Todesahnung: Thriller (German Edition)
erfahren, klarer im Kopf gemacht, als ich es jemals zuvor war.
Es habe alles in den Zeitungen gestanden, hat der Polizist auf dem Revier gesagt.
Dann schauen wir mal.
In der Suchmaschine taucht Frank Delmonicos Name mehr als tausendmal auf. Jesses Maria! Einige Einträge sind gehässige Phrasen von Bloggern, doch die meisten sind tatsächlich Berichte aus den städtischen Zeitungen. Im Internet vergilben die Seiten nicht.
Ich klicke einige Seiten an, um sie zu öffnen. Nicht alle zeigen ein Foto, aber wenn eines dabei ist, trägt Delmonico immer denselben grauen Anzug. Seine dunklen, ausdrucksstarken Augen sind unverkennbar. Er ist es. Und in jedem Artikel wird bestätigt, was ich noch immer nicht glauben will und kann.
Er ist seit über drei Jahren tot.
Je mehr ich lese, desto klarer wird mir, warum der Polizist nicht gern über diesen Kerl geredet hat. Schwanzlutscher, stimmt, und das ist noch harmlos ausgedrückt.
Delmonico war ein hochdekorierter Beamter mit über zwanzig Jahren Berufserfahrung. Und mindestens zehn Jahre davon hielt er die Hand auf.
Das ist allerdings nur der Anfang.
Ich klicke auf andere Seiten, bis ich einen Artikel aus der New York Times finde, in dem die Geschichte in allen Einzelheiten breitgetreten wird. Der Artikel muss mindestens zweitausendfünfhundert Worte umfassen.
Delmonico war mit der russischen Mafia ins Bett gegangen, hatte ihre Geschäfte mit Drogen und Prostitution gedeckt und ihr bei der Geldwäsche der in mehreren Kasinos in Atlantic City erwirtschafteten Pokergewinne geholfen. Schlimm wurde es, als zwei junge Detectives aus seinem Revier einen seiner russischen Freunde mit einem Mord in Queens in Verbindung brachten. Delmonico erledigte seine beiden Kollegen eigenhändig.
Er hatte die Sache sogar so eingefädelt, dass er die Ermittlungen leitete. Es gab nur einen Haken: Delmonico dachte, er wäre allein, als er in einer Gasse die beiden Detectives erschoss. Den alten Chassiden, der zufällig aus dem Fenster seiner Wohnung schaute, sah er nicht. Doch der Mann am Fenster sah ihn.
Dennoch dachten fast alle, einschließlich nahezu der gesamten Staatsanwaltschaft, Delmonico würde ungestraft davonkommen. Es stand das Wort eines erfahrenen Detectives gegen das eines älteren Mannes, der zugegebenermaßen schlechte Augen hatte.
Doch am Ende waren es die Russen, die kalte Füße bekamen. Eine Woche vor Prozessbeginn wurde Delmonico aus kürzester Entfernung mit einer russischen Makarov 9 mm mit zwei Kopfschüssen niedergestreckt. Nur für den Fall, dass dies als »Botschaft« nicht reichte, stopften sie Delmonico etwas in den Mund: eine fette, schwarze Ratte.
Doch das allein war noch nicht der Gipfel.
Zumindest nicht von meinem Standpunkt aus.
In der Hoffnung, den Reportern und Kameras zu entgehen, die vor seiner Wohnung in Queens ihr Lager aufgeschlagen hatten, war Delmonico in ein Hotel gezogen. Und dort wurde seine Leiche gefunden.
Im Falcon.
Es gab sogar ein Foto, auf dem seine Leiche in einem langen, schwarzen Sack nach draußen getragen wurde.
89
Es reicht, was ich am Rechner gelesen habe. Ich bin schon völlig wirr und benebelt. Wenn Frank Delmonico nicht mehr lebt, mit wem habe ich in den vergangenen Tagen dann gesprochen?
Rasch greife ich nach Delmonicos Visitenkarte in meiner Tasche. Ich denke an die Situation vor dem Hotel, als er sie mir gegeben hat.
Moment mal!
Das ist es!
Ich renne in meine Dunkelkammer, wo meine Fotos fast jeden Zentimeter der Wände bedecken. Ich habe an jenem Morgen viele Bilder von dem Hotel geschossen, praktisch von jedem Fleck zwei. Von allem, was dort vor sich ging. Von der Polizei, den Sanitätern. Delmonico konnte meiner Linse nicht entgehen.
Mit der Lupe bewaffnet, beginne ich zu suchen. Es ist meine eigene verzweifelte Version von Findet Nemo. Ich wandere von links nach rechts über jedes Foto auf der Suche nach diesem grauen Anzug, diesen unverkennbaren Augen. Findet Delmonico.
Ich finde ihn auf keinem der Fotos.
Was tue ich also? Ich beginne von vorn. Langsamer, Zentimeter für Zentimeter, von oben nach unten. Der Schweiß von meinem Gesicht und meinen Armen klebt auf dem Fotopapier. Mein Kopf dröhnt, meine Augen brennen.
Komm schon, wo bist du, Delmonico? Ich weiß, du bist hier irgendwo.
Ist er aber nicht.
Ich mache einen großen Schritt zurück, hole tief Luft und versuche nachzudenken. Tot oder lebendig, echt oder unecht - was hat Detective Frank Delmonico mit mir zu tun? Ich
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