Todesfahrt: Thriller (German Edition)
ergriff das Megaphon und erklärte den im Wasser schwimmenden Somalis, dass sie sich umgehend zu ergeben hätten.
»Wenn auch nur ein Schuss fällt oder ein Messer gezogen wird, drehen wir ab und lassen euch elend ersaufen«, drohte er, während die ersten Piraten bereits in ihre Richtung schwammen.
»Die sterben auch nicht gerne«, meinte er zu seinem Vorgesetzten und streckte dem ersten Piraten den Lauf seines G36 entgegen.
»Sei ja brav, mein Guter, sonst kriege ich einen Krampf im Zeigefinger. Und jetzt komm an Bord!« Dann sprach er auf Deutsch weiter. »Ich hoffe, wir haben genug Kabelbinder dabei, denn da kommen mindestens dreißig Kerle auf uns zu. Fast genau so viele treiben verletzt oder tot im Wasser.«
»Die holen wir zuletzt heraus«, erklärte der Erste Offizier und funkte die Sachsen an, noch zwei weitere Boote zu schicken.
An Bord der Fregatte wurde Diezmann unterdessen die Liste mit den Namen der geretteten KSK-Männer gereicht. Von den vierzig Mann an Bord der beiden aufgenommenen Boote war zwar niemand ums Leben gekommen, doch beinahe die Hälfte hatte Verletzungen davongetragen, und sechs der Verwundeten befanden sich in kritischem Zustand.
»Befehl ans Krankenrevier: Sie sollen sich zuerst um unsere Leute kümmern und dann erst um verletzte Piraten! Wir haben schon genug Männer verloren.«
»Boot zwei hat einen Raketentreffer erhalten und ist explodiert. Wenn es Überlebende gab, sind diese jetzt in den Händen der Piraten«, erklärte einer der unverletzt gebliebenen KSK-Soldaten. »Vom Major wissen wir nur, dass er uns den Weg freigekämpft hat. Ohne ihn hätten die Schufte uns erwischt. Aber ob sein Boot entkommen konnte, weiß ich nicht.« Der Mann wischte sich über die Augen, die sich mit einem Mal feucht anfühlten, und bat dann, nach seinen Kameraden schauen zu dürfen.
»Tun Sie das«, antwortete Diezmann und setzte sich auf seinen Stuhl. »Dreißig Vermisste, und das nur, weil so ein Sesselpupser an höherer Stelle den Befehl zum Abbruch der Aktion zu spät gegeben hat. Der Teufel soll diesen Idioten holen!«
»Solche Typen werden meist weggelobt und auf einen Platz hochbefördert, an dem sie noch mehr Unsinn anstellen können«, warf der Funker ein. Dann zuckte er zusammen und starrte auf seinen Bildschirm, auf dem eben ein einzelner Buchstabe aufleuchtete.
»Herr Kapitän! Eben ist von Tarows Rufzeichen gesendet worden. Der Major lebt!«
Diezmann riss es herum. »Was?« Dann sah auch er das große T auf dem Bildschirm und fühlte, wie seine Hoffnung zurückkehrte.
»Von Tarow lebt, und er befindet sich in Freiheit, sonst hätte er das Signal Q gesendet. Leute, holt diese verdammten Piraten an Bord und sperrt sie ein. Ich will die Sachsen und die Helikopter so rasch wie möglich einsatzbereit wissen.«
DRITTER TEIL
DIE FORDERUNG
EINS
S
ayyida hatte sich seit dem Tod ihres Mannes nicht mehr so zufrieden gefühlt. Es hatte sich ausgezahlt, schnell zu sein und unkonventionelle Wege einzuschlagen. Zwar waren ihre Erfolge auch dem Mann zu verdanken, der ihr Auge und Ohr im Zentrum der Feinde war, aber der war ein Verräter und sollte froh sein, wenn sie ihn später tatsächlich mit einem Posten betraute. Nun musste sie sich auf das konzentrieren, was im Augenblick zählte.
Sie befand sich im oberen Panoramasaal der Lady of the Sea , um sich mit den drei Männern zu beraten, die für ihre Pläne am wichtigsten waren. Zu ihrer Rechten saß ihr Vater Wafal Saifullah, einer der Clanältesten und der religiöse Führer ihres Stammes. Er hielt ein Glas Tee in der Hand, den ihm ein verängstigter Ober zubereitet hatte, und kaute in aller Bedächtigkeit Kat. Ihm gegenüber hatte Abdullah Abu Na’im, der saudi-arabische Ehemann ihrer Schwester Sahar, Platz genommen. Abdullahs Unterstützung war ihr wichtig, aber Sayyida lag noch mehr an dem dritten Mann, der zusammen mit ihrem Vater und ihrem Schwager von einem Hubschrauber an Bord abgesetzt worden war.
Diya Baqi Majid hatte einst als Pirat angefangen, war aber mittlerweile zu einem der mächtigsten Warlords in der umstrittenen Provinz Sanaag aufgestiegen. Nun verfügte er über eine gut gedrillte Privatmiliz von mehr als zweitausend Mann, die er mit den erzielten Lösegeldern ausrüsten und bezahlen konnte. Vor allem aber war er ein Angehöriger des Stammes der Warsangeli und fühlte sich weder Somaliland noch der schwachen puntländischen Zentralregierung in Garoowe verpflichtet. Zwar gefielen ihm ihre Aktionen nicht
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