Todesfuge: Gerda und Otto Königs zweiter Fall (German Edition)
Venezia und haben Valentina Felices Gesangsabend über uns ergehen lassen.“
„Das war wirklich ein Opfer, aber wenn ich an das Büfett denke, dann hat es sich durchaus gelohnt.“
„Anfangs wolltest du gar nicht mit, weißt du noch?“
Otto nickte. „Na klar, da lief doch die Fußballübertragung.“
„Richtig. Beide Ereignisse zusammen boten Pirchow das perfekte Alibi. Ab einem gewissen Zeitpunkt hätte sich jeder für einige Zeit aus dem Venezia wegschleichen können, in der feucht-fröhlichen Stimmung hätte niemand mit Gewissheit sagen können, ob sich jemand im Raum befand oder kurz verschwunden war. Und im Altersheim lief an diesem Abend im Zimmer der Pfleger auch der Fernseher. Niemand hat bemerkt, dass Pirchow die alte Dame besucht hat.“
„Wirklich raffiniert, der Kerl. Ob er sie in Wellensteins Geheimnis eingeweiht und ihr gesagt hat, dass sie seine Großmutter ist?“
„Darüber können wir nur spekulieren, Otto. Es würde mich nicht wundern, wenn Pirchow die alte Dame erpresst hätte. Erst wird sie sich vielleicht gefreut haben, in Pirchow einen so charmanten Enkel gefunden zu haben, immerhin hat sie ihn umarmt. Das jedenfalls hat Gerlinde Haller gesehen. Möglicherweise hat Pirchow die alte Dame erpresst, ihr damit gedroht, Wellensteins Geheimnis publik zu machen. Sie hat ihm Geld geboten, damit er schweigt und er hat eingewilligt, unter der Voraussetzung, dass sie ihren Deal mit einem Gläschen Eisenhut-Likör besiegeln würde. Den Kräuterlikör hat Frau Wellenstein Senior nicht überlebt wie wir wissen. Aber wie gesagt, das ist alles nur eine Vermutung. Ganz sicher wissen wir nur, dass es für Pirchow kein Problem war, für einige Zeit aus dem Venezia zu verschwinden und zu Fuß zum Gertrudenstift zu laufen, den Mord zu verüben und auf dem Rückweg das Graffiti an die Wand der Musikschule zu schmieren.“
„Gerda, Gerda! Beeindruckend , wie du den Fall durchleuchtest, aber es macht mir auch ein wenig Angst. Wir hatten wirklich Glück, dass dir nichts passiert ist. Die Sache hätte auch ganz anders ausgehen können. Warum hat Pirchow denn jetzt eigentlich gestanden? Soweit ich weiß, hat er sich doch anfangs ganz bedeckt gehalten.“
„Von Georgs Mutter weiß ich, d ass sie ihrem Sohn geraten hat, Wellenstein dazu zu bewegen, seinen Sohn wenigstens anzuhören. Pirchow hat in der Untersuchungshaft tatsächlich gesagt, dass er erst eine Aussage machen würde, wenn er mit seinem Vater gesprochen hätte.“
„Und dann ist Wellenstein einfach so hin und hat sich die Geschichte angehört?“
„Kannst du dir das vorstellen? So einfach war es nicht. Ich denke, dass Wellensteins Entschluss, sich der eigenen Vergangenheit zu stellen, etwas mit dem Selbstmord am Ende des Konzerts zu tun hatte. Er ist ja auch erst in der Woche nach dem Konzert zu seinem Sohn gegangen, hat sich alles angehört und Gerlinde Haller meinte, dass er sich sogar entschuldigt habe.“
„Das hätte ich ihm nicht zugetraut. Aber gut, auch ein egomanisches Arschloch kann sich noch ändern, wenn es die Umstände erfordern.“
„Otto!“
„Ist doch wahr.“
„Jedenfalls kam Georg auf diese Weise zu seinem Geständnis. Pirchow muss ihm detailliert geschildert haben, wie er seine Verbrechen geplant und durchgeführt hat. Dazu gehörte auch, wie er bei uns im Salon regelmäßig die Seiten aus den Zeitschriften gerissen hat, um Material für die Drohbriefe zu bekommen.“
„Meinst du , er wollte damit den Verdacht auf uns lenken?
„Das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen , Otto. Ich glaube eher, dass für ihn die Devise galt Gelegenheit macht Diebe .“
„Ich finde es wirklich schlimm, wozu sich der Mann in seiner Enttäuschung hat hinreißen lassen. Man muss im Leben doch auch ein wenig die Contenance bewahren.“
„Ich glaube, dass wir uns die Situation, in der er war, gar nicht vorstellen können. Immerhin hat er zwei Menschen auf dem Gewissen.“
„Und es wären sicher noch mehr geworden, wenn du nicht Schlimmeres verhindert hättest, Gerda.“
„Was ich mindestens genauso erschreckend und auf der anderen Seite auch wieder faszinierend finde ist, dass es Pirchow gelang, falsche Fährten zu legen. Er besuchte die alte Frau Wellenstein nach ihrem Sohn und zwar unbemerkt, tötete sie mit einer Eisenhut-Blume aus Wellensteins Garten, zerlegte für seine Drohbriefe unsere Lesezirkel-Hefte und kümmerte sich so rührend um Wellenstein, dass man ihn als Letzten verdächtigt hätte.“
„Dass Ansgar
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