Todesengel (Gesamtausgabe)
bekommen wir auch noch heraus! Wenn wir insoweit in unseren Auffassungen übereinstimmen, müssen wir uns Gedanken um das allen Morden zugrunde liegende Motiv machen und ich meine, dass wir Habgier und Eifersucht ebenso ausschließen können wie sexuellen Lustgewinn, es sei denn, wir hätten es mit einem völlig ausgeflippten Sadisten zu tun!
Aber das glaube ich nicht! Fest steht doch, dass mindestens von Hoff sich an einem Mädchen vergangen hat und es im Umfeld der anderen Mordopfer junge Frauen gibt, deren Rufname, und sei es nur der erste Buchstabe, auf einem der an den Tatorten hinterlassenen Bekennerschreiben gestanden hat. Was spricht also dagegen, posthum die dunklen Flecken im Leben von Berger und Engholm aufzuspüren? Ist es nicht denkbar, dass der fette Computerfachmann seiner Auszubildenden nachgestellt hat und Engholm der eigenen Tochter? Wundern würde mich das nicht! Was spricht also dagegen, darüber nachzudenken, dass wir uns mitten in einem Rachefeldzug befinden?“
In Mirjams Kopf stoben die Funken. Wie konnte sie Becker von seiner fixen Idee abbringen, ohne sich verdächtig zu machen? Wie ihn glauben machen, dass seine Gedankenspiele in die Irre führten? Sie hatte bei der Zeugenanhörung von Clio doch nicht nach allen Regeln der Kunst getrickst und manipuliert, um sich vom ehemaligen Geliebten um den Lohn ihrer Mühe bringen zu lassen! Sie zog ihre Stirn in Falten und wollte von Becker wissen, ob er sich ernsthaft vorstellen könne, dass sich die von ihm verdächtigten Mädchen und Frauen zusammengetan hätten, um ihre Peiniger ins Jenseits zu befördern. Immerhin wohnten Marga, Rosemarie und Clio mehrere hundert Kilometer auseinander und hätten nach allen vorliegenden Erkenntnissen nichts miteinander zu tun! Ganz abgesehen davon, dass alle Verdächtigen ein wasserdichtes Alibi vorweisen könnten.
Becker schien sich über diesen Einwand zu ärgern, versuchte aber, sachlich zu bleiben und entgegnete, dass die Alibis nicht daraufhin überprüft worden seien, ob Marga für den Mord an Engholm und von Hoff, Rosemarie für den an Berger und den Kaplan und Clio für den an Engholm und Berger in Frage kämen. Außerdem sei völlig unklar, wie viele Frauen und Mädchen noch an dem Komplott beteiligt seien…
„Unfassbar“, murmelte Frankenstein, „wenn du Recht hättest, müssten wir mit weiteren Morden rechnen und dabei tappen wir immer noch im Dunkeln...“ Mirjam ahnte, dass Frankenstein sich Beckers Theorie annäherte und versuchte in ihrer Not, das Ganze ins Lächerliche zu ziehen:
„Was haltet Ihr davon, alle noch nicht belangten Sexualstraftäter aufzufordern, sich zu ihrer eigenen Sicherheit bei uns zu melden! Die Herren würden dann zwar für einige Zeit hinter Gittern verschwinden, aber wenigstens nicht abgeschlachtet werden! Oder könnt Ihr Euch vorstellen, dass die bösen Täterinnen sogar ins Gefängnis eindringen, um ihre Rachegelüste zu befriedigen?“
„Albernes Ding!“, meinte Becker nur, war aber heilfroh, dass Mirjam langsam überm Berg zu sein schien und er sie mehr als bisher in die Arbeit seines Teams einbinden konnte. Dass er mit seinen Integrationsbemühungen womöglich den Bock zum Gärtner machte, kam ihm in diesem Moment nicht in den Sinn, aber das war ihm kaum anzulasten, weil die Oberkommissarin nicht im Traum daran dachte, ihn über ihre Absichten in Kenntnis zu setzen...
23.
In den Tagen nach den Vernehmungen in Königstein zeigte sich schnell, dass Beckers Komplotttheorie von der Beweislage her auf tönernen Füßen stand. Die Recherchen der Ermittler ergaben, dass weder Marga noch Rosemarie oder Clio für einen der drei Morde in Betracht kamen und weil auch weiterhin nichts darauf hindeutete, dass sich die Mädchen untereinander kannten, war Frankenstein wieder nahe daran, die Fälle neu aufzurollen.
Nur die Gespräche mit den Beschäftigten der Softwareschmiede Jingle Bell, von denen ihm seine Mitarbeiter erzählten, hielten ihn noch davon ab, weil ihm seine Spürnase sagte, dass die zum Verhältnis des toten Firmenchefs zu seinen weiblichen Lehrlingen befragten Angestellten um den heißen Brei herumgeredet hatten. Entweder hatten sie sich völlig ahnungslos gegeben oder es bei nebulösen, Andeutungen belassen und er teilte die Auffassung von Scharf, dass Bergers Witwe alle Firmenangehörigen zum Stillschweigen verdonnert hatte, um das Andenken des verblichenen Ehemannes in Ehren zu halten.
„Wir sollten uns“, schlug Frankenstein seinem
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