Todesdrang: Thriller (German Edition)
Mädchen sogar dafür bezahlt, dass es mir vor die Füße läuft. Diesem Kerl traue ich mittlerweile alles zu.«
»Kuhn?«
»So heißt das Schwein. Ein Kollege, der mir ans Leder will.«
Sie griff nach den Aufnahmen auf dem Tisch. »Du behauptest also, du hättest diesen Kuhn verfolgt?«
»Ja. In der Mittagspause. Er hatte genau so eine blaue Kappe auf wie an dem Abend, als unser Wagen zerstört wurde. In Richtung Fußgängerzone ist er abgehauen. Ich wollte ihm hinterher und hab dann versehentlich dieses Mädchen über den Haufen gerannt.«
Anke studierte argwöhnisch die Aufnahmen. »Und du bist ihm bis zur Fußgängerzone gefolgt?«
Dirk nickte. »Ich habe ihn aus den Augen verloren, als er zwischen den Passanten verschwunden ist.«
Sie hielt beide Aufnahmen vor sich. »Wenn ich diese Bilder richtig deute«, sagte sie, »befindet sich der Anfang der Fußgängerzone im hinteren Bereich der Aufnahme, also aus diesem Blickwinkel etwa zwanzig Meter hinter dir und dem Mädchen.«
Dirk trat hinter sie und sah auf die Fotos. Sofort wurde ihm klar, worauf sie hinauswollte.
»Wenn es stimmt, was du sagst«, sie zögerte und drehte sich zu ihm um, »wer hat dann diese Fotos gemacht?«
Dirk nahm ihr die Aufnahmen aus der Hand und betrachtete sie aufmerksam. Anke hatte recht. Kuhn hätte in dieser kurzen Zeit unmöglich zurücklaufen können, um die Fotos zu machen. Ein entscheidendes Detail, das ihm zuvor nicht aufgefallen war.
Er ging einige Schritte durch das Zimmer und versuchte, sich die Szene zu vergegenwärtigen. Er rief sich die Menschen ins Gedächtnis, die er vom Fenster des Restaurants aus beobachtet hatte. Er konnte sich unmöglich an alle erinnern, aber er suchte nach Auffälligkeiten. Nach markanten Dingen, die vordergründig von seiner Wahrnehmung erfasst worden waren und die sich in seinem Unterbewusstsein verankert hatten: abseitsstehende Personen, eine bunte Jacke, eine modische Brille, eine Kopfbedeckung, eine …
»Skimütze.« Er flüsterte dieses Wort.
»Wie bitte?«, fragte Anke verstört.
»Scheiße, da war so ein Typ mit einer Kamera. Er trug eine Skimütze und hat die ganze Zeit über Fotos von dem alten Münzhaus gemacht.« Wie elektrisiert richtete er seinen Blick erneut auf die Bilder. »Ich dachte, er wäre nur einer der üblichen Touristen. Er stand zwar etwas abseits, aber mit einem Teleobjektiv wäre es überhaupt kein Problem …«
»Hör auf!«, schrie Anke hysterisch und sprang von dem Stuhl auf. »Du solltest dich nur mal reden hören! Versuchst du mir allen Ernstes weiszumachen, dass gerade eine Art Verschwörung gegen dich im Gange ist? Ist dir eigentlich klar, wie absurd sich das anhört?«
»Aber es ist die Wahrheit«, beteuerte er verzweifelt. »Und ich finde es ziemlich beängstigend, dass ein paar fremde Dateien auf meinem Computer und diese Aufnahmen hier ausreichen, damit du mich für einen Kinderschänder hältst! Was ist nur los mit dir?«
»Versetz dich doch mal in meine Lage: Erst die Drohungen, die du mir verheimlichst, und dann finde ich diese Fotos hier …«
»Fotos, die anonym in unseren Briefkasten gesteckt wurden«, fiel er ihr ins Wort, »und die an dich adressiert sind, mit der ausdrücklichen Bitte, meinen Computer zu durchsuchen. Siehst du denn nicht, wie offensichtlich das alles ist?«
»Nein, Dirk«, seufzte sie, und ihre Augen glänzten wässrig. »Ich sehe dich an und weiß nicht mehr, wer du eigentlich bist.«
Resigniert ließ er die Schultern hängen. »Einen Grund«, sagte er. »Nenn mir nur einen plausiblen Grund, warum ich so etwas tun sollte.«
»Keine Ahnung«, sagte sie. »Du hast mir in den letzten Monaten oft genug zu verstehen gegeben, dass wir zu wenig Zeit füreinander haben.«
»Ach, und da nimmst du gleich an, dass ich im nächstbesten Kindergarten wildern gehe?«, schrie er.
Sie sah stumm zu Boden, während sie sich eine Träne aus dem Gesicht wischte.
»Schatz«, sagte Dirk und ging auf sie zu, »diese Leute wollen einen Keil zwischen uns treiben. Wir dürfen nicht zulassen, dass ihnen das gelingt. Wir müssen jetzt zusammenhalten.«
Sie wich misstrauisch einen Schritt zurück, ging auf Distanz zu ihm. »Ich … ich weiß nicht mehr, was ich denken soll«, stammelte sie unsicher. »Ich glaube, ich brauche erst einmal Zeit, um das alles zu verarbeiten.«
»Anke …« Er wollte sie berühren, sie in den Arm nehmen, doch sie entzog sich ihm.
»Da du ja so gerne hier oben alleine bist«, sagte sie, während sie eine
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