Todescode
Sarah sahen ihn an.
»Erstens«, sagte Ben, »ihr macht gar nichts. Gut möglich, dass diejenigen, die hinter der ganzen Sache stecken, das Gefühl haben, das Risiko-Gewinn-Verhältnis habe sich verändert. Sie haben den Quellcode verschwinden lassen. Sie haben die Erfindung im PAIR -Register gelöscht. Sie haben den Erfinder und den Patentprüfer eliminiert. Und sie wissen nichts von der Backup- DVD , obwohl sie genau die Möglichkeit ausschließen wollten. Denkbar, dass sie sich derzeit einigermaßen sicher fühlen und sich zurückhalten.«
»Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit?«, fragte Alex.
»Nicht sehr groß, würde ich sagen«, erwiderte Ben. »Sie haben gleich zu Anfang der Operation Personen aufs Korn genommen. Dafür war eine Menge Logistik erforderlich, und das Risiko war hoch. Das lässt darauf schließen, dass der Personen-Aspekt ihrer Operation für sie wichtig ist. Deine geglückte Flucht hat sie gezwungen, den Ablauf der Operation zu verändern, aber das ändert nichts am Status der Zielpersonen.«
»Und jetzt hatte ich Zeit, festzustellen, dass die Unterlagen verschwunden sind«, sagte Alex, »und was noch alles fehlt. Zu kombinieren. Was bedeutet, wenn es eine Art Backup gäbe, etwas, was ihnen entgangen ist …«
Ben nickte, deutete dann mit dem Kopf auf Sarah. »Ganz genau. Und vielleicht haben sie sie am Leben gelassen, weil sie nicht wichtig genug war, um sie umzubringen. Aber jetzt müssen sie davon ausgehen, dass sie von dir informiert wurde. Du weißt jetzt mehr als zuvor. Gut möglich, dass sie neu überdenken, welchen Bedrohungsgrad sie darstellt.«
Sarah musste ihren Ärger niederringen, dass er eine Gefahr für ihr Leben so erörterte, als wäre sie gar nicht im Raum. »Also, Möglichkeit eins klingt nicht sehr vielversprechend«, sagte sie. »Wie sieht die zweite Möglichkeit aus?«
»Die zweite Möglichkeit ist die, dass ihr eine sinnvolle Erklärung dafür findet, warum Obsidian es wert ist, deswegen jemanden umzubringen. Das wäre der erste Schritt, um herauszufinden, wer hinter den Morden steckt.«
»Hab ich schon versucht«, sagte Alex. »Mir ist nichts eingefallen.«
»Wer wird dadurch bedroht?«, fragte Ben. »Oder wer kann davon profitieren? Bestehende Sicherheitssoftwareunternehmen vielleicht?«
Sarah lachte leise auf. »Sie meinen, Softwareunternehmen bringen Leute um? Ich bitte Sie.«
Ben sah sie an. »Sie bitten mich um was? Dass ich Ihnen nichts erzähle, was Ihnen das Leben retten könnte, wenn ich dafür Ihre kleine Seifenblase der Naivität zum Platzen bringen muss?«
»Ach komm, Ben«, sagte Alex. »Unternehmen bringen niemanden um.«
»Und auf welche Beweise stützt du deine Überzeugung?«
»Was ist mit den Regierungsbehörden?«, sagte Sarah. »Vielleicht möchte die NSA noch sicherere Netzwerke.«
Ben lachte in sich hinein. »Ich glaube wirklich nicht, dass die NSA –«
»Was, dass die NSA Leute umbringen würde? Und
ich
soll in einer Seifenblase leben? Ich wette, Sie glauben auch nicht, dass der Präsident einen amerikanischen Staatsbürger auf amerikanischem Boden verhaften und festhalten würde, ohne ihm eine Anwalt zur Verfügung zu stellen oder ihn wegen einer Straftat anzuklagen oder sonstige verfassungsrechtliche Vorschriften zu wahren. Ich wette, Sie glauben auch nicht, dass die Geheimdienste Amerikaner ohne richterliche Anordnung abhören würden. Ich wette, Sie glauben nicht –«
»Sie haben doch keine Scheißahnung, was ich glaube oder nicht.«
»– dass die Regierung Geheimdienstinformationen erfinden würde, um einen Krieg anzufangen. Ich wette, Sie glauben nicht, dass dieses Land von Leuten regiert wird, die nur deshalb so hoch in die politische Spitze gekommen sind, weil sie gelernt haben, alle möglichen Übel im Namen des allgemeinen Wohls zu rechtfertigen. Wollen Sie etwa behaupten, solche Sachen passieren nicht tagtäglich?«
Sie verstummte, leicht außer Atem. Sie hatte gar nicht vorgehabt, einen Vortrag zu halten. Aber sie hatte ihn aus der Reserve gelockt. Seine kleine verbale Entgleisung verriet, dass er sich wohl doch nicht immer im Griff hatte.
»Wissen Sie was?«, sagte er. »Wenn ein paar Gesetze gebeugt werden müssen, um Menschenleben zu retten, dann werden sie gebeugt. So ist das nun mal.«
»Ach ja? Und wer entscheidet, welche Gesetze gebeugt werden? Und wie weit? Wenn Sie ein paar Gesetze brechen können, warum nicht auch andere? Wo hört das auf? Was hat das Gesetz dann überhaupt für einen Sinn?«
»Ich
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