Todesfuge: Gerda und Otto Königs zweiter Fall (German Edition)
schaute verdutzt. Diese Information passte ganz und gar nicht in sein Weltbild. „Aber wieso das denn? Der Täter sitzt doch längst in Untersuchungshaft. Da wird er wohl kaum Drohbriefe zusammenkleben können.“
„E inzelheiten weiß ich auch nicht. Frau Wellenstein war ziemlich fertig mit den Nerven. Sie meinte nur, dass Georg gleich noch vorbeikäme, um sich den Brief anzusehen.“
„Es ist also noch nicht vorbei.“ Otto überlegte kurz. „Wir müssen unbedingt wissen, was in dem Brief steht. Schließlich stecken auch wir inzwischen ziemlich tief in der Sache drin, das heißt, eigentlich bist du es, die mittendrin steckt. Es könnte immerhin sein, dass du auch bedroht bist.“
„Jetzt mach aber mal halblang, Otto. Bislang hatte der Täter die Familie Wellenstein auf dem Kieker. Ich fühle mich eigentlich nicht bedroht.“
„Das ist auch gut so, Gerda. Aber wir sollten doch auf Nummer sicher gehen. Was meinst du, sollen wir noch bei den Wellensteins vorbeischauen, um einen Blick auf den Brief zu werfen?“
„Alles , bloß das nicht. Ich denke, Georg wird den Brief sicher mitnehmen, um ihn zu analysieren. Vielleicht statten wir lieber ihm noch einen Besuch ab.“
„Gute Idee, wir wissen ja , wo er wohnt.“
Seine Frau sah ihn fragend an.
„Gerda, du wirst doch nach dem letzten Wochenende nicht einfach so in die Polizeidienststelle reinlaufen wollen. Wenn dich auch nur eine Person sieht, dann weiß es gleich ganz Bärlingen und die Gerüchteküche hört gar nicht mehr auf zu brodeln.“ „Ach Otto, was täte ich nur ohne dich?“, seufzte Gerda.
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Freitagabend / Sicherheitstraining
„Das ist doch herrlich, Otto! Ich weiß gar nicht, wann wir das letzte Mal zusammen radeln waren.“ Gerda genoss den kleinen Ausflug, während ihrem Mann die Fahrradtour sichtlich schwerer fiel. Weil das Wetter so schön war, hatten sie beschlossen, den Besuch bei Georg mit einem kleinen Ausritt auf ihren angestaubten Drahteseln zu verbinden. Otto hatte die Räder aus dem Keller geholt, sie etwas gesäubert und die Luft in den Reifen überprüft. Jetzt schien er es allerdings schon zu bereuen, dass er dem Vorschlag seiner Frau so bedenkenlos zugestimmt hatte. Er hatte bereits kleine Schweißperlen auf der Stirn und konnte nur mit Mühe das Tempo halten, das Gerda vorlegte. „Dann genieß es doch auch, Schätzle. Du musst doch nicht so rasen. Schließlich rennt Georg uns nicht davon.“
Endlich fühlte Gerda, dass die Last der vergangenen Tage von ihr abfiel und der Kopf frei wurde. Zu Otto gewandt meinte sie nur : „Wir sollten das viel öfter machen. Dann würde es dich auch nicht so anstrengen.“ Das wollte ihr Mann nicht auf sich sitzen lassen und trat kräftig in die Pedale. Mit einem gequälten Lächeln im Gesicht schloss er zu Gerda auf, konnte sich allerdings vor lauter Anstrengung jetzt nicht mehr unterhalten. Gerda musste schmunzeln, sie kannte ihren Mann schließlich lang genug und wusste, dass sie seinen Ehrgeiz geweckt hatte. Ein bisschen Anstrengung schadete ihm gar nicht, fand sie und behielt ihr Tempo bei.
W ährend Gerda fleißig ihren Yoga-Kurs in der Volkshochschule besuchte und ab und zu mit ein paar Freundinnen zum Joggen ging, bestanden Ottos sportliche Aktivitäten mittlerweile nur noch darin, sich den Sport im Fernsehen anzuschauen. Diese Bequemlichkeit rächte sich jetzt und nach einer Weile hatte Gerda Mitleid mit ihrem Mann. Sie wollte nicht riskieren, dass ihm die ungewohnte körperliche Betätigung schadete und bat Otto deshalb um eine kurze Pause, um etwas zu trinken. Bestimmt waren schon einige Leute mit einem Herzinfarkt vom Rad gekippt, da wollte Gerda lieber kein Risiko eingehen und gab ihrem Mann genügend Zeit, um wieder zu Atem zu kommen.
Der hatte sich schnell erholt, doch statt sich für die Verschnaufpause zu bedanken, meinte er nur trocken : „Wenn du dann genug getrunken hast, können wir doch weiter, Gerda. Wir sind schließlich nicht zum Vergnügen unterwegs, sondern haben noch etwas vor.“
„Danke, sehr nett, dass du auf mich gewartet hast“, stichelte Gerda zurück.
Königs näherten sich von der Rückseite dem Haus in der Schubarts traße und radelten gerade an dem verschlossenen Hoftor vorbei, als sie aus dem Garagenhof Flüche und kurze stöhnende Schreie hörten. „Otto, halt mal an! Hast du das auch gehört?“ Das Ehepaar lauschte und beide vernahmen erneut die gequälten Laute. Gerda und Otto sahen sich an, sie mussten keine Worte wechseln
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