Todesflut: Thriller
denen sie noch über die geborstenen Kabel befestigt waren. Die fünf Betrunkenen rutschten ab. Ihre gellenden Schreie verstummten erst, nachdem ein dumpfer Aufprall in der Tiefe zu hören war. Paige drehte Ashley zu sich um, damit ihr der entsetzliche Anblick erspart blieb. Sich lösende Brückenreste stürzten auf die Leichen der Männer.
Bill hielt mit beiden Armen einen Pfeiler umklammert, während Teile der Überdachung krachend in den Hof stürzten.
Paige blickte vorsichtig über die Kante nach unten. Sie wusste, es war nur eine Frage von Minuten, bis er entweder erschöpft loslassen oder von der nächsten Welle weggerissen werden würde.
Die Überquerung der Fußgängerbrücke und das anschließende Treppensteigen hatten Rachel völlig erschöpft. Mit dem Kopf an die Brandschutztür im Treppenhaus des sechzehnten Stocks gelehnt, versuchte sie, ihren Mann auf dem Walkie-Talkie zu erreichen. Sie erschrak zutiefst, als er nicht antwortete.
»Kai, bist du da? Kai, antworte bitte!«
»Wer ist Kai?«, wollte Wyatt wissen.
»Mein Mann. Er ist bei unserer Tochter Lani.«
»Was ist mit ihnen?«, fragte nun Hannah.
»Ich …«, begann Rachel, aber ein Schluchzer unterbrach sie, und sie konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten.
Sie bedeckte ihr Gesicht mit den Händen, als es aus ihr herausbrach. Der Stress. Die schwere Verantwortung für die vielen Hotelgäste. Die Ungewissheit, ob ihr Mann und ihre Tochter in Sicherheit waren …
Sie wollte nicht daran denken, was im schlimmsten Fall geschehen sein konnte. Und nun war sie auch noch für zwei fremde Kinder verantwortlich.
Hannah umarmte sie. »Es wird alles wieder gut, Rachel. Kai und Lani sind bestimmt in Sicherheit.«
Rachel schluchzte noch einmal und hielt das kleine Mädchen an sich gedrückt. Wie kann ein Kind es aushalten, wenn ich mich so gehenlasse, dachte sie. Teresa hatte recht. Ein Leben zu retten war harte Arbeit, aber es lohnte die Mühe.
Einen Augenblick später atmete Rachel tief durch und beruhigte sich.
»Danke, Hannah.« Sie streichelte dem Mädchen über das Haar. »Ich bin sicher, dass alles in Ordnung ist.«
Wyatt, der hinter Hannah stand, hatte das Rührstück verlegen betrachtet.
»Kann ich es mit dem Walkie-Talkie versuchen? Ich habe auch eines zu Hause. Vielleicht erreiche ich ihn.«
Lächelnd wischte sich Rachel das Gesicht am Ärmel ab. »Aber klar doch, Wyatt.« Sie reichte ihm das Gerät. »Drück einfach auf den roten Knopf und sprich.«
»Kai? Bist du da?« Wyatt wartete auf eine Antwort.
»Versuch es noch einmal, und achte darauf, dass …« Sie hielt mitten im Satz inne und lauschte mit zur Seite geneigtem Kopf.
»Und achte auf was?«
»Pst!«
»Was?«, fragte Hannah.
»Seid eine Sekunde still. Ich glaube, ich höre da etwas.«
Rachel drehte den Kopf so, dass sie ihr Ohr an die Tür drücken konnte. Wyatt und Hannah machten es ihr nach.
Nach einer Weile hörte man ein deutliches Klopfen. Gewöhnlich übertönten die Ventilatoren und die Klimaanlage des Hotels leisere Geräusche. Aber seit der Strom ausgefallen war, herrschte eine unheimliche Stille.
Das Geräusch wiederholte sich in regelmäßigen Abständen. Eins, zwei, drei, vier. Dann vier Schläge Ruhe. Danach wieder: eins, zwei, drei, vier. Ein schwaches Pochen hinter der Metalltür.
»Was ist denn das?«, fragte Hannah.
»Ich weiß es nicht, es klingt, als käme es vom Flur.«
Rachel sprang auf und öffnete die Tür. Man hörte das Klopfen jetzt lauter und deutlicher. Es schien aus dem verlassenen Korridor zu kommen.
»Ihr beide wartet hier«, befahl Rachel.
»Wo gehst du hin?«, wollte Hannah wissen.
»Ich will herausfinden, was da klopft. Ich bin gleich wieder bei euch. Geht nicht weg, es sei denn, eure Eltern kommen. Und lasst diese Tür offen stehen.«
Rachel ging den Flur hinunter. Alle paar Sekunden hielt sie lauschend inne. Je weiter sie ins Gebäude vordrang, desto lauter wurde das Pochen. Schließlich hörte sie eine Stimme.
»Hilfe! Kann mich jemand hören?«
In einem der Aufzüge war ein Mensch eingeschlossen.
Die Tauchgeräte mit dem vielen Zubehör verlangsamten ihr Tempo weitaus stärker, als Kai erwartet hatte. Es war viel zu viel Zeit vergangen, als sie endlich in die Wohnung stürzten.
»Wir haben schon gedacht, ihr habt uns vergessen«, begrüßte sie Brad. Er spielte den Unbekümmerten, aber Kai spürte die Verzweiflung hinter der fröhlichen Miene, die er für Mia aufgesetzt hatte.
»Da kannst du aber lange warten,
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