Todesfeuer
verdient. Zum Zeitpunkt seines Todes hatte er am Markt jedoch schon wieder einen ganzen Batzen verloren. Als die Schulden beglichen waren, blieb nicht mehr viel Vermögen übrig. Aber Sie kennen ja die Reichen, meine Schätze, euer Schrott? Gemälde, die Charlie für unschätzbar wertvoll hielt, erwiesen sich als Mist, desgleichen ein Haufen angeblich seltener Bücher, die nicht einmal Erstausgaben waren. Der einzig größere Aktivposten, den sein Vater den Geschwistern hinterlassen hatte, waren Immobilien: drei Häuser, die seinerzeit etwa fünf Millionen wert waren. Das Haus an der Borodi Lane war der fetteste Brocken. Lan hat es in den vierziger Jahren gebaut. Es ist von Paul Williams entworfen, ein hinreißendes Haus. Es gab noch ein chaletartiges Wochenendhaus am Lake Arrowhead und ein drei Morgen großes Grundstück in Palm Springs. Lan ist vor zehn Jahren gestorben - er wurde einundneunzig. Barbara, seine Frau, war wesentlich jünger, als sie starb, daher fiel nach Lans Tod gleich alles an die Kinder. Leona ist Ärztin, Onkologin, eine bezaubernde Frau. Lan war ein scharfsinniger Mann und hat sie zur Testamentsvollstreckerin ernannt. Eigentlich war das logisch, aber es führte zum Unvermeidlichen.«
»Familienstreit.«
»Charlies Streit. Wir - mein Vater hat noch gelebt und die Kanzlei geleitet - haben versucht, Lan auszureden, dass er Leona einsetzt, und ihm vorgeschlagen, dass wir das Testament vollstrecken. Oder Lan sollte sich jemanden bei einer seiner Banken suchen. Er wollte aber nichts davon wissen.«
»Und Charlie ist in die Luft gegangen.«
»Gewaltig. Wenn Geschwister aufeinander losgehen, ist das immer eine Katastrophe, und diese Geschwister hatten von Anfang an nicht viele Gemeinsamkeiten. Nicht, dass Leona nicht versucht hätte, mit Charlie auszukommen. Einen vernünftigeren Menschen als sie gibt es gar nicht. Aber bei Charlie sieht die Sache anders aus. Man muss kein Psychologe sein, um zu erkennen, weshalb er Leona ablehnt. Sie ist in allem das Gegenteil von ihm: klug, begabt, glücklich verheiratet, kurz: ein Juwel.«
»Charlie hat nie was auf die Reihe gekriegt.«
»Charlie hat fast siebzig Jahre in einem Traumzustand gelebt.«
»Wahnvorstellungen?«
»So kann man das auch bezeichnen«, sagte Rifkin. »Ich darf Ihnen das alles sagen, weil wir ihn nicht mehr vertreten und nichts davon vertraulich ist. Er ist sogar unser erklärter Gegner geworden, hat zigmal gedroht, uns zu verklagen.«
»Weswegen?«
»Weil er Geld braucht und meint, Leona gibt ihm welches, wenn er nur genug Lärm schlägt.«
»Wer vertritt ihn?«
»Niemand. Er reicht seine Schriftsätze selbst ein, glaubt, er wäre schlauer als alle anderen. Ich muss Ihnen wohl nicht extra sagen, dass er jedes Mal abblitzt.«
»Er hält sich also für einen Anwalt.«
»Und einen Börsenmakler, einen Finanzberater und einen freischaffenden Investor, suchen Sie sich was aus. Bevor das Haus verkauft wurde, wollte er eine Insel vor der Küste von Belize verkaufen und verlor alles, was er hineingesteckt hatte. Er war viermal verheiratet, keine Kinder, ist eigentlich pleite und haust mittlerweile in einer Zweizimmerwohnung in Pasadena. Traurig, aber er hat es sich selbst zuzuschreiben. Leona wollte fair sein, hat angeboten, eine Treuhandgesellschaft für ihn einzurichten, die von Profis verwaltet werden sollte, damit er sich ein kleines Netzwerk aufbauen kann. Er wirft ihr vor, dass sie ihn kontrollieren wolle. Sie hat als Vollstreckerin nie einen Cent genommen und achtet peinlich genau darauf, dass alles redlich geteilt wird. Was mich wieder zum Ausgangspunkt zurückbringt: Charlie war die treibende Kraft beim Verkauf der Immobilien. Deswegen ist sein Gezeter darüber auch so verrückt.«
»Leona wollte also gar nicht verkaufen?«
»Auf keinen Fall. Sie hatte vor, alles treuhänderisch für künftige Generationen zu erhalten. Ein eigenes Verwaltungskonto einzurichten, von dem die Ausgaben bestritten werden sollten.«
»Aber Charlie hat keine Kinder, also dachte er, sie wollte ihn zu Gunsten ihrer Erben übergehen.«
»Ich verstehe diesen Einwand«, sagte Rifkin. »Aber es ist nicht so, dass Charlie mit der Borodi Lane kein Geld verdient hat. Das Haus wurde für zwanzigtausend im Monat vermietet, und nach Abzug der Steuern und Verwaltungskosten hatte er netto immer noch eine fünfstellige Summe.«
»Wer waren die Mieter?«
»Diverse Filmleute, die während der Dreharbeiten eine vorübergehende Unterkunft brauchten. Keine Stars -
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