Todesakt: Thriller (German Edition)
Ordnung?«
»Verzeihung«, stammelte Cobb. »Aber könnte ich ein Glas Wasser haben?«
Der Bildschirm wurde schwarz; der Filmausschnitt war zu Ende. Vaughan drehte sich zu Lena um.
»Nach dem Glas Wasser ist er wieder fit.«
Lena setzte sich an den Schreibtisch.
»Worauf willst du hinaus?«
»Ich bin nicht sicher«, sagte Vaughan. »Irgendetwas ist passiert, und ich glaube nicht, dass er einen Herzinfarkt hatte.«
»Hältst du das mit dem Wasser für einen Versuch, Zeit zu schinden?«
Vaughan zuckte die Achseln.
»Vielleicht, doch warum? Watson hatte ein hübsches Frage-und-Antwort-Spiel am Laufen. Paladino hat sie in Ruhe gelassen und keinen Einspruch erhoben. Cobb hat von seiner Berufserfahrung berichtet und gab den entspannten vorbildlichen Detective. Und plötzlich hat man den Eindruck, als müsste sein Gehirn wieder hochgefahren werden. Er kriegt keinen Ton mehr raus. Man hat ihm gerade eine ganz einfache Frage gestellt, und er kann sie nicht beantworten. Er findet die richtigen Wörter nicht. Und sobald er einen Moment hatte, um sich zu sammeln, ist er für den restlichen Tag gut drauf.«
»Möglicherweise haben die ihn nicht gründlich genug gedrillt.«
»In einem so wichtigen Prozess. Bist du verrückt?«
»Oder er hat sich nicht gut genug vorbereitet«, beharrte Lena.
»Das kann nicht sein, der Prozess war zu wichtig.«
»Oder er hatte ein Drehbuch und hatte einfach seinen Text vergessen.«
»In jedem Prozess gibt es ein Drehbuch. Wenn er den Text vergessen oder nicht mehr gewusst hätte, wo genau die Kleidungsstücke gefunden worden sind, hätte er Theater spielen können, bis Watson die Frage wiederholt, und dann wäre alles in Ordnung gewesen.«
Lenas Mobiltelefon piepte. Martin Orth vom SID versuchte sie schon seit fünf Minuten zu erreichen. Ihr Telefon suchte ein Signal, das jedoch immer wieder abbrach.
»Ich muss einen Anruf erledigen«, sagte sie. »Wie telefoniere ich nach draußen?«
Vaughan schob das Telefon zu ihr hinüber.
»Die Neun«, erwiderte er. »Wen willst du anrufen?«
Lena sah ihn an.
»Orth.«
Als Orth abhob, erkannte sie am Klang seiner Stimme, dass etwas nicht in Ordnung war.
»Das Blut an Hights Schuh«, sagte sie.
»Nicht der Schuh, Lena. So weit sind wir noch nicht. Vielleicht später oder morgen.«
»Was ist es dann? Was ist los?«
Orth zögerte einen Moment. Seine Stimme zitterte.
»Die Jeans des Mädchens«, antwortete er schließlich. »Sie hatten recht. Die Hose wurde ihr gewaltsam ausgezogen, sodass genügend Hautzellen für ein DNA-Profil zurückgeblieben sind.«
Lena sah Vaughan an, der das zweite Mobilteil nahm, um mitzuhören.
»Haben Sie die Ergebnisse?«, fragte Lena.
»Ja, aber ich glaube, Sie sollten sich vorher setzen.«
Lena wechselte einen Blick mit Vaughan. Sie platzte fast vor Neugier.
»Ich bin bei Greg«, entgegnete sie. »Schießen Sie los, Marty. Wer war es? Jacob Gant oder Tim Hight?«
»Genau darum geht es, Lena. Deshalb sollten Sie sich ja setzen.«
»Wer hat Lily umgebracht?«, beharrte sie.
Orth brauchte einen Moment, um sich zu sammeln.
»Genau darum geht es ja, Lena«, wiederholte er. »Es war weder Gant noch Hight, sondern ein dritter Mann.«
39
Ein dritter Mann.
Es war die ganze Zeit da gewesen. Genau vor ihrer Nase. Ein Tatortfoto, achtlos in Cobbs Fallakte gelegt. Der Fotograf vom SID hatte in der Mordnacht Bilder vom gesamten Haus gemacht, auch von dem Wintergarten, wo Tim Hight jede Nacht saß. Allerdings hatte Hights Absturz erst nach dem Tod seiner Tochter begonnen. Pete London hatte also die Wahrheit gesagt.
Lena saß draußen vor dem Blackbird. Die Hitze war so drückend und die Luft so schlecht, dass die Terrasse des Cafés ihr allein gehörte. Der heiße Kaffee war auch nicht unbedingt förderlich, und dasselbe galt für die Zigarette, die sie gerade geraucht hatte. Trotzdem zündete sie sich die nächste an, während sie das Foto studierte.
Hights Sessel stand nicht im Wintergarten. Auch einen Polizeifunkempfänger, einen Aschenbecher oder ein großes Wodkaglas konnte sie nirgendwo entdecken. Lena sah nur ein Pilatesgerät, eine Matte und viele Zimmerpflanzen.
Sie schloss die Augen und senkte den Kopf.
Offenbar hatte sie sich in Hight getäuscht. Er war wirklich der Mann, für den Pete London sich verbürgt hatte.
Ein liebender Vater, der an jedem Geburtstag nachmaß, wie groß seine Tochter geworden war, und das Ergebnis an der Speisekammertür festhielt. Der das fotografische Talent seiner
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