Todesfahrt: Thriller (German Edition)
besonders, dennoch war er gekommen, um mit ihr oder, besser gesagt, mit ihrem Vater zu verhandeln, denn sein Stolz verbot es ihm, eine Frau als gleichrangig anzusehen.
»Ich bin bereit, mir deine Vorschläge anzuhören, Wafal Saifullah. Doch ich bestehe darauf, dass Laasqoray und das dort liegende Containerschiff mir übergeben werden. Außerdem verlange ich die Hälfte des Lösegelds, das du für dieses Schiff hier und dessen Passagiere erhältst«, erklärte er eben mit Nachdruck.
Sayyida nahm nicht an, dass der Mann wusste, was die Caroline geladen hatte, und selbst dann wäre sie keineswegs bereit gewesen, ihm auch nur ein Stück der Fracht auszuliefern. Mit den Waffen und Fahrzeugen an Bord des Frachters würde Diya Baqi Majid das Übergewicht erhalten und ihre Milizen verdrängen.
Obwohl sie wusste, dass der Mann es hasste, wenn sie anstelle ihres Vaters das Wort ergriff, sprach sie ihn an. »Du verlangst Unmögliches! Laasqoray ist in unserer Hand, und so wird es auch bleiben. Wir brauchen einen Hafen, wenn wir erfolgreich sein wollen. Du kannst ihn später haben, wenn Boosaaso und Berbera an uns gefallen sind.«
Diya Baqi Majid unterbrach sie rüde. »Boosaaso steht mir ebenfalls zu!«
Sayyida hätte ihn gerne daran erinnert, dass er sich auf ihrem Schiff und damit auch in ihrer Hand befand, doch sie hatte vor diesem Treffen ihren Onkel als Geisel stellen müssen. Riskierte sie dessen Leben, würde sie sich die eigene Sippe zum Feind machen.
»Über die Verteilung der Städte können wir später reden. Zuerst ist es notwendig, ein Bündnis zu schließen. Wenn du uns unterstützt, wirst du das Oberhaupt der Warsangeli und Gouverneur der Provinz Sanaag werden. Entscheidest du dich jedoch gegen uns, so gibt es andere Clanführer unter den Warsangeli, die unseren Vorschlägen positiv gegenüberstehen.«
Sayyida sah, wie das Gesicht des Warlords dunkel anlief. In ihm stieg die Wut hoch bei der Vorstellung, ihr Juniorpartner zu werden. Doch er kannte den Ruf ihrer Milizen, und ihm war klar, dass diese ihre Überfälle jederzeit auch auf sein Gebiet ausdehnen konnten. Er wusste genauso gut wie sie, dass sie bereits einen großen Teil ihres Stammes, der Dulbahante, durch eine gut dosierte Mischung aus Gewalt, Drohungen und Versprechungen davon überzeugt hatte, sich ihr anzuschließen. Wenn sie wollte, konnte sie zehntausend Krieger in den Kampf schicken.
»Was ist?«, fragte sie, als Diya Baqi Majid nicht sofort antwortete.
Dieser blickte ihren Vater an, der dem Gespräch ohne sichtbare Regung folgte. »Spricht deine Tochter in deinem Sinn, Ehrwürdiger?«
»Meine Tochter spricht, als wäre sie mein Mund«, erklärte der alte Herr mit sanfter Stimme. »Es ist mein fester Wille, die Unordnung und den Unfrieden in unserem Volk zu beseitigen. Dazu ist es nötig, jene zu vernichten, die sich diesem Ziel entgegenstellen, und die anderen mit fester, strenger Hand zu leiten.«
»Und wo bleibe ich bei dieser strengen und festen Hand?«, fragte der Warlord misstrauisch.
»Du wärst die rechte Hand meines Vaters in der Provinz Sanaag«, antwortete Sayyida. »Er wird der erste Sultan der Somalis sein. Um dieses Ziel zu erreichen, hat mein Vater diese beiden Schiffe erobern lassen.«
Es schmerzte die Frau, ihre eigenen Verdienste, die die ihres Vaters bei weitem übertrafen, nicht herausstreichen zu dürfen, doch weder Diya Baqi Majid noch die anderen Anführer würden eine Frau als Oberhaupt anerkennen.
»Aber warum gerade diese beiden Schiffe?«, fragte der Warlord verwundert. »Dieses hier, das kann ich ja verstehen. Damit hat dein Vater mehr als zweitausend Geiseln in seine Hand gebracht und seinen Ruf unter den Somalis vermehrt. Doch was er mit dem kleinen Frachter will, kann ich nicht begreifen.«
Zum Glück!, fuhr es Sayyida durch den Kopf. Wüsste der Mann von den deutschen Waffen, würde er versuchen, sich zum Sultan eines möglichst großen Teils von Somalia aufzuschwingen.
»Die Kaperung der Caroline sollte die fremden Kriegsschiffe vor unseren Küsten von unserem eigentlichen Ziel ablenken. Außerdem konnten wir damit Abdullah Abu Na’im einen Gefallen tun. Er ist von dieser Reederei beleidigt worden.« Es ist immer gut, darauf hinweisen zu können, dass man einflussreiche Freunde hat, dachte Sayyida und verneigte sich in Richtung ihres Schwagers.
Diya Baqi Majid blickte den Saudi neugierig an. »Bist du ein Verwandter des ehrwürdigen Wafal Saifullah oder sein Verbündeter?«
»Beides«,
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