Todesgeil
Ich werde nie mehr wiederkommen und du wirst nie mehr derselbe sein.«
Sie ließ seine Kehle los. Zeb würgte und versuchte tief Luft zu holen. Er kam auf die Beine und es gelang ihm, eine Entschuldigung zu krächzen: »Tut mir ... leid.«
Lulus Miene blieb düster. »Nicht so leid, wie es dir tun wird, wenn du mir nicht gehorchst.«
Dann war sie verschwunden. An der Stelle, an der sie gestanden hatte, war nun nichts als Luft. Er dachte über das, was sie gesagt hatte, nach und versuchte sich ein Leben ohne Lulu vorzustellen. Die Aussicht versetzte ihn in Angst und Schrecken.
Das war also das. Die Kleine war tabu für ihn. Und zwar auf Dauer.
Gott! Er hoffte inbrünstig, dass Lulu ihm die Wahrheit über sie gesagt hatte.
Hoffte, dass sie den ganzen Ärger und den Schmerz auch wert war.
Der Irre redete wieder mal mit sich selbst. Na ja, mit Lulu. Was so ziemlich auf dasselbe hinauslief, da Lulu eindeutig seinem durchgeknallten Hirn entsprang. Sie hatte sich schon fast an die merkwürdigen einseitigen Gespräche gewöhnt, doch diesmal gab es eine neue Nuance. Sie hörte nämlich beide Seiten des Austauschs. Den einen Teil in seiner üblichen schroffen Sprechstimme, die für gewöhnlich der einzige Part war, den sie hörte, während Lulus Erwiderungen sonst wohl nur in seinem Kopf existierten. Doch nun vernahm sie auch die andere Seite der Unterhaltung, eine beinahe quäkende Stimme in einer wesentlich höheren Tonlage. Es war Zeb, der da sprach, aber er bemühte sich, Lulus Antworten tatsächlich wie die Äußerungen einer Frau klingen zu lassen. Als Julie das hörte, musste sie einen Lachkrampf unterdrücken. Es war so unglaublich absurd. Doch dann sagte er etwas, was der Situation jede Spur von Komik nahm.
Ich will sie wirklich ficken.
Womit er vergewaltigen meinte. Ficken war etwas, was man mit jemandem tat, der es auch wollte. Sie mochte zwar für einige verrückte Sachen ganz aufgeschlossen sein, aber eines wusste sie mit Sicherheit: Niemals würde sie sich diesem unheimlichen, alten Nekrophilen freiwillig hingeben. Die Art, wie er sie dauernd ansah, jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Diese toten Augen gaben ihr ein Gefühl, als krabbelten Tausende unsichtbarer Käfer über ihren ganzen Körper. Besonders dann, wenn er sie auszog und eine Zeit lang anstarrte, so wie er es getan hatte, bevor er auf die Toilette ging. Man brauchte keine große Fantasie, um sich vorzustellen, was er da drin getrieben hatte, ehe Lulu aufgetaucht war.
Nach ein paar Minuten wurde die Unterhaltung mit Lulu womöglich noch unheimlicher. Es war schwer zu sagen, was genau da drin vorging, aber sie hatte den Eindruck, dass Lulu ihm irgendeine Art körperlicher Strafe angedeihen ließ. Zeb gurgelte und stieß ein paar erstickte Worte hervor, dann wieder sprach er ganz deutlich als Lulu in jener lächerlichen, nachgeahmten Frauenstimme. Irgendwie klang er damit beinahe wie Mickey Maus.
Julie kam nicht dagegen an – allein schon der Gedanke daran ließ sie kichern.
Die Toilettentür flog auf. Zeb wankte ins Zimmer, kam zum Bett und starrte auf sie hinab. Das Knie auf die Bettkante gestützt, beugte er sich über sie und löste ihre Fesseln. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und starrte auf ihre Brüste. »Keine Ahnung, ob ich daran lutschen oder sie lieber fressen soll.«
Julie zwang sich dazu, reglos liegen zu bleiben. Seine körperliche Nähe stieß sie ab, aber sie hatte Angst, dass es ihn nur erregen würde, wenn sie jetzt zurückzuckte. »Lulu sagt, du darfst weder das eine noch das andere tun.«
Er legte die Stirn in Falten und band sie ganz los. »Das ist aber nicht nett zu lauschen, du Schlampe!«
Julie hob ihre Kleider – ein Paar Hotpants und ein rückenfreies Top – vom Boden auf und fing an sich anzuziehen. »Ja, tut mir auch wirklich leid, Zeb. Aber weißt du, das Scheiß-Klo ist keine vier Meter entfernt. Du willst nicht, dass ich dir zuhöre, wenn du mit Lulu redest? Dann mach’s doch draußen.«
Sie zog sich fertig an und schnappte sich die Fernbedienung für den Fernseher, die mit einer Kordel am Nachttischchen befestigt war. Es war schon verdammt komisch. Wer zum Teufel klaute schon eine Fernbedienung?
Zeb runzelte die Stirn. »Was machst du da?«
»Heute Abend läuft Gossip Girl . Mal sehen, ob man in dem Scheiß-Laden hier den Sender kriegt.« Sie drückte den Einschaltknopf, flimmernd erwachte der Fernseher zum Leben, und sie fing an, sich durch die Handvoll Kanäle zu zappen.
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