich, Gerechtigkeit zu erreichen – weder im gesetzlichen Sinn noch in irgendeinem subjektiven Sinn. Selbst wenn Derek noch am Leben gewesen wäre, welchen Sinn hätte es gehabt, ihn zu bestrafen? Sein Bruder war natürlich ein Komplize bei diesem Verbrechen. Nach der Tat, wenn nicht sogar schon davor. Ganz egal wie verächtlich Raymond auch gewesen sein mochte, ganz egal wie oft er am Küchentisch missbilligend geschwiegen haben mochte, er hatte den Aberglauben seines Bruders geduldet und niemandem von dem Schädel erzählt.
Tja, natürlich hatte er niemandem davon erzählt. Sich ein Haus mit seinem verrückten Bruder zu teilen, das war eine Sache. Zuzusehen, wie dieser Bruder abgeholt wurde, um den Rest seines Lebens in einer psychiatrischen Anstalt zu verbringen, während man völlig sich selbst überlassen wird, das war dagegen eine völlig andere. Die Entscheidung wäre für die meisten Menschen nicht leicht gewesen, geschweige denn für die Suttons auf der Pity Wood Farm. Doch im Grunde genommen hatte es gar nichts zu entscheiden gegeben. Blut war Blut, und zu seinen Blutsverwandten stand man eben. Ende der Geschichte.
Cooper schrieb seinen Bericht fertig und stand auf. Ja, das wäre das Ende der Geschichte gewesen. Wenn Raymond Sutton selbst gestorben wäre, ehe die Farm umgegraben worden war. Cooper war sich sicher, dass das eigentlich sein Plan gewesen war.
Doch im Oaks-Pflegeheim hatte man sich zu gut um ihn gekümmert. Die Fürsorge hatte sein Leben länger andauern lassen, als er erwartet hatte. Körperlich befand er sich jetzt vermutlich in besserer Verfassung als zu der Zeit, in der er zu Hause auf sich selbst angewiesen gewesen war. Also hatte Raymond in seinem Zimmer im Oaks-Pflegeheim gesessen und dem Wechsel der Jahreszeiten auf den Hügeln zugesehen, während der Verkauf der Farm abgewickelt wurde, die Formalitäten erledigt wurden und die Bauarbeiter anrückten. Von diesem Augenblick an musste er jeden Tag damit gerechnet haben, die Neuigkeiten zu hören, dass etwas gefunden worden war. Er musste jeden Morgen nach den Zeitungen Ausschau gehalten haben, um die Schlagzeilen zu lesen, und jeden Abend der Erste vor dem Fernseher gewesen sein, wenn East Midlands Today begann. Und er musste jeden Tag in Erwartung von Schritten im Korridor des Pflegeheims und von Stimmen von Fremden verlebt haben, die seinen Namen sagten.
Als Raymond Sutton die Farm unmittelbar nach dem Tod seines Bruders verlassen und verkauft hatte, war er nicht davon ausgegangen, noch lange zu leben. Es war für ihn nur eine Frage von Tagen oder vielleicht Wochen gewesen. Doch er hatte etwas Schreckliches getan. Er hatte überlebt.
Raymond hatte sich seinem Schicksal ergeben, genau wie sein Bruder. Er hatte geglaubt, dass er sich seinem Ende
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