Todesfracht
Es kam Eddie so vor, als wäre er auf ein Wasserbett gefallen. Zu seinem Schrecken erkannte er, dass sie in einem tiefen Quecksilbertümpel gelandet waren. Ehe sich Paulus erholen konnte, rammte ihm Eddie ein Knie zwischen die Beine und drückte gleichzeitig den Kopf des Mannes tief in das flüssige Metall. Paulus keuchte unwillkürlich, als der Schmerz in seinem Unterleib explodierte, und saugte einen Mund voll von der giftigen Substanz auf. Er begann sich schon in Krämpfen zu winden, doch Eddie blieb wie ein Cowboy bei einem Bullenritt auf ihm sitzen. Paulus schaffte es jedoch, den Kopf aus dem Tümpel zu heben. Er hustete dicke Quecksilbertropfen aus, ehe Eddie seinen Kopf wieder nach unten drückte.
Es dauerte gut eine Minute, bis er aufhörte sich zu wehren. Als Eddie sich von dem Körper erhob, stieg er wie ein Korken im Wasser an die Oberfläche des Tümpels. Paulus’ Mund und Nasenlöcher waren kleine winzige Quecksilberpfützen, und seine Augenlider sahen aus, als ob jemand bereits Geldmünzen draufgelegt hätte.
»Das steht ganz sicher auf meiner Liste der zehn Todesarten, die ich nicht am eigenen Leib kennenlernen möchte«, sagte Juan und legte Eddie eine Hand auf die Schulter.
»Für eine Weile«, keuchte Eddie, »habe ich geglaubt, ich müsste es mit all diesen Kerlen ganz allein aufnehmen.«
Juan half ihm auf die Füße. »Was denn – und uns einen Teil des Ruhms streitig machen?« Er deutete mit einem Kopfnicken auf den Toten. »Anton Savich?«
»Nein, ein Südafrikaner, der angeheuert wurde, um diesen Albtraum hier zu beaufsichtigen. Er heißt Paulus, Jan Paulus.«
»Hast du eine Idee, wo Savich ist?«
Eddie schüttelte den Kopf. »Das Letzte, was ich weiß, ist, dass er in diesem großen Kreuzfahrtschiff unten am Strand war.
Paulus hat Savichs Piloten als Geisel genommen, daher nehme ich an, dass er längst tot ist.«
»Verdammt.«
»Warum? Das spart uns doch eine ganze Menge Arbeit.«
Cabrillo verstummte für einen Moment, dann sagte er: »Der Hehler.«
»Hehler?«
»Ja, der Typ, der gestohlenes Gut von einem Dieb kauft«, erklärte Juan. »Ehe Gold geprüft und von einer amtlichen Münzanstalt mit einem Stempel versehen wird, ist es praktisch wertlos. Niemand, der ausschließlich legale Geschäfte betreibt, will es auch nur anrühren. Savich hat das sicher gewusst, ehe er diesen Laden hier aufbaute, was bedeutet, dass er bereits jemanden in petto hat, der es ihm abkauft. Jemanden, der das Gold legalisieren und ins System einsickern lassen kann. Es muss jemand sein, der eine ganz große Nummer ist, zum Beispiel ein bedeutender Bankier mit umfangreichen Beziehungen.«
»Tut mir leid, Juan, ich habe keine Idee, wer das sein könnte.«
Juan lächelte. »Keine Sorge, wir werden diesen habgierigen Bastard schon finden.«
Linc meldete sich per Funk bei Juan. »Der Strand ist gesichert, Juan. Die Russen haben die Zeichen der Zeit erkannt und sich als Gegenleistung dafür, dass sie von hier weggebracht werden, kampflos ergeben.«
»Für uns wird es auch Zeit zu verschwinden.« Cabrillo sah sich um. Hunderte von chinesischen Arbeitern waren plötzlich wie aus dem Nichts erschienen. Sie hatten zwischen den großen Felsblöcken Deckung gefunden, und nun, da die Kämpfe beendet waren und der Schlepper die Bucht anderthalb Kilometer weiter runtergefahren war, liefen sie wie unter Schock ziellos durcheinander. »Für uns alle.«
Sobald Juan seine Anweisungen gegeben hatte, dauerte es nur wenige Minuten, bis sich die Nachricht verbreitet hatte, dass die Arbeiter das nächste Schiff besteigen sollten, das zum Strand käme. Jedoch würde es eine Stunde oder länger dauern, um die einzige Leiter zu überwinden, die lang genug war und bis an die Schiffsreling reichte. Juan wartete am Pier, den die Trawler bei ihren Besuchen immer benutzten, als Tory im Sturmboot vorbeikam. »Wollen Sie in meine Richtung, Seemann?«
Er sprang aufs Deck hinunter und drückte ihr spontan einen Kuss auf den Mund, doch dieser Kuss wurde von einer weiteren dröhnenden Explosion des Vulkans unterbrochen, die bis zu dreißig Zentimeter hohe Wellen über das Wasser tanzen ließ.
»Donnerwetter, Sie haben aber die Erde beben lassen.« Tory lachte heiser.
Für Juan war der Moment längst vorbei. Sie befanden sich in einem Kampf gegen die Uhr, und jede Sekunde zählte. Tory verstand seinen Gesichtsausdruck richtig und gab Gas.
Auf Cabrillos Befehl hatte Max die
Oregon
so gedreht, dass ihr Heck auf den gestrandeten
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