Todesahnung: Thriller (German Edition)
entlang.
Zum Schlafzimmer von Michael und Penley.
53
Die Tür zum Schlafzimmer steht ein Stück weit offen, aber nicht so weit, dass ich mich hindurchzwängen kann. Mögen die Türangeln gut geölt sein, schicke ich per Stoßgebet zum Himmel.
Langsam zwänge ich mich durch den Spalt. Kein Quietschen zu hören, nur das Geräusch von Michaels Atmen. Es ist kein Schnarchen, eher ein leises Summen. Ich erkenne es nach den wenigen Malen, bei denen wir nach dem Miteinanderschlafen tatsächlich auch mal zusammen geschlafen haben.
Meine Schritte werden durch einen riesigen Perserteppich gedämpft. Durch die Vorhänge dringt schwaches Mondlicht. Als sich meine Augen der Dunkelheit anpassen, weiß ich, woran es mich erinnert - an meine Dunkelkammer.
Am Fußende des Ehebettes bleibe ich nervös stehen. Penley liegt links, näher zum Badezimmer. Sie kuscheln nicht miteinander, liegen nicht in Löffelstellung, berühren sich nicht einmal. Würde Michael noch ein Stück von ihr abrücken, läge er auf dem Boden. Trotzdem ärgert es mich, die beiden zusammen in einem Bett zu sehen.
Ich weiß, dass es für ein Ehepaar ganz normal ist, auch wenn ihre Ehe es nicht ist. Aber ich habe noch nie darüber nachgedacht, weil ich nie gesehen habe, dass die beiden Zärtlichkeiten austauschen.
Und jetzt liegen sie vor mir - gemeinsam im Bett.
Was für ein komisches Gefühl, so unangenehm und beunruhigend. Nicht, dass mich der Anblick eifersüchtig macht. Eher wütend.
Ich glaube, es gibt niemanden, der Penley mehr hasst, als ich es in diesem Moment tue, wobei sie eigentlich nichts Falsches getan hat.
Ich betrachte Penley genauer, ihre knochigen Schultern, die unter der bauschigen Steppdecke hervorragen, ihre Himmelfahrtsnase, die sie rümpft, wenn ihr etwas auf die Nerven geht, was eigentlich immer der Fall ist. Selbst im Schlaf sieht sie gehässig aus! Sie könnte in Wicked - Die Hexen von Oz mitspielen, ohne sich schminken zu müssen.
Mein Blick schweift ab.
Auf dem Bett liegen mehr Kissen, als zwei Menschen jemals gebrauchen könnten. Eins lehnt noch unberührt am Kopfende. Mein Hirn wird gezündet, und wie Funken fliegen die Gedanken auf mich zu. Alle sind böse.
Wie einfach es wäre, sich über Penley zu beugen und sich dieses Kissen zu schnappen, um es ihr aufs Gesicht zu drücken. Wenn ich schnell genug wäre, würde sie sich vielleicht nicht einmal wehren. Sie würde weder heftig strampeln noch die Gelegenheit haben zu schreien. Sie würde einen schnellen, leisen Tod sterben und den Kopf hängen lassen wie eine Gans.
Wäre ich dazu wirklich in der Lage?
Verdammt, ich kann nicht glauben, dass ich so etwas überhaupt denke.
Aber vielleicht ist dies die Verbindung - der Grund, warum Penleys Fotos denselben gespenstischen Effekt aufweisen wie die von den Leichensäcken vor dem Falcon: weil sie in Gefahr ist.
Meinetwegen?
Mir wird schwindlig. Ein kalter Luftzug lässt mich erschrecken. Die Vorhänge bauschen sich auf, weil das Fenster offen steht.
Ein leichter Schauder läuft meine Wirbelsäule nach oben bis zu meinem Kopf und lenkt meine Gedanken in eine völlig andere Richtung.
Ich weiß genau, was ich jetzt tun muss.
Einfach abdrücken.
54
Vorsichtig ziehe ich meine Kamera aus meiner Umhängetasche und überprüfe zweimal, ob ein Film eingelegt ist. Mit ruhigen Händen ziele ich nach rechts auf Michaels Kopf.
Denk nicht nach, drück einfach ab.
»Mami!«
Mein Kopf schnellt herum. Jesses, es ist Sean.
»Mami!«, ruft er noch einmal.
Ich blicke wieder zu Michael und Penley. Sie wachen auf. Los, versteck dich!
Ich blicke zu meiner Kamera. Nein, erst ein Bild schießen, dann verstecken!
Sean ruft ein drittes Mal. Seine Stimme dringt wie eine heulende Sirene durch die Wohnung. Er klingt nicht nur lauter, sondern auch näher. Ist er aufgestanden?
Panisch ducke ich mich auf den Boden. Drei Meter entfernt, neben der Badezimmertür, steht ein Sofa. Darauf krabble ich auf allen vieren zu.
Solange ich das Sofa noch nicht erreicht habe, fehlt mir die Deckung. Es gibt also nur zwei Möglichkeiten: Entweder sieht Penley mich, oder sie stolpert direkt über mich.
»Guck nach, was er will«, murmelt sie in dem Moment im Halbschlaf. Offenbar wird sie nirgendwohin gehen.
»Er ruft nach seiner Mami«, murmelt Michael zurück.
»Dann lass ihn rufen.«
Michael stöhnt und schlägt die Decke zurück.
O nein, er steht auf! In etwa zwei Sekunden wird er mich entdeckt haben.
Das Sofa ist
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