Todesbraeute
umgedreht und hörten ebenfalls zu.
Sheila schien es nicht zu bemerken. Oder wollte es nicht bemerken.
»Die Leute hier in der Stadt wollen Ihnen erzählen, dass Bailey eine Schlampe war. Ein Flittchen. Aber das ist nicht wahr.« Sheila warf Hope einen kurzen Blick zu. »Sie war eine gute Mutter.«
»Sie sagen >war<«, bemerkte Daniel leise. »Wissen Sie, was ihr zugestoßen ist?«
»Nein. Wenn, dann würde ich es Ihnen sagen. Aber ich weiß genau, dass sie dieses Kind da nicht einfach verlassen hätte.« Sie biss sich auf die Innenseiten der Wangen, eindeutig bemüht, nicht das zu sagen, was ihr wirklich auf dem Herzen lag. »Alle hier regen sich auf, dass diese reichen Mädchen tot sind. Niemand hat sich um die ganz normalen gekümmert. Niemand will sich um Bailey kümmern.« Sie wandte sich an Alex. »Außer dir.« »Sheila.« Der barsche Ruf kam vom Fenster zur Küche. »Komm jetzt her.«
Sheila schüttelte den Kopf, und auf ihren Lippen erschien ein spöttisches Lächeln. »Upps. Ich muss wieder. Hab wohl zu viel gesagt. Bloß keine Wellen schlagen, bloß keine wichtigen Leute verärgern.«
»Und warum nicht?«, hakte Daniel nach. »Was würde dann passieren?«
Ihre roten Lippen verzogen sich höhnisch. »Fragen Sie doch Bailey. Oh, Moment. Geht ja gar nicht.« Sie machte auf dem Absatz kehrt und betrat die Küche durch die Schwingtür.
Alex lehnte sich auf der Bank zurück. »Puh.« Daniel beobachtete die noch immer schwingende Küchentür. »Ja, puh.«
Dann widmete er sich der Pizza und verteilte Stücke davon auf ihre Teller, aber seine Miene war angespannt. »Los, Leute. Essen fassen.«
Meredith schob einen Teller unter Hopes gesenkten Kopf, aber das Mädchen starrte nur reglos darauf. »Komm schon, Hope«, sagte sie aufgesetzt fröhlich. »Iss was.« »Hat sie überhaupt schon etwas gegessen?«, fragte Daniel. »Wenn man es lange genug vor ihr stehen lässt, nimmt sie immer ein bisschen zu sich«, antwortete Meredith. »Aber bisher hatten wir nur Brote. Das ist unsere erste richtige Mahlzeit, seit ich hier bin.«
»Es tut mir leid«, sagte Alex zerknirscht. »Ich war nicht gerade eine gute Gastgeberin.«
»Ich habe doch gar nichts gesagt.« Meredith biss in ihr Stück Pizza und schloss genießerisch die Augen. »Lecker. Sie hatten recht, Agent Vartanian.«
Daniel biss ebenfalls in sein Stück und nickte. »Daniel, bitte. Für manche Dinge lohnt sich eine Heimkehr.« Dann seufzte er, als sich die Eingangstür öffnete. »Na toll.« Ein großer Mann in einem teuren Anzug durchquerte das Restaurant mit finsterer Miene.
»Der Bürgermeister«, flüsterte Alex Meredith zu. »Garth Davis.«
»Ich weiß«, murmelte Meredith zurück. »Ich habe heute Morgen sein Bild in der Zeitung gesehen.«
»Daniel.« Der Bürgermeister blieb an ihrem Tisch stehen.
»Du hast versprochen, mich anzurufen.«
»Wenn ich etwas zu berichten habe. Aber ich habe noch nichts zu berichten.«
Der Bürgermeister legte beide Hände flach auf den Tisch, beugte sich vor und schob sein Gesicht nahe an Daniels heran. »Du wolltest einen Tag Zeit. Du hast gesagt, dass du dran arbeitest. Und doch sitzt du hier.«
»Und doch sitze ich hier«, antwortete Daniel freundlich. »Halte ein wenig Abstand, Garth.«
Der Bürgermeister regte sich nicht. »Ich will neue Informationen.« Er sprach laut, damit ihn sein Publikum hören konnte. Seine Wählerschaft. So waren sie, die Politiker. Nun beugte auch Daniel sich vor. »Halte Abstand, Garth«, flüsterte er und sah den Mann so kalt an, dass sogar Alex zurückfuhr. »Tu es.« Davis richtete sich langsam auf, und Daniel holte Luft. »Danke, Bürgermeister Davis. Ich verstehe durchaus, dass Sie sofort über neue Entwicklungen informiert werden möchten. Und Sie verstehen sicher, dass dies nicht der Ort ist, um das zu tun, selbst wenn es welche gäbe. Ich habe im Übrigen heute Nachmittag in Ihrem Büro angerufen. Das Telefon hat lange geklingelt, aber es ist niemand drangegangen.«
Davis verengte die Augen zu Schlitzen. »Ich war bei dem Abgeordneten Bowie. Man hat mir nichts gesagt. Es tut mir leid.« Aber sein Blick besagte etwas anderes. »Ich werde allerdings meinen Assistenten fragen, wie es sein kann, dass niemand den Anruf angenommen hat.« »Tu das. Und falls du immer noch informiert werden willst, dann komme ich deinem Wunsch an einem weniger öffentlichen Ort gerne nach.«
Davis' Wangen färbten sich rot. »Selbstverständlich. Es war ein schlimmer Tag. Erst Janet, dann
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