Todesbote
ihren Kopf durch.«
Barbara zog ein Porträtfoto von Kim aus ihrer Handtasche, das für die Agentur in Chicago aufgenommen worden war. Levon sah sich das Bild an â Kim trug einen tief ausgeschnittenen, schwarzen Pullover, und ihr blondes Haar fiel über ihre Schultern. Mit ihrer Schönheit strahlte sie etwas aus, das die männliche Fantasie anregte.
»Das hier war der letzte Modelauftrag«, sagte Levon.
»Sie ist einundzwanzig, Levon.«
»Sie wird Ãrztin werden, Barbara. Es gibt keinen vernünftigen Grund, dass sie weiter als Model arbeitet. Das hat jetzt ein Ende. Das werde ich ihr begreiflich machen.«
Die Flugbegleiterin meldete, das Flugzeug werde demnächst landen.
Barbara schob die Blende nach oben. Die Spitzen der Wolken unter ihnen waren in rosa Licht getaucht.
Als die winzigen Häuser und StraÃen von Maui sichtbar wurden, wandte sich Levon an seine Frau, seine beste Freundin, den Menschen, den er über alles liebte.
»Wie gehtâs dir, Schatz? Alles in Ordnung?«
»Ging mir nie besser«, zirpte Barbara, um sich lustig zu geben. »Und dir?«
Levon lächelte, zog Barbara zu sich heran und drückte
seine Wange an ihre, während er an ihrem Haar roch. Welch ein Duft! Er küsste Barbara und drückte ihre Hand.
»Halte durch, wir kommen«, schickte Levon einen Gedanken an Kim, als das Flugzeug zum Sinkflug ansetzte. Wir kommen zu dir, Schatz. Mom und Dad kommen.
16
Barbara und Levon verlieÃen das Flugzeug über eine wacklige Gangway. Nach der von der Klimaanlage gekühlten Luft fiel ihnen das Atmen in dieser Hitze schwer. Levon lieà seinen Blick über die Vulkanlandschaft gleiten. Der Unterschied zu der nächtlichen Kulisse in Michigan hätte nicht gröÃer sein können, wo der Schnee in seinen Hemdkragen gerieselt war, als er sich von seinen Söhnen verabschiedet hatte.
Er zog seine Jacke aus und klopfte die Innentaschen nach den Rückflugtickets ab â einschlieÃlich dem für Kim.
Am Terminal, wo sich der Wartebereich ebenso unter freiem Himmel befand wie die Gepäckausgabe, herrschte reges Treiben. Levon und Barbara reichten einem Beamten ihre Papiere und schworen, kein Obst dabeizuhaben. Dann suchten sie nach einem Taxi.
Levon hatte es eilig, spürte das dringende Bedürfnis, das Hotel zu erreichen, achtete aber nicht darauf, wohin er trat, als er einem Rollkoffer auswich und beinahe ein junges Mädchen mit blonden Zöpfen umrannte. Es stand, ein zotteliges Schmusetier umklammernd, mitten im Wirrwarr und beobachtete das Treiben. Mit seiner Selbstsicherheit erinnerte es Levon an Kim. Wieder wurde er von Panik erfasst, die ein flaues Gefühl in seinem Magen hinterlieÃ.
Levon fragte sich, ob Kim ihren Vorrat an Wundern aufgebraucht hatte. War ihre geliehene Zeit zu Ende? Hatten sie einen schrecklichen Fehler begangen, als sie dank der Ãberschrift des Reporters aus Chicago geglaubt hatten, Kim, das Wundermädchen, wäre unverwundbar?
Schweigend betete Levon zu Gott, Kim möge sicher im Hotel auf sie warten, froh, ihre Eltern zu sehen, und sich bei ihnen entschuldigen, sie habe sie nicht beunruhigen wollen.
Levon hielt Barbara im Arm, als sie das Terminal verlieÃen, doch bevor sie die Reihe der Taxis erreichten, näherte sich ihnen ein Mann â ein Fahrer, der ein Schild mit ihrem Namen nach oben hielt.
Der Fahrer war gröÃer als Levon, hatte dunkles Haar und einen Schnurrbart. Er trug eine Chauffeursmütze und einen dunklen Anzug, dazu Cowboystiefel aus Krokodillederimitat mit acht Zentimeter hohen Absätzen.
»Mr. und Mrs. McDaniels?«, fragte er. »Ich bin Marco. Das Hotel hat mich als Ihren Fahrer beauftragt. Haben Sie Gepäckscheine?«
»Wir haben kein Gepäck mitgebracht.«
»Gut. Der Wagen steht gleich hier drauÃen.«
17
Mit seltsam rollendem Gang führte Marco sie zum Wagen. Mit welchem Akzent hatte er sie angesprochen? Stammte er aus New York oder New Jersey?
Sie überquerten die StraÃe zu einer Verkehrsinsel, wo Levon eine Zeitung bemerkte, die mit dem Titelblatt nach oben auf einer Bank lag.
Er erschrak â unter der Schlagzeile blickte ihm Kims Gesicht entgegen.
Es war die Maui News , und die groÃen, schwarzen Buchstaben verrieten: »Hübsches Model vermisst«.
Verwirrt brauchte Levon einen Moment, bis ihm klar wurde, dass während der etwa elf Stunden, in denen sie hierhergereist
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