Todesfee
beste Freundin ist.«
Fidelma verzog das Gesicht. Sie hatte Frauen gekannt, die auf solche Weise getäuscht worden waren, und auch Männer, die sich zu einer solchen Täuschung hatten hinreißen lassen. Aber sie schwieg. Da kam ihr ein Gedanke.
»Rumann war mit deinem Mann befreundet?«
»Ja.«
»Und auch mit dir?«
»Natürlich.«
»Rumann ist nicht verheiratet?«
»Nein, das ist er nicht.«
Fidelma beobachtete aufmerksam Muirgels Gesicht, während sie diese Fragen stellte. Aber da war keine Arglist. Muirgel verbarg nichts.
»Ich nehme an, dass du und Ruisín, Rumann und Uainiunn viel Zeit miteinander verbracht habt, oder?«
Diese Frage schien Muirgel ein wenig zu verwirren.
»Uainiunn war meine Freundin. Rumann war Ruisíns Freund. Es ist doch selbstverständlich, dass wir von Zeit zu Zeit alle beisammen waren.«
»Was ist mit Uainiunns Bruder – Lennán? Hat er auch an euren Zusammenkünften teilgenommen?«
»Ich dachte, wir hätten das geklärt. Er war niemals mit uns zusammen«, erwiderte Muirgel ein wenig verärgert.
Fidelma nickte seufzend.
»Verstehst du, ich würde gern herausfinden, wie Lennán darauf kam, dass seine Schwester und dein Ehemann angeblich ein Verhältnis hatten.«
»Falls du Gedanken lesen kannst, wirst du die Antwort finden. Alles was ich weiß, ist, dass Lennán früher nicht solche |349| seltsamen Dinge von sich gegeben hat. Das hat erst angefangen, nachdem er von dem Raubzug gegen die Uí Néill zurückgekehrt ist.«
»Das musst du mir erklären.«
»Vor über einem Jahr entschloss sich Lennán, an einem Überfall teilzunehmen, um ein paar Rinder zurückzuholen, die von einem der Clans der Uí Néill gestohlen worden waren. Als er zurückkam, war er völlig verändert. Du hast die Narbe auf seiner Stirn gesehen?«
»Er wurde verwundet?«
»Der Rest der Truppe, die zu dem Raubzug aufbrach, kehrte nicht zurück«, fuhr Muirgel fort. »Von den etwa zwanzig Männern, die ausgezogen waren, kam er als Einziger wieder nach Hause.«
»Hat er erzählt, was ihnen zugestoßen ist?«
»Sie sind in einen Hinterhalt geraten. Er wurde verwundet, und man ließ ihn liegen, weil man ihn für tot hielt. Ein Schäfer fand ihn, pflegte ihn gesund, und dann kam er zurück. Damals begann er, allen Menschen misstrauisch zu begegnen und diese lächerlichen Anschuldigungen gegen Ruisín vorzubringen.«
Fidelma beugte sich ein wenig vor.
»Dies fing also erst nach seiner Rückkehr von den Uí Néill an. Und du sagst, dir ist kein Grund dafür bekannt?«
»Vielleicht ist er nicht mehr ganz normal.«
»Hast du mit Uainiunn darüber gesprochen?«
»Natürlich. Lennán war doch ihr Bruder.«
»Und was meinte sie dazu?«
»Dass wir sein Gerede ignorieren sollten. Sie sagte, die meisten Leute wüssten, dass er sich seit seiner Rückkehr von dem Raubzug verändert hätte. Niemand würde ernst nehmen, was er sagte.« Muirgel schwieg plötzlich und schaute Fidelma mit großen Augen an. »Lennán? Du nimmst an, dass Lennán Ruisín |350| umgebracht hat? Wie denn? Er stand am anderen Ende des Tisches, als das Wetttrinken begann. Wie soll er meinen Mann getötet haben?«
Fidelma reagierte nicht auf Muirgels Frage. »Du hast keinen Verdacht, wer deinen Mann ermordet haben könnte?«, erkundigte sie sich.
»Keinen.«
»Das ist dann alles.«
Muirgel erhob sich und wollte gehen.
»Ach, noch eine Frage«, rief Fidelma leise.
Muirgel drehte sich erwartungsvoll um.
»Du hast kein Verhältnis mit Rumann, oder?«
Muirgels Augen weiteten sich einen Moment lang erschrocken, dann trat ein zynisches Lächeln auf ihr Gesicht. Sie gab ein unterdrücktes Lachen von sich und schüttelte den Kopf.
»Nein. Rumann ist zu sehr an Uainiunn interessiert, um sich mit mir abzugeben. Ich hätte ihn auch abgewiesen. Ich habe Ruisín geliebt.«
Fidelma nickte und bedeutete ihr, dass sie nun gehen könne.
Abt Laisran starrte Fidelma überrascht an.
»Ist es nicht ziemlich gefühllos, einer gerade verwitweten Frau eine solche Frage zu stellen?«, wies er sie streng zurecht.
»Manchmal, Laisran, muss man durch ein Moor waten, durch einen Sumpf, um festen Grund zu erreichen«, entgegnete Fidelma.
»Denkst du wirklich, dass Muirgel ihren Ehemann vergiftet hat, weil sie eine Affäre mit seinem Freund Rumann hatte?«
»Jede Frage, die ich stelle, dient einem Zweck. Du solltest meine Vorgehensweise eigentlich mittlerweile kennen, Laisran.«
|351| »Ich bin noch immer ein wenig durcheinander. Ich dachte, es wäre
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