Todesahnung: Thriller (German Edition)
wieder in den Griff zu bekommen. Dann lege ich meine Hand auf seine. »Ich glaube, du gehst mit dir zu hart ins Gericht, Stephen. Du weißt doch, für einen Tango braucht man zwei.«
»Ja«, stimmt er zu und beugt sich zu mir herüber. »Aber eine Sache hast du vergessen.«
»Was?«
»Niemand ist gezwungen mitzutanzen.«
Achter Teil
50
Ich brauche frische Luft.
Das ist alles, woran ich denken kann, als ich mich von Stephen verabschiede. Unser Abend endet auf dem Bürgersteig vor dem Elio’s mit einem gegenseitigen Angrinsen, einem Kuss auf meine Wange und dem unausgesprochenen beiderseitigen Wissen, dass dies unsere erste und letzte Verabredung war.
»Soll ich für dich ein Taxi anhalten?«, bietet er an.
»Nein, danke. Ich glaube, ich gehe lieber ein Stück zu Fuß.«
Etwa eine Stunde lang wandere ich ziellos umher, ohne auf Verkehrszeichen zu achten. Erst als ich ein komisches Ziehen im Magen spüre, hebe ich den Kopf und merke, wo ich bin.
68th Street Ecke Madison Avenue und direkt vor dem Falcon Hotel.
Zufall?
Schön, wenn es so wäre.
Langsam glaube ich, dass dies alles aus einem bestimmten Grund passiert. Wenn ich doch nur wüsste, was das für ein Grund sein könnte. Zwischen diesen Ereignissen muss irgendein Zusammenhang existieren, der dem Ganzen einen Sinn gibt.
Vielleicht das Allerseltsamste daran: Das Falcon und ich haben eine gemeinsame Geschichte. Etwas, worüber ich noch nie geredet habe, auch nicht mit Michael. Es passierte in meiner ersten Woche in New York. Und noch bevor ich mich von Matthew in Boston trennte. Seitdem versuche ich, nicht mehr daran zu denken. Und jetzt stehe ich schon wieder hier!
Während ein paar betuchte Gäste das Hotel durch den gleichen Ausgang unter der roten Markise betreten und verlassen, aus dem die vier Rolltragen herausgeschoben wurden, grüble ich über einen anderen seltsamen »Zufall« nach.
Meine Bilder.
Besonders über den Effekt, bei dem die Leichensäcke durchsichtig zu sein scheinen. Und denselben Effekt bei den Fotos von Penley.
Es muss eine logische Verbindung geben - aber welche? Andererseits - seit wann muss alles im Leben logisch sein?
Es wäre einfach zu sagen, mein wiederkehrender Traum sei eine Vorahnung. An diesen übersinnlichen Kram habe ich noch nie geglaubt, bin aber jetzt bereit, meine Meinung zu ändern. Schließlich wurde der Traum bereits wahr. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Genau hier, an derselben Stelle.
Die Menschen in diesen Leichensäcken sind mausetot. Penley ist sehr lebendig.
Nein, lass diesen Gedanken nicht zu.
Aber ich kann ihn nicht unterdrücken. Er bohrt sich in meinen Kopf, wie er es schon mehrmals zuvor tat. Ich weiß, dieser Gedanke ist falsch und schrecklich.
Trotzdem ist er da.
Es ist Penley, die allem im Weg steht. Nur ihretwegen kann ich Michael nicht für mich haben. Ich hätte Dakota und Sean für mich. Ich hätte alles, was ich je wollte.
Wenn nur Penley nicht im Wege wäre.
51
Also im Ernst.
Geh! Nicht! Hin!
Mit jedem Schritt versuche ich, mich abzuhalten, doch eine andere Stimme, eine, die ich kaum als meine eigene erkenne, treibt mich an.
Meine Schritte werden länger und schneller, werden angetrieben vom Adrenalin, das meinen gesamten Körper durchströmt, und von der Nachtluft, die kühler ist als sonst im Mai und auf meinen Wangen sticht.
Ich blicke nach oben. Klar, wir haben Vollmond.
Für den Weg, der eigentlich zehn Minuten dauert, benötige ich nur fünf, und im Nu stehe ich vor Michaels Haus.
Ich sehe auf meine Uhr. Es ist kurz nach Mitternacht.
Und ich habe gedacht, ich hätte Michael in Connecticut wütend gemacht? Das war nichts im Vergleich zu dem hier.
Durch die großen Glasscheiben neben dem Eingang sehe ich den Nachtportier, der seine Zeit am Empfang totschlägt. Ich bin mir fast sicher, dass er Adam heißt. Ich habe ihn vorher nur ein- oder zweimal getroffen, als er von der Tagesschicht abgelöst wurde.
Es ist egal.
Ich wähle auf meinem Mobiltelefon die Nummer, und er hebt ab. Portiers melden sich immer auf dieselbe Weise und nennen die Adresse, statt »Hallo« zu sagen.
»Spreche ich mit Adam?«, frage ich.
»Ja.«
»Hi, hier ist Kristin, das Kindermädchen von den Turnbulls. Hören Sie, vielleicht könnten Sie mir einen Gefallen tun. Louis hat mir heute Morgen erlaubt, kurz auf die Mitarbeitertoilette zu gehen. Ich glaube, ich habe meine Handtasche dort vergessen. Könnten Sie vielleicht mal nachsehen?«
»Klar,
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