Todeserklärung
zu dem es ihn neugierig drängte.
Sie besichtigten Bunyola , dann Sóller , atmeten dort den Duft der Orangenhaine, aßen auf der Placa Sa Constitucio vor der Kirche Sant Bartomeu ein Eis, schauten den alten Straßenbahnen nach, die quietschend in einer Kurve über den Platz schaukelten und Touristen zum Hafen von Sóller brachten. Dann ging es weiter nach Fornalutx und in flottem Tempo Kurve auf Kurve durch das Tramuntanagebirge nach Pollença , weiter zur gleichnamigen Bucht und schließlich zum Cap de Formentor . Sie standen hoch über dem Meer. Knobel fotografierte Marie vor dem nun blau strahlenden Himmel und dann fotografierte sie ihn, schließlich machte ein Tourist mit Maries Digitalkamera ein Foto von beiden. Ihr erstes gemeinsames Foto. Wieder ein Eis, dazu einen Sekt, dann noch Kuchen und Sprudel.
Zurück ging es ebenso schnell wie hin, Marie trieb das kleine Auto forsch die kurvigen Straßen zurück nach Pollença , fuhr zügig an der Strandpromenade entlang, zeigte Knobel im Vorbeifahren Alcúdia und bog rasant rechts auf die Autobahn nach Palma ab.
Knobel indes merkte, dass das flaue Gefühl im Magen, das er erstmals kurz nach dem Einstieg ins Auto am Cap de Formentor verspürt hatte, stärker wurde. Er veränderte seine Sitzposition, krampfte und wusste nichts gegen die Magenschmerzen zu tun. Er musste dringend zur Toilette, und Marie verließ die Autobahn an der nächsten Abfahrt, folgte den Hinweisschildern zum nächstgrößeren Ort und gelangte in rasantem Tempo nach Sa Pobla, hielt bei dem nächsten Fußgänger an, der günstig zur Straße stand, und Marie griff nach dem ADAC-Reiseführer, schlug den kleinen Sprachführer am Ende auf, blätterte hastig in die Rubrik Unterwegs , tippte mit dem Zeigefinger auf die spanische Übersetzung von Wo sind die Toiletten ? und streckte dem Fußgänger den Reiseführer entgegen. Der Passant nickte, erklärte mit langsamen Worten, blieb trotzdem unverstanden, gestikulierte dabei mit beiden Armen und wiederholte seine Worte, aus denen Marie jedoch einen Begriff filterte, der ihr bekannt war: Estaticó de tren .
»Si, si, gracias«, nickte sie, und bevor der Fußgänger noch etwas sagen konnte, brauste sie mit dem Auto davon, erkannte auf dem nächsten Hinweisschild das Symbol für den Bahnhof und kam bald vor der kleinen Station zu stehen. Knobel stürzte in das moderne Toilettenhäuschen daneben und blieb für eine Weile verschwunden.
Währenddessen blätterte Marie im Reiseführer, suchte im Register das Stichwort Sa Pobla und fand eine knappe Beschreibung des touristisch offenbar nicht attraktiven Ortes:
Nur 5 Kilometer von Muro liegt Sa Pobla (10.000 Einwohner) inmitten des eigentlichen Gemüsegartens der Insel. Seine Äcker gehören zu den fruchtbarsten Mallorcas, denn das Land wurde aus den Sümpfen der S’Albufera gewonnen. Die satten Wiesen und roterdigen Felder des Es Marjals sind von Wassergräben gerahmt, die eher dem Abfluss als der Bewässerung dienen. Archäologische Funde beweisen, dass in dieser Gegend schon seit der Bronzezeit Ackerbau betrieben wird. Jaume der II. baute die einstige arabische Siedlung Huyalfàs planmäßig aus, wie die gradlinige Anlage der Straßen verdeutlicht. Die Landgüter ringsum dehnten sich bis nach Selva aus, aber als Landadeliger besaß man auch ein Haus in der Vila, im Ort. Mit der Umstellung auf Weinbau im 19. Jahrhundert ließen die Besitzer unter ihren Landhäuser jene berühmten Cellers, Weinkeller, anlegen. Auch für die Freizeit war gesorgt: Zum Angeln und Jagen begab man sich auf die eigene Parzelle in der S’Albufera.
Sie sah sich noch die wenigen Bilder des Ortes im Reiseführer an, als Knobel zu ihr ins Auto stieg. Sein Gesicht hatte wieder Farbe gewonnen. Marie gab ihm den aufgeschlagenen Reiseführer, startete den Wagen – und blieb stehen. Knobel bemerkte es zunächst nicht, dann sah er von dem Buch auf.
»Ist was?«
Marie starrte nach vorne.
»Das glaube ich nicht!«, rief sie.
»Was?«
»Guck nach vorne, dann siehst du es!«
Knobel schaute durch die Frontscheibe auf die Straße, die gut 150 m weiter in einen Kreisverkehr mündete. Nichts Besonderes. Keine Autos, nur ein paar Menschen.
»Rechts!«
Knobel blickte nach rechts, entdeckte das gläserne Häuschen der Bushaltestelle, dahinter das kleine Bahnhofsgebäude und dahinter, einige Meter höher, den Bahnsteig mit etlichen wartenden Fahrgästen. Er zuckte mit den Schultern.
»Die Bushaltestelle!«, sagte Marie.
Nochmals nahm er
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