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Todeserklärung

Todeserklärung

Titel: Todeserklärung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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Schwiegervater.
    Lisa hatte neben ihrem Vater Platz genommen, die kleine Tochter auf dem Arm.
    »Wir sollten richtig reden«, sagte der Schwiegervater und richtete seine Krawatte.
    »Wein?« Der Schwiegervater versuchte ein Lächeln. »Du hast immer gerne Wein getrunken, Junge.«
    »Wenn du welchen da hast«, antwortete Knobel unsicher, die Antwort vermeidend, die die richtige gewesen wäre, aber völlig unpassend schien: Ich muss noch fahren .
    »Rot oder weiß?«
    »Was du hast«, antwortete Knobel und ihm fiel auf, dass er wie ein Gast redete. Lisa streichelte Malin über den Rücken und küsste zart das Köpfchen der Tochter.
    »Einen Burgunder, denke ich«, sagte der Schwiegervater.
    »Einen Grand Cru . Es soll alles gut sein bei unserem Gespräch.«
    Knobel rutschte bei diesen Worten tiefer in die Sitzmöbel. Es soll alles gut sein, aber nichts würde gut werden.
    Der Schwiegervater stand auf, der Wein wartete bereits auf dem Sekretär in der Ecke. Was, wenn Knobel keinen Grand Cru gewünscht hätte?
    »Mein Sohn«, sagte er und beschrieb mit dieser Anrede eine Drohung, wie sie gewaltiger kaum ausfallen konnte, füllte den Grand Cru in die bereitstehenden dickbauchigen Rotweingläser und stellte sie ab, damit der Wein die Dahmsfeldstraße atme.
    »Mein Sohn«, wiederholte er, »Lisa sagte mir, dass du eine Wohnung angemietet hast. Wo ist das denn?«
    »Huckarde«, antwortete Knobel dünn.
    »Huckarde«, wiederholte der Schwiegervater langsam und schwenkte den Grand Cru .
    »Du weißt, dass ich meine erste Kanzlei dort hatte.«
    »Ein früheres Ladenlokal«, nickte Knobel und wollte noch mit Worten ausmalen, was ihm sein Schwiegervater darüber selbst erzählt hatte.
    »Ja, es war ein Anfang damals«, erinnerte sich der Schwiegervater. »Aber Huckarde ist kein Pflaster!«
    »Ich betreibe dort keine Kanzlei«, erwiderte Knobel.
    »Aber ja«, sagte der Schwiegervater milde. »Du wohnst dort nur. Zur Miete.«
    »Bei Herrn Yazicic«, ergänzte Knobel und war in diesem Augenblick trotzig stolz.
    »Stephan!«
    Und diese Anrede klang noch drohender als Mein Sohn zuvor.
    »Du kennst unsere gemeinsame Geschichte?«
    Bei diesen Worten nahm ihn auch Lisa ins Visier. Wie gern hätte Knobel seiner Frau jetzt erklärt, dass seine Entscheidung nicht die gemeinsame Geschichte relativierte, seine Entscheidung nicht die gemeinsame Geschichte treten wollte und nicht treten konnte.
    »Ihr habt euch im Studium kennengelernt, du und Lisa, ihr ward euch bald vertraut, habt erst zusammen gelernt, und bald wurde mehr daraus.«
    Nein!, schrie es in Knobel, es schien so, aber es war nicht so . Es wurde nie mehr daraus. Das habe ich mir bloß eingebildet. Lisa hatte es sich genauso eingebildet. Ich habe sie nie geliebt, habe anfangs nur geglaubt, sie zu lieben.
    Knobel schwieg.
    »Siehst du«, fuhr der Schwiegervater fort, »und bald bist du aus dem Bochumer Studentenwohnheim aus-und bei Lisa eingezogen. Und du weißt, dass Dr. Hübenthal ein langjähriger Freund von mir ist und nur über diese Verbindung seinerzeit deine Einstellung bei Hübenthal & Partner erfolgte.«
    Der Schwiegervater zog den Krawattenknoten nach und kostete den Grand Cru .
    »Vorzüglich«, urteilte er. »Trink was, du magst doch solche Weine! Das sind unsere Werte.«
    »Ich habe gestern schon so viel getrunken«, erwiderte Knobel, glücklich über diese Provokation, und nahm einen kräftigen Schluck, ohne jeden Respekt vor dem edlen Tropfen und erkennbar ohne Willen, den Wein im Mund behutsam zu kauen und ihn in der Kehle nachzuschmecken.
    »Will sagen«, fasste der Schwiegervater zusammen, »du hast schon eine große Karriere gemacht.«
    »Ich weiß, nur mit deiner Hilfe.«
    Knobel gelang ein stechender Blick in das Gesicht des Mannes, mit dem er nie warm geworden war.
    Lisa schossen Tränen in die Augen.
    »Warum nur?«, fragte der Schwiegervater und gab seiner Fassungslosigkeit durch nachhaltiges Kopfschütteln Aus-und Nachdruck.
    »Du hast doch alles, Stephan, sogar ein Kind! Und an Lisa ist doch alles dran«, fügte er an, nun bereit, seine eigene Tochter zu opfern.
    »Ihr habt euch doch immer gemocht.« Sein Kopf war zornesrot angelaufen. »Gott, was willst du denn noch?«
    Knobel trank den Grand Cru mit einem Zug aus, genoss das unverständige Schnaufen seines Schwiegervaters und stellte das Glas zur erneuten Befüllung bereit.
    »Ja, wenn ich es so einfach beantworten könnte wie du fragst«, sagte er.
    Und er formulierte im Geiste die Worte, die er jetzt

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