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Todesfuge: Gerda und Otto Königs zweiter Fall (German Edition)

Todesfuge: Gerda und Otto Königs zweiter Fall (German Edition)

Titel: Todesfuge: Gerda und Otto Königs zweiter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Wierlemann
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überflüssig, sich die Geschichten und die Personen dahinter zu merken. Die einzige Beständigkeit, die es hier gab, war der Wandel. Seiner Mutter machte die ständige Konfrontation mit dem Tod erstaunlich wenig aus, fand Georg. Sie schien die Abwechslung in der Bewohnerzusammensetzung direkt zu genießen.
    Als seine Mutter ihm von den weiteren Hobbys ihres neuen Nachbarn erzählte , hörte der Hauptkommissar nur mit halbem Ohr zu. Offensichtlich schien der Herr ganz rüstig und obendrein auch noch sympathisch zu sein. Trotzdem interessierten Georg die Altersheim-Storys wenig, er wollte mit seiner Mutter jetzt endlich über den Fall sprechen, es sei denn, ihre Geschichte würde wirklich noch spannend werden. „Hast du dich etwa in diesen Herrn verguckt?“, zog Georg seine Mutter auf. Auf diesem Ohr schien sie allerdings sehr empfindlich zu sein; sie wechselte sofort das Thema. Wie es Lisa-Marie ginge, wollte sie wissen. Auf dieses Stichwort hatte ihr Sohn gerade noch gewartet! Bevor seine Mutter hier weiter in die Tiefe gehen konnte, rückte Georg lieber mit seinem Anliegen heraus. Seine Mutter bat ihn allerdings noch um etwas Geduld.
    Bevor Georg loslegen konnte, räumte Gerlinde noch den Tisch ab und entkorkte eine Flasche Wein. „So lässt es sich viel besser reden. Was hast du denn so Wichtiges mit mir zu besprechen? Du tust ja richtig geheimnisvoll.“ Gelinde musste schmunzeln. Der Abend hatte ohne ihr Zutun genau die Wendung genommen, die sie sich gewünscht hatte. Sie hätte zwar auch gern mehr über Georgs Freundin erfahren, aber sie hatte schon gemerkt, dass ihr Sohn dieses Thema lieber vermied. Vielleicht stand mit den beiden nicht alles zum Besten. Sie würde einfach warten, früher oder später würde ihr Sohn schon mit der Sprache herausrücken. Mit ein bisschen Geduld würde sie alles herausbekommen, was sie interessierte, da war sich Gerlinde sicher. Ihr Weg heute Abend hatte sie jedenfalls zum Ziel geführt und die alte Dame schrieb einen Großteil dieses Erfolges dem guten Essen zu. Was für eine Wirkung ein Schweinebraten und handgeschabte Spätzle doch haben konnten!
    Georgs Mutter lehnte sich in ihrem Sessel zurück und ließ ihren Sohn erzählen . Sie unterbrach ihn nur selten um Fragen zu stellen und Georg berichtete von den Drohbriefen an Wellenstein, den Mordanschlägen und den Rufmord-Aktionen gegen den Dirigenten. Er beschrieb seiner Mutter den Täter so gut es ihm möglich war, merkte aber, dass ihm dieser Mann trotz der intensiven Verhöre fremd geblieben war. Der mutmaßliche Täter hatte ihm nur seine Lebensgeschichte erzählt und über sein Leiden gesprochen. Sein Hass auf Wellenstein war ungebrochen; ein Geständnis hatte er noch nicht abgelegt. Georg konnte nur vermuten, dass Pirchow der Absender der Drohbriefe und auch verantwortlich für die bisherigen Morde war. Sicher gingen auch die Sachbeschädigung an der Musikschule und die verunstalteten Konzertplakate auf sein Konto.
    Gerlinde hatte immer wieder an ihrem Weinglas genippt und gewartet, bis Georg fertig war. „Und, was denkst du über die Sache, Mama?“
    Dass ihr Sohn sie das einmal mitten in einem Kriminalfall fragen würde, hätte Gerlinde nicht für möglich gehalten. Aber so konnten sich die Dinge wandeln. Seit sie ins Altersheim gezogen war, hatte sich ihre Beziehung verändert und in manchen Punkten auch entspannt. Die alte Dame hatte gemerkt, dass ihr Sohn auch ganz gut allein zurecht kam und entdeckt, dass es für sie noch mehr gab auf dieser Welt, als ihrem Sohn abends ein warmes Essen zu servieren. Jetzt saß ihr Sohn vor ihr und schaute sie gespannt an. Er war wirklich an ihrer Meinung interessiert.
    „Wenn du mich fragst, dann hat sich in dem Leben des armen jungen Mannes viel aufgestaut. Er hat unter dem abwesenden Vater gelitten, weil er wusste, dass dieser kein Interesse an seiner Familie hatte. Pirchow fühlte sich verlassen und ungeliebt, das hat eine große seelische Verletzung bei ihm hinterlassen. Es würde ihm sicher helfen, wenn er für seine Gefühle ein Ventil bekäme. Vielleicht kannst du Wellenstein dazu bringen, seinen Sohn anzuhören; wenigstens einmal in seinem Leben. Falls er das ablehnt, kann Pirchow seinem Vater vielleicht einen Brief schreiben und sich darin Luft machen. Wenn du mich fragst, musst du dich nicht wundern, dass du noch kein Geständnis bekommen hast. Eine Aussage ist erst der zweite Schritt. Erst muss der Zorn raus und die Trauer.“
    „So habe ich das noch gar nicht

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