Todesflut: Thriller
Zeit, sie in Sicherheit zu bringen.«
Kai nickte. Von den Tieren dürfte kaum eines überlebt haben.
An dem Gebäude hinter ihnen war zu erkennen, dass das Wasser um ein halbes Stockwerk gesunken war.
»Kommt, gehen wir«, sagte Kai leise. »Wir müssen uns beeilen.«
Er führte sie zum Treppenhaus, wo er sich schnell einen Überblick über den entstandenen Schaden verschaffte. Vom Treppenabsatz des neunten Stockwerks tropften Wasser und Schlamm, aber davon abgesehen sahen die Stufen intakt aus. Abfälle hatten sich im Geländer verfangen und auch um die Pfeiler gewickelt, die den äußeren Teil des Treppenhauses trugen.
Ein penetranter Gestank lag in der Luft. Der Tsunami hatte Abwasser, Benzin, Müll und verschiedene Chemikalien zu einer entsetzlichen Brühe vermischt. Kai musste husten.
Das Wasser sank erstaunlich schnell. Der Sog musste um die zwanzig Stundenkilometer betragen, schätzte er. Das war schneller, als ein Mensch schwimmen kann, es war sogar schneller als die Strömung vieler Flüsse. Gelegentlich kollidierte ein großer Gegenstand mit einem Treppenhauspfeiler. Dann schraken sie alle zusammen.
Statt weiter dem sinkenden Wasser zu folgen, öffnete Kai die Notausgangstür zum Flur, an dem die Eigentumswohnungen des zehnten Stocks lagen. Sie war als einzige Tür trocken geblieben.
»Was hast du vor?«, fragte Brad.
»Mia und Lani brauchen unbedingt Schuhe. Draußen liegt zu viel scharfkantiges Zeug herum.«
»Willst du damit sagen, dass wir jetzt ein paar Türen aufbrechen?« Sein Bruder war offensichtlich begeistert über die Aussicht.
»In einer Stunde wird von diesem Gebäude kein Stein mehr zu sehen sein, deshalb dürfen wir uns bedienen. Teresa, bleib hier bei Tom und Jake. Lani, Mia, kommt mit uns.«
»Mia soll bei mir bleiben.« In Teresas Stimme schwang Angst mit.
»Sie muss die Schuhe anprobieren«, sagte Kai ruhig. »Und Brad brauche ich, damit er die Wohnungstüren einschlägt. Wenn Reggie meine Nachricht erhält und uns einen Helikopter schickt, muss einer schnell aufs Dach rennen und winken. Wir sind gleich wieder bei dir.«
Im Flur war es dunkel, weil der Strom ausgefallen war. Teresa hielt also die Stahltür offen, während Tom und Jake zu einem Fenster am Treppenabsatz gingen, um eine bessere Sicht ins Freie zu haben. Kai ging durch den Flur zu einer Wohnung, die zum Meer hin lag. Er trat gegen die Tür, aber sie bebte nur leicht.
»Lass mich mal ran.«
Brad trat mit voller Wucht zu, und der Rahmen brach. Zwei weitere Tritte, und krachend flog die Tür auf. Kai bedachte seinen Bruder mit einem neugierigen Blick.
Brad zuckte mit den Schultern. »Karate.«
Sie durchquerten eine Küche, wo sich das Geschirr im Spülbecken türmte, und betraten ein Wohnzimmer mit einer massigen Ledercouch, einem Couchtisch voller Illustrierter, einem großformatigen Fernseher und einem Xbox Controller. Kai sah sofort, dass sie in eine Junggesellenwohnung geraten waren, ging aber trotzdem weiter ins Schlafzimmer und warf einen Blick in die Einbauschränke. Wie er sich gedacht hatte, standen dort nur Männerschuhe der Größe zwölf.
Frustriert tauchten sie wieder im Flur auf.
»Habt ihr etwas gefunden?«, fragte Teresa.
»Junggesellenwohnung«, sagte Brad.
»Das Wasser ist bis zum sechsten Stock gesunken!«, rief Jake aus dem Treppenhaus. Er und Tom folgten dem Wasser.
»So dauert es zu lange«, sagte Kai. »Wir müssen losrennen können, wenn das Wasser auf Erdgeschosshöhe ist. Brechen wir zwei Wohnungen gleichzeitig auf.«
Brad nickte, und dieses Mal traten sie die Tür der Wohnung 1002 ein. Sie sprang sofort auf. Brad ging mit Mia zur nächsten Wohnung, während Lani mit angespanntem Gesicht ihrem Vater in die 1002 folgte.
»Denk dran«, sagte Kai bemüht heiter, »wir suchen keine schicken Absätze, sondern einfache, flache Halbschuhe.«
Ihrem Blick war zu entnehmen, was sie von seinem Versuch hielt.
Die Tür zum Balkon stand weit offen, wie es in Hawaii üblich war, damit die Brise durch die ganze Wohnung wehte. Kai hörte Brad von der benachbarten Balkontür aus rufen.
»Hier wohnte eine Familie! Vielleicht haben wir Glück.«
»Hier auch!«, rief Kai zurück.
Lani war schon im Schlafzimmer und durchsuchte den Schrank.
»Hast du was gefunden?«, fragte ihr Vater von der Tür her.
Sie hielt ein Paar weißer Halbschuhe in die Höhe. Alle anderen Schuhe waren entweder Sandalen oder hatten hohe Absätze.
»Deine Größe?«
»Annähernd.«
»Gut, dann zieh sie gleich
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