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Todesengel: Roman (German Edition)

Todesengel: Roman (German Edition)

Titel: Todesengel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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sämtlichen Räumen, schaltete das Licht aus, schloss die Außentür ab und aktivierte die Alarmanlage. Nach dem Regenschauer heute Mittag war die Sonne noch einmal herausgekommen. Sie stand schon tief über den Häusern von Spannwitz, als er unten aus der Tür trat, aber sie hatte noch Kraft, ließ das Messingschild neben dem Eingang – Schule für KRAV MAGA – funkeln.
    Der Regen hatte ein paar Flecken auf dem Metall hinterlassen. David Mann zog sein Taschentuch heraus, polierte das Schild sorgsam. Das machte er jeden Freitagnachmittag, ehe er nach Hause ging. Da hatte er über die Jahre so seine Rituale entwickelt. Eines davon war, zum Abschied das Firmenschild zu polieren, das andere, die lange Unterführung zur U-Bahn zu nehmen und an dem dortigen Kiosk die aktuelle Ausgabe der Jüdischen Allgemeinen zu kaufen.
    »Guten Tag, Herr Mann«, begrüßte ihn der Kioskbesitzer, ein bärtiger, verhutzelter Alter, den er nur hinter diesen altmodisch vergitterten Fenstern kannte. »Wie üblich?«
    »Hallo, Herr Nowak.« David Mann holte das Geld abgezählt aus der Tasche. »Wie üblich.«
    Eigentlich erschien die Zeitung donnerstags, aber der Donnerstag war der anstrengendste Tag der Woche, da kam er zu nichts. Deswegen legte ihm Nowak immer ein Exemplar zurück, das er nun unter seiner Theke hervorzog und ihm reichte. »Bitte sehr.«
    »Danke«, sagte David Mann und zählte ihm die Münzen hin. »Ein schönes Wochenende.«
    Als er sich umdrehte, stand er vor vier jungen Männern in Lederjacken. Araber, zumindest auf den ersten Blick. Breitschultrig, muskelbepackt, mit Dreitagebärten und starren Blicken.
    Dominanzgehabe durch signalisierte Aggressionsbereitschaft. Wie aus dem Lehrbuch.
    »Ey«, sagte einer von ihnen, noch etwas breitschultriger als seine Kumpane und mit besonders scharf ausrasiertem Kinnbart. »Bist du Jude?«
    David Mann hörte, wie der Kioskbesitzer hinter ihm die vergitterte Frontscheibe herabließ. Hoffentlich betätigte er auch den Polizeinotruf, den ihm die Stadtwerke nach einem Raubüberfall vor zehn Jahren installiert hatten.
    »Ist gut, lass stecken, okay?«, meinte David Mann und rollte die Zeitung eng zusammen. »Jeder ist irgendwas. Geht nicht anders. Kein Grund, deswegen Streit anzufangen.«
    Die dunklen Augen verengten sich. »Wo wohnst du, hmm? Hast du Kinder? Wie viele? Wie alt?«
    »Das«, sagte David Mann, »geht dich nun wirklich nichts an.«
    »Denkst du, ja? Wir müssen doch wissen, wo wir deine Leiche abladen sollen, wenn wir mit dir fertig sind, du Opfer.«
    David Mann blickte von einem zum anderen, sah, wie sie ihn einkreisten, mit unbewegten, stumpfen Gesichtern. Vier junge Männer, bis zu den Spitzen ihrer gegelten schwarzen Haare angefüllt mit Hormonen, Hass und Ideologie.
    »Jungs«, sagte David Mann langsam, »ich fürchte, das wird jetzt richtig hässlich.«
    Aus den Augenwinkeln sah er, wie einer von ihnen mit mörderischer Wucht und Plötzlichkeit ausholte …

11
»Gebrochenes Nasenbein, Verletzungen am rechten Auge mit derzeit noch unklarer Prognose, zertrümmerte Kniescheibe links, Prellungen, Hämatome.« Der Mann mit den geradezu raphaelitischen Locken, der sich als Staatsanwalt Lorenz Ortheil vorgestellt hatte, warf David Mann einen kühlen Blick zu, während er das Blatt beiseite legte und zum nächsten griff. »Geplatztes Trommelfell rechts infolge eines Schlages, eingerissene Ohrmuschel rechts, Verlust von vier Zähnen, gebrochener Unterarm links.« Nächstes Blatt. »Zwei gebrochene Rippen, Verletzungen des Lungenfells, gequetschte Hoden –«
    »Sie zählen das alles auf, als müsse es mir leidtun«, unterbrach David Mann.
    Der Staatsanwalt hielt inne, musterte ihn. »Tut es das nicht?«
    »Nicht im Geringsten.«
    »Dem vierten haben Sie den Kehlkopf zertrümmert und die Luftröhre beschädigt. Er wird zeit seines Lebens mit Atembeschwerden kämpfen.«
    »Das wird ihn hoffentlich auf andere Gedanken bringen.«
    Der Staatsanwalt reckte den Hals. »Lässt Sie das wirklich völlig kalt?«
    »Völlig«, versicherte ihm David Mann.
    »Obwohl Sie daran schuld sind?«
    »Das bin ich nicht. Er hat mich angegriffen. Ich habe mich verteidigt. Wer angreift, geht ein Risiko ein. Wenn ihm das nicht klar war, dann ist er einfach zu dumm für diese Welt. Und in dem Fall hätte es ihn früher oder später sowieso erwischt.«
    Sein Gegenüber strahlte unübersehbare Entrüstung aus. »Starke Worte, Herr Mann.«
    »Einfach die Realität, würde ich sagen.«
    David Mann hatte

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