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Todesengel: Roman (German Edition)

Todesengel: Roman (German Edition)

Titel: Todesengel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Sie! Ich glaube, dass Sie sich heute Nacht zeigen werden, um zu beweisen, dass Sie immer noch da sind. Ich glaube, dass Sie immer noch über uns wachen.«
    Er fuhr herum, hatte das Gefühl, dass Funken aus seinen Augen sprühten, als er dem Studiopublikum zurief: »Klatschen Sie, wenn Sie mir zustimmen! Klatschen Sie, wenn Sie wollen, dass es die Gewalttäter sind, die sich fürchten sollen, nicht Sie und ich!«
    Jetzt, endlich, toste es. Sie klatschten alle, klatschten wie wild. Sprangen auf, johlten, trampelten mit den Füßen.
    »Jawohl!«, feuerte Ingo sie an. »Die Schläger sollen Angst haben! Nicht die unschuldigen Bürger.«
    Es hörte gar nicht mehr auf. Die Leute begannen, im Chor zu rufen: »Ra-che-eng-el! Ra-che-eng-el! Ra-che-eng-el!« Der Aufnahmeleiter raufte sich die wenigen Haare, schien um sein Studio zu fürchten und um die Stabilität der Tribüne.
    »Racheengel«, rief Ingo in den Tumult, »wir glauben an dich!«
    Dann sprang die Studiouhr auf null.
    Als Theresa Diewers ihre Wohnungstür aufschloss, war da wieder dieser Geruch. »Alex?«, rief sie.
    Keine Antwort.
    Sie stieß die Tür auf, stellte die Tragetasche mit den Einkäufen auf der Kommode dahinter ab. Der Nachmittagsdienst war ein einziger Stress gewesen, der Supermarkt um diese Zeit ein regelrechtes Kampfgebiet, und außerdem schnitten ihr die Tragegriffe ihres Faltbeutels in die Hand.
    »Alex?«
    Er stand im Wohnzimmer, hatte seinen langen schwarzen Mantel und die dunkle Perücke an, die ihn so fremd aussehen ließ. So hager und spinnenfingrig erinnerte er sie an eine Fledermaus oder an eine Gestalt wie Nosferatu.
    »Hallo, Resi«, sagte er leise, mit einem fiebrigen Lächeln, das ihr Angst machte. Sie hörte den Fernseher knistern. Das tat er, wenn man ihn erst kurz zuvor ausgeschaltet hatte.
    »Was hast du vor?«, fragte sie.
    »Ich muss los.«
    »Jetzt?«
    Sie spürte Aufbegehren in sich, unterdrückte es auf dieselbe Weise, wie sie es jeden Tag im Krankenhaus ein Dutzend Mal tun musste. Wir helfen , lautete das Motto, das Credo, indem wir den anderen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt unseres Handelns stellen und uns selbst zurücknehmen . »Alex, wir hatten ausgemacht, dass ich heute Abend für uns koche«, erinnerte sie ihn mit aller Geduld, die sie aufbrachte. »Ich habe eingekauft für eine klare Fleischbrühe, für –«
    »Morgen«, sagte Alex. »Heute geht es nicht.«
    »Aber wieso?« Ganz konnte sie das Aufbegehren nicht zurückhalten. »Was hast du ausgerechnet heute zu tun? In einer Stadt, in der du seit zehn Jahren nicht mehr zu Hause bist?«
    Er sah sie eindringlich an. »Eine Pflicht. Ich habe eine Pflicht zu erfüllen.«
    Theresa hatte das Gefühl, in sich zusammenzufallen. »Ich weiß nicht, wovon du redest.«
    »Das ist auch besser so«, erklärte er und setzte sich in Bewegung, um zu gehen.
    Sie stellte sich ihm mit plötzlich auflodernder Entschlossenheit in den Weg. »Nicht«, bat sie. »Bitte geh nicht. Nicht heute. Nicht jetzt. Bitte.«
    »Ich muss.«
    Wie er das sagte! Mit leiser, dürrer Stimme und doch so, als spreche er einen heiligen Eid. Und mehr sagte er nicht, nur diese zwei einfachen Worte. Dann stand er da, wartete, wartete so unerbittlich, dass sie schließlich nicht anders konnte, als den Weg freizugeben.

30
Die Sonne glühte hoch vom Himmel über San Antonio, Texas, USA, als sich Officer Javier Baderas und Officer Rick Thal vom San Antonio Police Department aufmachten, um einen Job zu erledigen, der am frühen Morgen hereingekommen war.
    »Weißt du, was mich daran nervt?«, meinte Ricky, auf einem Zahnstocher kauend, weil er das für besonders männlich hielt. »Dass man’s ja im Grunde gern tun würde. Ich meine, hey, sind letzten Endes Kollegen, da drüben im alten Europa, nicht wahr? Da hilft man sich. Ich meine, versteht sich irgendwie von selber, oder?«
    »Klar«, sagte Baderas, der am Steuer saß und ihren Wagen gemächlich gen Süden lenkte. Das eigentliche Stadtgebiet lag schon hinter ihnen; sie rollten auf immer schmaler werdenden Straßen durch immer ländlichere Randzonen.
    »Aber wenn so ein Fuzzi vom FBI anruft und einen auf dicke Hose macht – da hast du doch echt gleich keine Lust mehr, oder?« Ricky nahm den Zahnstocher aus dem Mund und betrachtete das angekaute Ende. »Also, mir geht’s jedenfalls so.«
    Baderas bremste, wartete, bis der Truck hinter ihnen vorbeigedonnert war, und bog dann nach links ab. »Matus Drive«, sagte er. »Irgendwas klingelt da bei mir. Kann

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